Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.II. Ein Kindermörder aus Lebensüberdruß. Jm Jahr 1757 arbeitete ein Raschmacher-Geselle, Nahmens L.. bei einem Raschmacher in Berlin. Er war in die Funfzig, hatte vorher als Kavallerist in der Armee gedient, und wegen eines Bruchs, der ihm nur bei heftiger Bewegung austrat, seinen ehrenvollen Abschied erhalten. Dieser Bruch unterdes mußte doch einige andere Zerrüttungen in seinem Körper verursacht haben, denn der Mensch hatte oft solche Aufwallungen von Hitze, die ihm unbeschreibliche Angst verursachten, so, daß er sich oft in der Nacht im Bette herumwälzte, weinte, und sein Unglück durchs Gebet zu vertreiben suchte. Uebrigens führte er ein ordentliches Leben, war weder ein Säufer noch Schläger, und entschuldigte sich auf Vorhaltung seines heftigen Fluchens bei gewissen Gelegenheiten, daß er es nicht böse meine, und sich solches nur so bei den Soldaten angewöhnet habe. Er hatte bereits in Berlin bei zwei Meistern gearbeitet, die nicht die geringste Klage wieder ihn führten. Von dem einen war er bloß aus der Absicht weggegangen, weil derselbe Kinder hatte, die oft schrieen, welches der Geselle nicht gut vertragen konnte. Als er einst darüber ärgerlich ward und fluchte, und ihm der Meister solches verwieß, sagte er ebenfalls, daß es ja nichts zu bedeuten hätte, wenn es unterdes der Meister übel nehme, so wolle II. Ein Kindermoͤrder aus Lebensuͤberdruß. Jm Jahr 1757 arbeitete ein Raschmacher-Geselle, Nahmens L.. bei einem Raschmacher in Berlin. Er war in die Funfzig, hatte vorher als Kavallerist in der Armee gedient, und wegen eines Bruchs, der ihm nur bei heftiger Bewegung austrat, seinen ehrenvollen Abschied erhalten. Dieser Bruch unterdes mußte doch einige andere Zerruͤttungen in seinem Koͤrper verursacht haben, denn der Mensch hatte oft solche Aufwallungen von Hitze, die ihm unbeschreibliche Angst verursachten, so, daß er sich oft in der Nacht im Bette herumwaͤlzte, weinte, und sein Ungluͤck durchs Gebet zu vertreiben suchte. Uebrigens fuͤhrte er ein ordentliches Leben, war weder ein Saͤufer noch Schlaͤger, und entschuldigte sich auf Vorhaltung seines heftigen Fluchens bei gewissen Gelegenheiten, daß er es nicht boͤse meine, und sich solches nur so bei den Soldaten angewoͤhnet habe. Er hatte bereits in Berlin bei zwei Meistern gearbeitet, die nicht die geringste Klage wieder ihn fuͤhrten. Von dem einen war er bloß aus der Absicht weggegangen, weil derselbe Kinder hatte, die oft schrieen, welches der Geselle nicht gut vertragen konnte. Als er einst daruͤber aͤrgerlich ward und fluchte, und ihm der Meister solches verwieß, sagte er ebenfalls, daß es ja nichts zu bedeuten haͤtte, wenn es unterdes der Meister uͤbel nehme, so wolle <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" n="13"/><lb/><lb/> </div> <div n="2"> <head><hi rendition="#aq">II</hi>.<lb/> Ein Kindermoͤrder aus Lebensuͤberdruß.</head><lb/> <note type="editorial"> <bibl> <persName ref="#ref165"><note type="editorial"/>Anonym</persName> </bibl> </note> <p>Jm Jahr 1757 arbeitete ein Raschmacher-Geselle, Nahmens L.. bei einem Raschmacher in Berlin. Er war in die Funfzig, hatte vorher als Kavallerist in der Armee gedient, und wegen eines Bruchs, der ihm nur bei heftiger Bewegung austrat, seinen ehrenvollen Abschied erhalten. Dieser Bruch unterdes mußte doch einige andere Zerruͤttungen in seinem Koͤrper verursacht haben, denn der Mensch hatte oft solche Aufwallungen von Hitze, die ihm unbeschreibliche Angst verursachten, so, daß er sich oft in der Nacht im Bette herumwaͤlzte, weinte, und sein Ungluͤck durchs Gebet zu vertreiben suchte. Uebrigens fuͤhrte er ein ordentliches Leben, war weder ein Saͤufer noch Schlaͤger, und entschuldigte sich auf Vorhaltung seines heftigen Fluchens bei gewissen Gelegenheiten, daß er es nicht boͤse meine, und sich solches nur so bei den Soldaten angewoͤhnet habe. Er hatte bereits in Berlin bei zwei Meistern gearbeitet, die nicht die geringste Klage wieder ihn fuͤhrten. Von dem einen war er bloß aus der Absicht weggegangen, weil derselbe Kinder hatte, die oft schrieen, welches der Geselle nicht gut vertragen konnte. Als er einst daruͤber aͤrgerlich ward und fluchte, und ihm der Meister solches verwieß, sagte er ebenfalls, daß es ja nichts zu bedeuten haͤtte, wenn es unterdes der Meister uͤbel nehme, so wolle<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0015]
II.
Ein Kindermoͤrder aus Lebensuͤberdruß.
Jm Jahr 1757 arbeitete ein Raschmacher-Geselle, Nahmens L.. bei einem Raschmacher in Berlin. Er war in die Funfzig, hatte vorher als Kavallerist in der Armee gedient, und wegen eines Bruchs, der ihm nur bei heftiger Bewegung austrat, seinen ehrenvollen Abschied erhalten. Dieser Bruch unterdes mußte doch einige andere Zerruͤttungen in seinem Koͤrper verursacht haben, denn der Mensch hatte oft solche Aufwallungen von Hitze, die ihm unbeschreibliche Angst verursachten, so, daß er sich oft in der Nacht im Bette herumwaͤlzte, weinte, und sein Ungluͤck durchs Gebet zu vertreiben suchte. Uebrigens fuͤhrte er ein ordentliches Leben, war weder ein Saͤufer noch Schlaͤger, und entschuldigte sich auf Vorhaltung seines heftigen Fluchens bei gewissen Gelegenheiten, daß er es nicht boͤse meine, und sich solches nur so bei den Soldaten angewoͤhnet habe. Er hatte bereits in Berlin bei zwei Meistern gearbeitet, die nicht die geringste Klage wieder ihn fuͤhrten. Von dem einen war er bloß aus der Absicht weggegangen, weil derselbe Kinder hatte, die oft schrieen, welches der Geselle nicht gut vertragen konnte. Als er einst daruͤber aͤrgerlich ward und fluchte, und ihm der Meister solches verwieß, sagte er ebenfalls, daß es ja nichts zu bedeuten haͤtte, wenn es unterdes der Meister uͤbel nehme, so wolle
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