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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

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IV. Sprache in psychologischer Rücksicht. (Fortsetzung von p. 126. des 2 ten B. 1 tes St.)

Wollen wir uns nun das völlig Vergangne nicht einzeln und gleichsam abgeschnitten, sondern im Zusammenhange mit etwas darauf folgendem denken, das auch schon vergangen ist, so müssen wir sogar die Mittelbegriffe von seyn und haben in die Vergangenheit zurückschieben, und sagen, ich hatte geliebt, und ich war gegangen.

Auf die Art machen wir die dunkelste Perspecktive in unsrer Seele, indem wir die völlige Vergangenheit selbst noch hinter eine andere Vergangenheit zurückschieben. Die Zukunft können wir uns ebenfalls nicht unmittelbar Denken, sondern müssen sie uns erst mittelbar durch den Begriff des Werdens oder allmäligen Entstehens, vorstellen, indem wir z.B. sagen, ich werde rufen, ich werde gehen.

Das Werden oder Entstehen dieser Handlungen, indem sich meine Gedanken jetzt dazu entschließen, denke ich mir als wirklich und gegenwärtig, die Handlungen selbst aber kann ich mir unmöglich als wirklich denken, daher drücke ich ihnen auch nicht das Gepräge der Wirklichkeit auf, und sage nicht, du wirst rufest, sondern, du wirst rufen, u.s.w.



IV. Sprache in psychologischer Ruͤcksicht. (Fortsetzung von p. 126. des 2 ten B. 1 tes St.)

Wollen wir uns nun das voͤllig Vergangne nicht einzeln und gleichsam abgeschnitten, sondern im Zusammenhange mit etwas darauf folgendem denken, das auch schon vergangen ist, so muͤssen wir sogar die Mittelbegriffe von seyn und haben in die Vergangenheit zuruͤckschieben, und sagen, ich hatte geliebt, und ich war gegangen.

Auf die Art machen wir die dunkelste Perspecktive in unsrer Seele, indem wir die voͤllige Vergangenheit selbst noch hinter eine andere Vergangenheit zuruͤckschieben. Die Zukunft koͤnnen wir uns ebenfalls nicht unmittelbar Denken, sondern muͤssen sie uns erst mittelbar durch den Begriff des Werdens oder allmaͤligen Entstehens, vorstellen, indem wir z.B. sagen, ich werde rufen, ich werde gehen.

Das Werden oder Entstehen dieser Handlungen, indem sich meine Gedanken jetzt dazu entschließen, denke ich mir als wirklich und gegenwaͤrtig, die Handlungen selbst aber kann ich mir unmoͤglich als wirklich denken, daher druͤcke ich ihnen auch nicht das Gepraͤge der Wirklichkeit auf, und sage nicht, du wirst rufest, sondern, du wirst rufen, u.s.w.


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[111/0111] IV. Sprache in psychologischer Ruͤcksicht. (Fortsetzung von p. 126. des 2 ten B. 1 tes St.) Wollen wir uns nun das voͤllig Vergangne nicht einzeln und gleichsam abgeschnitten, sondern im Zusammenhange mit etwas darauf folgendem denken, das auch schon vergangen ist, so muͤssen wir sogar die Mittelbegriffe von seyn und haben in die Vergangenheit zuruͤckschieben, und sagen, ich hatte geliebt, und ich war gegangen. Auf die Art machen wir die dunkelste Perspecktive in unsrer Seele, indem wir die voͤllige Vergangenheit selbst noch hinter eine andere Vergangenheit zuruͤckschieben. Die Zukunft koͤnnen wir uns ebenfalls nicht unmittelbar Denken, sondern muͤssen sie uns erst mittelbar durch den Begriff des Werdens oder allmaͤligen Entstehens, vorstellen, indem wir z.B. sagen, ich werde rufen, ich werde gehen. Das Werden oder Entstehen dieser Handlungen, indem sich meine Gedanken jetzt dazu entschließen, denke ich mir als wirklich und gegenwaͤrtig, die Handlungen selbst aber kann ich mir unmoͤglich als wirklich denken, daher druͤcke ich ihnen auch nicht das Gepraͤge der Wirklichkeit auf, und sage nicht, du wirst rufest, sondern, du wirst rufen, u.s.w.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/111>, abgerufen am 24.11.2024.