Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.
Am 19ten Januar 1782. Dieser Mann erhielt einige Tage nach seinem Aufenthalte bei mir gegen Sie, mein Theurer, schriftlich, und gegen Herrn C. mündlich das vortheilhafteste Zeugniß, das man einem solchen Manne nur geben kann, und er verdiente es damals. -- Jn der Folge sah ich, sah meine Frau manches, was uns nicht so allerdings gefiel; was uns wohl schon etwas hätte verrathen können, was doch aber noch nicht von der Beschaffenheit war, daß ich darüber hätte mit ihm Rücksprache nehmen müssen. Dieß Etwas betraf nicht seinen Fleiß im Unterrichte, auch nicht seine Lehrart, ob ich gleich mit der auch nicht allerdings zufrieden war, und deshalb öfter mit ihm sprach; auch nicht seine Aufsicht über die Kinder, denn diese war eben so genau, als sein Fleiß im Unterrichte treu war; sondern ein gewisses unanständiges Verhalten gegen die Kinder, selbst in unsrer Gegenwart. Z.B. er machte, wenn die Kinder, besonders der kleine M. über Tische eine oder die andre, freilich oft kindische Frage that, worüber er belehrt sein wollte, beiden und besonders dem letztern wahre todtschlägerische Mienen. Er nahm es sich nicht übel, ihm in unsrer Gegenwart zu sagen: schmatzen Sie nicht so, wie ein Schwein! Wenn das Kind ihm nach
Am 19ten Januar 1782. Dieser Mann erhielt einige Tage nach seinem Aufenthalte bei mir gegen Sie, mein Theurer, schriftlich, und gegen Herrn C. muͤndlich das vortheilhafteste Zeugniß, das man einem solchen Manne nur geben kann, und er verdiente es damals. ― Jn der Folge sah ich, sah meine Frau manches, was uns nicht so allerdings gefiel; was uns wohl schon etwas haͤtte verrathen koͤnnen, was doch aber noch nicht von der Beschaffenheit war, daß ich daruͤber haͤtte mit ihm Ruͤcksprache nehmen muͤssen. Dieß Etwas betraf nicht seinen Fleiß im Unterrichte, auch nicht seine Lehrart, ob ich gleich mit der auch nicht allerdings zufrieden war, und deshalb oͤfter mit ihm sprach; auch nicht seine Aufsicht uͤber die Kinder, denn diese war eben so genau, als sein Fleiß im Unterrichte treu war; sondern ein gewisses unanstaͤndiges Verhalten gegen die Kinder, selbst in unsrer Gegenwart. Z.B. er machte, wenn die Kinder, besonders der kleine M. uͤber Tische eine oder die andre, freilich oft kindische Frage that, woruͤber er belehrt sein wollte, beiden und besonders dem letztern wahre todtschlaͤgerische Mienen. Er nahm es sich nicht uͤbel, ihm in unsrer Gegenwart zu sagen: schmatzen Sie nicht so, wie ein Schwein! Wenn das Kind ihm nach <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0023" n="21"/><lb/> uͤberdies uͤberall den Gewissenhaften, den Einsichtsvollen reden hoͤren, der freilich bei der ganzen Erzaͤhlung am staͤrksten interessirt war.</p> <p rendition="#right">Am 19ten Januar 1782.</p> <p>Dieser Mann erhielt einige Tage nach seinem Aufenthalte bei mir gegen Sie, mein Theurer, schriftlich, und gegen Herrn C. muͤndlich das <choice><corr>vortheilhafteste</corr><sic>vortheilhafte</sic></choice> Zeugniß, das man einem solchen Manne nur geben kann, und er verdiente es damals. ― Jn der Folge sah ich, sah meine Frau manches, was uns nicht so allerdings gefiel; was uns wohl schon etwas haͤtte verrathen koͤnnen, was doch aber noch nicht von der Beschaffenheit war, daß ich daruͤber haͤtte mit ihm Ruͤcksprache nehmen muͤssen. Dieß Etwas betraf nicht seinen Fleiß im Unterrichte, auch nicht seine Lehrart, ob ich gleich mit der auch nicht allerdings zufrieden war, und deshalb oͤfter mit ihm sprach; auch nicht seine Aufsicht uͤber die Kinder, denn diese war eben so genau, als sein Fleiß im Unterrichte treu war; sondern ein gewisses unanstaͤndiges Verhalten gegen die Kinder, selbst in unsrer Gegenwart. Z.B. er machte, wenn die Kinder, besonders der kleine M. uͤber Tische eine oder die andre, freilich oft kindische Frage that, woruͤber er belehrt sein wollte, beiden und besonders dem letztern wahre todtschlaͤgerische Mienen. Er nahm es sich nicht uͤbel, ihm in unsrer Gegenwart zu sagen: schmatzen Sie nicht so, wie ein Schwein! Wenn das Kind ihm nach<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0023]
uͤberdies uͤberall den Gewissenhaften, den Einsichtsvollen reden hoͤren, der freilich bei der ganzen Erzaͤhlung am staͤrksten interessirt war.
Am 19ten Januar 1782.
Dieser Mann erhielt einige Tage nach seinem Aufenthalte bei mir gegen Sie, mein Theurer, schriftlich, und gegen Herrn C. muͤndlich das vortheilhafteste Zeugniß, das man einem solchen Manne nur geben kann, und er verdiente es damals. ― Jn der Folge sah ich, sah meine Frau manches, was uns nicht so allerdings gefiel; was uns wohl schon etwas haͤtte verrathen koͤnnen, was doch aber noch nicht von der Beschaffenheit war, daß ich daruͤber haͤtte mit ihm Ruͤcksprache nehmen muͤssen. Dieß Etwas betraf nicht seinen Fleiß im Unterrichte, auch nicht seine Lehrart, ob ich gleich mit der auch nicht allerdings zufrieden war, und deshalb oͤfter mit ihm sprach; auch nicht seine Aufsicht uͤber die Kinder, denn diese war eben so genau, als sein Fleiß im Unterrichte treu war; sondern ein gewisses unanstaͤndiges Verhalten gegen die Kinder, selbst in unsrer Gegenwart. Z.B. er machte, wenn die Kinder, besonders der kleine M. uͤber Tische eine oder die andre, freilich oft kindische Frage that, woruͤber er belehrt sein wollte, beiden und besonders dem letztern wahre todtschlaͤgerische Mienen. Er nahm es sich nicht uͤbel, ihm in unsrer Gegenwart zu sagen: schmatzen Sie nicht so, wie ein Schwein! Wenn das Kind ihm nach
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