Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0028" n="26"/><lb/> naͤckig und setzte es durch. Schuldig war ich einmal; wie wollte ich das Geld bezahlen, wenn ich ihn nicht nahm? Jch fing also meinen Ehestand mit Schulden an. Wir lebten so einige Jahre, ohne hinlaͤngliche Arbeit zu haben; wir mußten also noch immer zusetzen, und also immer tiefer in Schulden gerathen. Unter der Zeit gerieth seine Gesundheit immer mehr in Abnahme, und er wurde von Tage zu Tage eigensinniger, so wie er es auch noch jetzt ist. Nichts kann ich ihm mehr recht machen; alles tadelt er, ist ihm verdrießlich, und da ich von meinen Eltern eben nicht zu großen Geschicklichkeiten bin angehalten worden, so hat er zwar freilich in manchen Stuͤcken recht; allein er hat ja dieß gewußt, denn ich hab' ihm kein Geheimniß daraus gemacht. Jetzt anstatt mir meine Fehler in Guͤte zu sagen, thut ers mit den haͤrtesten Worten, wirft mir meine Unwissenheit in vielen haͤußlichen Dingen des Tages zwanzigmal vor, und nie wird er wieder gut, als wenns Abend werden will. — Also liebt er mich nur, wie man eine H** liebt; so lange er seine Triebe befriedigen kann, so ist er ruhig und gelassen, und des Morgens geht meine Qual von neuem an. Am Tage verlangt er die strengste Unterwuͤrfigkeit und auch wohl Ehrerbietung — und des Nachts erzaͤhlt er mir seine vorigen Liebschaften; nennt sie alle nach der Reihe her, und hat mir sogar gestanden, daß er schon einmal sei angelaufen. — Wie<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0028]
naͤckig und setzte es durch. Schuldig war ich einmal; wie wollte ich das Geld bezahlen, wenn ich ihn nicht nahm? Jch fing also meinen Ehestand mit Schulden an. Wir lebten so einige Jahre, ohne hinlaͤngliche Arbeit zu haben; wir mußten also noch immer zusetzen, und also immer tiefer in Schulden gerathen. Unter der Zeit gerieth seine Gesundheit immer mehr in Abnahme, und er wurde von Tage zu Tage eigensinniger, so wie er es auch noch jetzt ist. Nichts kann ich ihm mehr recht machen; alles tadelt er, ist ihm verdrießlich, und da ich von meinen Eltern eben nicht zu großen Geschicklichkeiten bin angehalten worden, so hat er zwar freilich in manchen Stuͤcken recht; allein er hat ja dieß gewußt, denn ich hab' ihm kein Geheimniß daraus gemacht. Jetzt anstatt mir meine Fehler in Guͤte zu sagen, thut ers mit den haͤrtesten Worten, wirft mir meine Unwissenheit in vielen haͤußlichen Dingen des Tages zwanzigmal vor, und nie wird er wieder gut, als wenns Abend werden will. — Also liebt er mich nur, wie man eine H** liebt; so lange er seine Triebe befriedigen kann, so ist er ruhig und gelassen, und des Morgens geht meine Qual von neuem an. Am Tage verlangt er die strengste Unterwuͤrfigkeit und auch wohl Ehrerbietung — und des Nachts erzaͤhlt er mir seine vorigen Liebschaften; nennt sie alle nach der Reihe her, und hat mir sogar gestanden, daß er schon einmal sei angelaufen. — Wie
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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