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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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sparsam, mäßig und arbeitsam, auf ihn hatte also die fehlerhafte Erziehung nicht die schlimme Wirkung gehabt, als auf mich -- und doch war sie dieselbe; derselbe Umgang. -- Kommt nicht erstaunend viel darauf an, aus welchem Zeuge der Mensch gebildet ist? Und wird dies angebohren? Wahrscheinlich! also ist mir ja auch nicht so viel zuzurechnen: denn das ich just so ein Temperament, solch Blut erhielt; hab' ich dazu durch meine freien Handlungen etwas beigetragen? Diese Gedanken hatten sich in einigen Jahren ziemlich bei mir festgesetzt, und wurden die Quelle, woraus ich Entschuldigung für manchen Fehltritt -- und Nahrung für meinen Leichtsinn schöpfte. --

Jch beschloß mich nun zu etwas zu entschließen, da es nirgends mehr mit mir fort wollte. Ein Handwerk zu lernen -- ich ging sie alle nach der Reihe durch -- zu keinem hatte ich innern Trieb. Jch habe mir diesen Widerwillen gegen alles, was dem Menschen mechanisch wird -- immer nicht recht zu erklären gewußt. War mir die Beschäftigung zu einfach? Das ewige Einerlei der mehresten Handwerker zu ermüdend? Oder war es Stolz; oder vielmehr ein unbekannter vielleicht noch unentwickelter Trieb zu höhern Beschäftigungen des Geistes? Wahrscheinlich ist mir das letzte in der Zukunft geworden -- ob ich gleich es nicht gewiß behaupten kann. Jndessen legten es meine Anverwandte für wirklichen Stolz aus. Diesem wahren und auch nicht


sparsam, maͤßig und arbeitsam, auf ihn hatte also die fehlerhafte Erziehung nicht die schlimme Wirkung gehabt, als auf mich ― und doch war sie dieselbe; derselbe Umgang. ― Kommt nicht erstaunend viel darauf an, aus welchem Zeuge der Mensch gebildet ist? Und wird dies angebohren? Wahrscheinlich! also ist mir ja auch nicht so viel zuzurechnen: denn das ich just so ein Temperament, solch Blut erhielt; hab' ich dazu durch meine freien Handlungen etwas beigetragen? Diese Gedanken hatten sich in einigen Jahren ziemlich bei mir festgesetzt, und wurden die Quelle, woraus ich Entschuldigung fuͤr manchen Fehltritt ― und Nahrung fuͤr meinen Leichtsinn schoͤpfte. ―

Jch beschloß mich nun zu etwas zu entschließen, da es nirgends mehr mit mir fort wollte. Ein Handwerk zu lernen ― ich ging sie alle nach der Reihe durch ― zu keinem hatte ich innern Trieb. Jch habe mir diesen Widerwillen gegen alles, was dem Menschen mechanisch wird ― immer nicht recht zu erklaͤren gewußt. War mir die Beschaͤftigung zu einfach? Das ewige Einerlei der mehresten Handwerker zu ermuͤdend? Oder war es Stolz; oder vielmehr ein unbekannter vielleicht noch unentwickelter Trieb zu hoͤhern Beschaͤftigungen des Geistes? Wahrscheinlich ist mir das letzte in der Zukunft geworden ― ob ich gleich es nicht gewiß behaupten kann. Jndessen legten es meine Anverwandte fuͤr wirklichen Stolz aus. Diesem wahren und auch nicht

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[53/0053] sparsam, maͤßig und arbeitsam, auf ihn hatte also die fehlerhafte Erziehung nicht die schlimme Wirkung gehabt, als auf mich ― und doch war sie dieselbe; derselbe Umgang. ― Kommt nicht erstaunend viel darauf an, aus welchem Zeuge der Mensch gebildet ist? Und wird dies angebohren? Wahrscheinlich! also ist mir ja auch nicht so viel zuzurechnen: denn das ich just so ein Temperament, solch Blut erhielt; hab' ich dazu durch meine freien Handlungen etwas beigetragen? Diese Gedanken hatten sich in einigen Jahren ziemlich bei mir festgesetzt, und wurden die Quelle, woraus ich Entschuldigung fuͤr manchen Fehltritt ― und Nahrung fuͤr meinen Leichtsinn schoͤpfte. ― Jch beschloß mich nun zu etwas zu entschließen, da es nirgends mehr mit mir fort wollte. Ein Handwerk zu lernen ― ich ging sie alle nach der Reihe durch ― zu keinem hatte ich innern Trieb. Jch habe mir diesen Widerwillen gegen alles, was dem Menschen mechanisch wird ― immer nicht recht zu erklaͤren gewußt. War mir die Beschaͤftigung zu einfach? Das ewige Einerlei der mehresten Handwerker zu ermuͤdend? Oder war es Stolz; oder vielmehr ein unbekannter vielleicht noch unentwickelter Trieb zu hoͤhern Beschaͤftigungen des Geistes? Wahrscheinlich ist mir das letzte in der Zukunft geworden ― ob ich gleich es nicht gewiß behaupten kann. Jndessen legten es meine Anverwandte fuͤr wirklichen Stolz aus. Diesem wahren und auch nicht

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/53>, abgerufen am 04.12.2024.