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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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mit der gleichgültigsten Art von der Welt.
Wohl gar die Ursach oder Beschaffenheit der man-
cherlei Krankheiten und Tode, auch nur wie jeder
andre Mensch, kennen zu lernen, davon war kein-
ner entfernter als ich.

Mein leichtes Blut floß ja so ruhig, so un-
gehemmt in seinen Adern; was sollt' ich mich um
Dinge kümmern, die vielleicht meine Seele durch
ein düsteres Bild, sollt' es auch nur auf wenige
Augenblicke seyn, umwölkt haben würden. War
mir's doch, als würd' ich den Tod, wenn er ja
auch mir Visite machen wollte, durch kraftvolles
Sträuben schon zum Weichen zwingen, und durch
überlegene Stärke dies dürre Knochengeripp' über-
meistern können.

Aber in den folgenden Jahren, wo ernsteres
Nachdenken über mich selbst und das, was mir als
Menschen wiederfahren konnte, an die Stelle des
jugendlichen Leichtsinns zu treten anfing, hab' ich
diesen Leichtsinn empfindlich genug gebüßt.

Jch hatte mir unter andern nie eine deutliche
Vorstellung davon zu machen gesucht, was das
heisse, vom Schlage gerührt zu werden. Ein
plötzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir
dachte; der Schall des Worts schien das so mit
sich zu bringen. Wie plötzlich dies Ende sei, ob

etwa

mit der gleichguͤltigsten Art von der Welt.
Wohl gar die Ursach oder Beschaffenheit der man-
cherlei Krankheiten und Tode, auch nur wie jeder
andre Mensch, kennen zu lernen, davon war kein-
ner entfernter als ich.

Mein leichtes Blut floß ja so ruhig, so un-
gehemmt in seinen Adern; was sollt' ich mich um
Dinge kuͤmmern, die vielleicht meine Seele durch
ein duͤsteres Bild, sollt' es auch nur auf wenige
Augenblicke seyn, umwoͤlkt haben wuͤrden. War
mir's doch, als wuͤrd' ich den Tod, wenn er ja
auch mir Visite machen wollte, durch kraftvolles
Straͤuben schon zum Weichen zwingen, und durch
uͤberlegene Staͤrke dies duͤrre Knochengeripp' uͤber-
meistern koͤnnen.

Aber in den folgenden Jahren, wo ernsteres
Nachdenken uͤber mich selbst und das, was mir als
Menschen wiederfahren konnte, an die Stelle des
jugendlichen Leichtsinns zu treten anfing, hab' ich
diesen Leichtsinn empfindlich genug gebuͤßt.

Jch hatte mir unter andern nie eine deutliche
Vorstellung davon zu machen gesucht, was das
heisse, vom Schlage geruͤhrt zu werden. Ein
ploͤtzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir
dachte; der Schall des Worts schien das so mit
sich zu bringen. Wie ploͤtzlich dies Ende sei, ob

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[86/0090] mit der gleichguͤltigsten Art von der Welt. Wohl gar die Ursach oder Beschaffenheit der man- cherlei Krankheiten und Tode, auch nur wie jeder andre Mensch, kennen zu lernen, davon war kein- ner entfernter als ich. Mein leichtes Blut floß ja so ruhig, so un- gehemmt in seinen Adern; was sollt' ich mich um Dinge kuͤmmern, die vielleicht meine Seele durch ein duͤsteres Bild, sollt' es auch nur auf wenige Augenblicke seyn, umwoͤlkt haben wuͤrden. War mir's doch, als wuͤrd' ich den Tod, wenn er ja auch mir Visite machen wollte, durch kraftvolles Straͤuben schon zum Weichen zwingen, und durch uͤberlegene Staͤrke dies duͤrre Knochengeripp' uͤber- meistern koͤnnen. Aber in den folgenden Jahren, wo ernsteres Nachdenken uͤber mich selbst und das, was mir als Menschen wiederfahren konnte, an die Stelle des jugendlichen Leichtsinns zu treten anfing, hab' ich diesen Leichtsinn empfindlich genug gebuͤßt. Jch hatte mir unter andern nie eine deutliche Vorstellung davon zu machen gesucht, was das heisse, vom Schlage geruͤhrt zu werden. Ein ploͤtzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir dachte; der Schall des Worts schien das so mit sich zu bringen. Wie ploͤtzlich dies Ende sei, ob etwa

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/90>, abgerufen am 24.11.2024.