Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


aufgegriffen, in ein fremdes Kloster gebracht, gestraft, und mußte ein ganzes Jahr in einem Loche unter der Erde zubringen, nachher wieder eingekleidet, und blieb drei Jahr Nonne.

Sie mochte freilich oft den Wunsch gehabt haben, wegzugehen, aber sie sahe keine Gelegenheit. Eine Nacht soll sie ins Chor läuten; es entstehet eine ungewöhnliche Neigung zu entfliehen, sie betet, die Neigung wird stärker, bis zum Entschluß, gehet mit vielen Gefahren, ohne zu wissen wohin, weg, läuft fünf Meilen, kömmt in ein Dorf in der Grafschaft Wernigerode, findet im Wirthshause ihren Mann, der auch als Reisender da herberget, sie gehn darauf nach Halberstadt, wo sie beide in dem bekannten Dorfe Ströbke bis 1754 gelebt haben. -- Wahr sind die Geschichten.

Breslau, den 24sten März 1784.

Zimmermann,
Königl. Kammer-Calculator.



III. Beschluß von Simmens Geschichte. (S. 2ten B. 1stes St. S. 38.)

Ruhig also, ja vergnügt über seine Grausamkeiten, verließ der Mörder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knit-


aufgegriffen, in ein fremdes Kloster gebracht, gestraft, und mußte ein ganzes Jahr in einem Loche unter der Erde zubringen, nachher wieder eingekleidet, und blieb drei Jahr Nonne.

Sie mochte freilich oft den Wunsch gehabt haben, wegzugehen, aber sie sahe keine Gelegenheit. Eine Nacht soll sie ins Chor laͤuten; es entstehet eine ungewoͤhnliche Neigung zu entfliehen, sie betet, die Neigung wird staͤrker, bis zum Entschluß, gehet mit vielen Gefahren, ohne zu wissen wohin, weg, laͤuft fuͤnf Meilen, koͤmmt in ein Dorf in der Grafschaft Wernigerode, findet im Wirthshause ihren Mann, der auch als Reisender da herberget, sie gehn darauf nach Halberstadt, wo sie beide in dem bekannten Dorfe Stroͤbke bis 1754 gelebt haben. ― Wahr sind die Geschichten.

Breslau, den 24sten Maͤrz 1784.

Zimmermann,
Koͤnigl. Kammer-Calculator.



III. Beschluß von Simmens Geschichte. (S. 2ten B. 1stes St. S. 38.)

Ruhig also, ja vergnuͤgt uͤber seine Grausamkeiten, verließ der Moͤrder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knit-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="101"/><lb/>
aufgegriffen, in ein fremdes Kloster                         gebracht, gestraft, und mußte ein ganzes Jahr in einem Loche unter der Erde                         zubringen, nachher wieder eingekleidet, und blieb drei Jahr Nonne.</p>
            <p>Sie mochte freilich oft den Wunsch gehabt haben, wegzugehen, aber sie sahe                         keine Gelegenheit. Eine Nacht soll sie ins Chor la&#x0364;uten; es entstehet eine                         ungewo&#x0364;hnliche Neigung zu entfliehen, sie betet, die Neigung wird sta&#x0364;rker,                         bis zum Entschluß, gehet mit vielen Gefahren, ohne zu wissen wohin, weg,                         la&#x0364;uft fu&#x0364;nf Meilen, ko&#x0364;mmt in ein Dorf in der Grafschaft Wernigerode, findet                         im Wirthshause ihren Mann, der auch als Reisender da herberget, sie gehn                         darauf nach Halberstadt, wo sie beide in dem bekannten Dorfe Stro&#x0364;bke bis                         1754 gelebt haben. &#x2015; Wahr sind die Geschichten.</p>
            <p>Breslau, den 24sten Ma&#x0364;rz 1784.</p>
            <p rendition="#right"><hi rendition="#b"><persName ref="#ref0158"><note type="editorial">Zimmermann, Friedrich Albert</note>Zimmermann,</persName></hi><lb/>
Ko&#x0364;nigl. Kammer-Calculator.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">III</hi>. Beschluß von Simmens Geschichte.                     <note type="editorial"><bibl><persName ref="#ref1"><note type="editorial"/>Moritz, Karl Philipp</persName></bibl></note>                     (S. 2ten B. 1stes St. S. 38.)</head><lb/>
            <p>Ruhig also, ja vergnu&#x0364;gt u&#x0364;ber seine Grausamkeiten, verließ der                         Mo&#x0364;rder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte,                         wusch Knit-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0101] aufgegriffen, in ein fremdes Kloster gebracht, gestraft, und mußte ein ganzes Jahr in einem Loche unter der Erde zubringen, nachher wieder eingekleidet, und blieb drei Jahr Nonne. Sie mochte freilich oft den Wunsch gehabt haben, wegzugehen, aber sie sahe keine Gelegenheit. Eine Nacht soll sie ins Chor laͤuten; es entstehet eine ungewoͤhnliche Neigung zu entfliehen, sie betet, die Neigung wird staͤrker, bis zum Entschluß, gehet mit vielen Gefahren, ohne zu wissen wohin, weg, laͤuft fuͤnf Meilen, koͤmmt in ein Dorf in der Grafschaft Wernigerode, findet im Wirthshause ihren Mann, der auch als Reisender da herberget, sie gehn darauf nach Halberstadt, wo sie beide in dem bekannten Dorfe Stroͤbke bis 1754 gelebt haben. ― Wahr sind die Geschichten. Breslau, den 24sten Maͤrz 1784. Zimmermann, Koͤnigl. Kammer-Calculator. III. Beschluß von Simmens Geschichte. (S. 2ten B. 1stes St. S. 38.) Ruhig also, ja vergnuͤgt uͤber seine Grausamkeiten, verließ der Moͤrder das Haus, in welchem er sich so vielfach mit Blute befleckt hatte, wusch Knit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/101
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/101>, abgerufen am 18.12.2024.