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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784.

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fühlung des Beschriebenen und nicht Beschriebenen entdeckt hatte, legte er es vor sich hin, als ob er vom Blatt wegspielen sollte; probierte aber noch eine Zeitlang die Töne herum, bis er den rechten ersten Accord hatte; (so daß ich glaubte, es würde aus dem Spiele nichts werden) sobald er aber den ersten Griff hatte, spielte er das ganze Stück ohne den mindesten Verstoß mit seiner sonstigen großen Geschicklichkeit weg.

Er hatte diesen Marsch sonst oft gespielt, und kurz vorher meinen ältesten Sohn ihn spielen gelehrt. Darauf nahm er Bachs Sonaten, legte das Buch wieder nach Anweisung des Gefühls zu rechte, und spielte ohne allen Anstoß die zweite Sonate, mit außerordentlichem Nachdruck der empfindungsvollern Stellen.

Er hatte aber dabei eine verstimmte Saite bemerkt, schickte sich also an, sie zurecht zu bringen, und wurde gleich aufs beste damit fertig.

Unterdessen hatte ein Anwesender, um ihn zu versuchen, das Notenbuch verkehrt hingelegt, mir es aber leise ins Ohr gesagt. Dieß mußte er gehört haben. Denn als er wieder zu spielen anfangen wollte, kehrte er sogleich das Buch um, ohne es vorher zu befühlen.

Darauf sagte ich, ob er zufrieden wäre, wenn ich ein wenig auf dem Claviere spielte, er bezeugte dabei und während des Spielens seinen Beifall. Jch fragte ihn: sehen Sie mich denn, lieber Freund?


fuͤhlung des Beschriebenen und nicht Beschriebenen entdeckt hatte, legte er es vor sich hin, als ob er vom Blatt wegspielen sollte; probierte aber noch eine Zeitlang die Toͤne herum, bis er den rechten ersten Accord hatte; (so daß ich glaubte, es wuͤrde aus dem Spiele nichts werden) sobald er aber den ersten Griff hatte, spielte er das ganze Stuͤck ohne den mindesten Verstoß mit seiner sonstigen großen Geschicklichkeit weg.

Er hatte diesen Marsch sonst oft gespielt, und kurz vorher meinen aͤltesten Sohn ihn spielen gelehrt. Darauf nahm er Bachs Sonaten, legte das Buch wieder nach Anweisung des Gefuͤhls zu rechte, und spielte ohne allen Anstoß die zweite Sonate, mit außerordentlichem Nachdruck der empfindungsvollern Stellen.

Er hatte aber dabei eine verstimmte Saite bemerkt, schickte sich also an, sie zurecht zu bringen, und wurde gleich aufs beste damit fertig.

Unterdessen hatte ein Anwesender, um ihn zu versuchen, das Notenbuch verkehrt hingelegt, mir es aber leise ins Ohr gesagt. Dieß mußte er gehoͤrt haben. Denn als er wieder zu spielen anfangen wollte, kehrte er sogleich das Buch um, ohne es vorher zu befuͤhlen.

Darauf sagte ich, ob er zufrieden waͤre, wenn ich ein wenig auf dem Claviere spielte, er bezeugte dabei und waͤhrend des Spielens seinen Beifall. Jch fragte ihn: sehen Sie mich denn, lieber Freund?

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[85/0085] fuͤhlung des Beschriebenen und nicht Beschriebenen entdeckt hatte, legte er es vor sich hin, als ob er vom Blatt wegspielen sollte; probierte aber noch eine Zeitlang die Toͤne herum, bis er den rechten ersten Accord hatte; (so daß ich glaubte, es wuͤrde aus dem Spiele nichts werden) sobald er aber den ersten Griff hatte, spielte er das ganze Stuͤck ohne den mindesten Verstoß mit seiner sonstigen großen Geschicklichkeit weg. Er hatte diesen Marsch sonst oft gespielt, und kurz vorher meinen aͤltesten Sohn ihn spielen gelehrt. Darauf nahm er Bachs Sonaten, legte das Buch wieder nach Anweisung des Gefuͤhls zu rechte, und spielte ohne allen Anstoß die zweite Sonate, mit außerordentlichem Nachdruck der empfindungsvollern Stellen. Er hatte aber dabei eine verstimmte Saite bemerkt, schickte sich also an, sie zurecht zu bringen, und wurde gleich aufs beste damit fertig. Unterdessen hatte ein Anwesender, um ihn zu versuchen, das Notenbuch verkehrt hingelegt, mir es aber leise ins Ohr gesagt. Dieß mußte er gehoͤrt haben. Denn als er wieder zu spielen anfangen wollte, kehrte er sogleich das Buch um, ohne es vorher zu befuͤhlen. Darauf sagte ich, ob er zufrieden waͤre, wenn ich ein wenig auf dem Claviere spielte, er bezeugte dabei und waͤhrend des Spielens seinen Beifall. Jch fragte ihn: sehen Sie mich denn, lieber Freund?

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 2. Berlin, 1784, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0202_1784/85>, abgerufen am 21.11.2024.