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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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Aus einem Tagebuche.
Am letzten Abend des 1781sten Jahres.

Noch saust der Wind um meine Wohnung her, aber
in meiner Seele fängt es wieder an, ruhig zu wer-
den, nach den fürchterlichen Stürmen dieses Tages.

Nachdem ich ohne Streben, ohne Zweck, von
einer Begierde zur andern hin und hergeworfen,
beinahe vierzehn Tage durchlebt habe, fühl' ich plötz-
lich meinen Muth wieder gestählt, meine Hofnungen
wieder erweckt, die Krankheit meiner Seele geheilt.

Diese Erfahrung hab' ich nun schon so oft ge-
macht. Müssen denn Stürme die heitern Tage
vorbereiten? Jst es nöthig, daß durch so viele äußre
und innre Demüthigungen, die von Stolz und Ei-
gendünkel angesteckte Atmosphäre der Seele zuweilen
gereinigt wird, damit sie wieder freier athmen kann?

Es ist mir wirklich am Abend dieses Tages,
als ob ich, ich weiß nicht wie, von einer schweren
Krankheit genesen wäre.




Druckfehler.

Seite 17. Zeile I. statt General Dietrichs lies Prinzen Die-
trichs von Anhalt-Dessau.


- 24. - II. sollen die Worte: Vielleicht ein Beleg zu
der Erfahrung, daß der Wahnwitz ansteckt, bloß
als Anmerkung des Herausgebers unten, und nicht mit
im Texte stehn.


Aus einem Tagebuche.
Am letzten Abend des 1781sten Jahres.

Noch saust der Wind um meine Wohnung her, aber
in meiner Seele faͤngt es wieder an, ruhig zu wer-
den, nach den fuͤrchterlichen Stuͤrmen dieses Tages.

Nachdem ich ohne Streben, ohne Zweck, von
einer Begierde zur andern hin und hergeworfen,
beinahe vierzehn Tage durchlebt habe, fuͤhl' ich ploͤtz-
lich meinen Muth wieder gestaͤhlt, meine Hofnungen
wieder erweckt, die Krankheit meiner Seele geheilt.

Diese Erfahrung hab' ich nun schon so oft ge-
macht. Muͤssen denn Stuͤrme die heitern Tage
vorbereiten? Jst es noͤthig, daß durch so viele aͤußre
und innre Demuͤthigungen, die von Stolz und Ei-
genduͤnkel angesteckte Atmosphaͤre der Seele zuweilen
gereinigt wird, damit sie wieder freier athmen kann?

Es ist mir wirklich am Abend dieses Tages,
als ob ich, ich weiß nicht wie, von einer schweren
Krankheit genesen waͤre.




Druckfehler.

Seite 17. Zeile I. statt General Dietrichs lies Prinzen Die-
trichs von Anhalt-Dessau.


‒ 24. ‒ II. sollen die Worte: Vielleicht ein Beleg zu
der Erfahrung, daß der Wahnwitz ansteckt, bloß
als Anmerkung des Herausgebers unten, und nicht mit
im Texte stehn.


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[116/0120] Aus einem Tagebuche. Am letzten Abend des 1781sten Jahres. Noch saust der Wind um meine Wohnung her, aber in meiner Seele faͤngt es wieder an, ruhig zu wer- den, nach den fuͤrchterlichen Stuͤrmen dieses Tages. Nachdem ich ohne Streben, ohne Zweck, von einer Begierde zur andern hin und hergeworfen, beinahe vierzehn Tage durchlebt habe, fuͤhl' ich ploͤtz- lich meinen Muth wieder gestaͤhlt, meine Hofnungen wieder erweckt, die Krankheit meiner Seele geheilt. Diese Erfahrung hab' ich nun schon so oft ge- macht. Muͤssen denn Stuͤrme die heitern Tage vorbereiten? Jst es noͤthig, daß durch so viele aͤußre und innre Demuͤthigungen, die von Stolz und Ei- genduͤnkel angesteckte Atmosphaͤre der Seele zuweilen gereinigt wird, damit sie wieder freier athmen kann? Es ist mir wirklich am Abend dieses Tages, als ob ich, ich weiß nicht wie, von einer schweren Krankheit genesen waͤre. Druckfehler. Seite 17. Zeile I. statt General Dietrichs lies Prinzen Die- trichs von Anhalt-Dessau. ‒ 24. ‒ II. sollen die Worte: Vielleicht ein Beleg zu der Erfahrung, daß der Wahnwitz ansteckt, bloß als Anmerkung des Herausgebers unten, und nicht mit im Texte stehn.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/120>, abgerufen am 23.11.2024.