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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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gern am Bette zupft, dabei er immer viel spricht.

Als den Nachmittag die Gesellen seines Vaters Feierabend machen, nimmt er von einem jeden Abschied und ermahnet sie zu allem Guten; Er nöthigt auch seinen Vater, zehen Träger, die ihn zu Grabe tragen sollen, aufzuschreiben, die er ihm alle benennt. Endlich des Abends um zehn Uhr geräth er in eine völlige Wuth: Er schreiet heftig, redet von lauter fürchterlichen Dingen, macht fürchterliche Geberden und kann kaum von vielen Personen gebändigt werden.

Nachdem diese Scene mit einigen Remissionen, da er nemlich nicht so sehr wüthend gewesen, etwa drei Stunden oder drüber fortgedauert, wird er endlich des Nachts um ein Uhr dem Anschein nach ruhig, seine Helfer entfernen sich, um auszuruhen, als man aber wieder nach ihm siehet, ist er ohnbemerkt verschieden: daß er also desselben Tages gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hatte.

Nach seinem Tode hat man in einen Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, daß ihm geträumet: er werde nach drei Jahren an eben dem Tage und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben wäre.



gern am Bette zupft, dabei er immer viel spricht.

Als den Nachmittag die Gesellen seines Vaters Feierabend machen, nimmt er von einem jeden Abschied und ermahnet sie zu allem Guten; Er noͤthigt auch seinen Vater, zehen Traͤger, die ihn zu Grabe tragen sollen, aufzuschreiben, die er ihm alle benennt. Endlich des Abends um zehn Uhr geraͤth er in eine voͤllige Wuth: Er schreiet heftig, redet von lauter fuͤrchterlichen Dingen, macht fuͤrchterliche Geberden und kann kaum von vielen Personen gebaͤndigt werden.

Nachdem diese Scene mit einigen Remissionen, da er nemlich nicht so sehr wuͤthend gewesen, etwa drei Stunden oder druͤber fortgedauert, wird er endlich des Nachts um ein Uhr dem Anschein nach ruhig, seine Helfer entfernen sich, um auszuruhen, als man aber wieder nach ihm siehet, ist er ohnbemerkt verschieden: daß er also desselben Tages gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hatte.

Nach seinem Tode hat man in einen Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, daß ihm getraͤumet: er werde nach drei Jahren an eben dem Tage und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben waͤre.


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[75/0077] gern am Bette zupft, dabei er immer viel spricht. Als den Nachmittag die Gesellen seines Vaters Feierabend machen, nimmt er von einem jeden Abschied und ermahnet sie zu allem Guten; Er noͤthigt auch seinen Vater, zehen Traͤger, die ihn zu Grabe tragen sollen, aufzuschreiben, die er ihm alle benennt. Endlich des Abends um zehn Uhr geraͤth er in eine voͤllige Wuth: Er schreiet heftig, redet von lauter fuͤrchterlichen Dingen, macht fuͤrchterliche Geberden und kann kaum von vielen Personen gebaͤndigt werden. Nachdem diese Scene mit einigen Remissionen, da er nemlich nicht so sehr wuͤthend gewesen, etwa drei Stunden oder druͤber fortgedauert, wird er endlich des Nachts um ein Uhr dem Anschein nach ruhig, seine Helfer entfernen sich, um auszuruhen, als man aber wieder nach ihm siehet, ist er ohnbemerkt verschieden: daß er also desselben Tages gestorben, an welchem sein Bruder sieben Jahr vorher sein Leben geendigt hatte. Nach seinem Tode hat man in einen Kleiderschrank von ihm eingeschrieben gefunden, daß ihm getraͤumet: er werde nach drei Jahren an eben dem Tage und um die Zeit sterben, da sein Bruder gestorben waͤre.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/77>, abgerufen am 19.05.2024.