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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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und folglich auch von künftiger Zeit insbesondere; ein Begrif, den wir als klaren Begrif, wohl allein durch Hülfe der Vernunft besitzen, und der mehr als thierischer Jnstinkt ist. Denn je mehr sich der Mensch der thierischen Natur nähert, deren Gefühle sich nicht, oder gewiß nicht weit, über das Gegenwärtige hinaus erstrecken; je weniger seine körperlichen und geistigen Bedürfnisse werden; je mehr sich sein Nachdenken über seine eigne Existenz und mithin auch die Wißbegierde, seine künftigen Schicksale und Entwickelungen voraus zu erforschen, verliert, desto düsterer und verworrener muß auch nothwendig die Vorstellung von etwas Zukünftigen in ihm werden.

3) Die Kindersprache besteht anfangs nur aus einsilbigten Wörtern, wahrscheinlich deswegen, weil es ohne eine schon längere Uebung den Organen des Kindes schwerer wird, mehrsilbigte auszusprechen. Es pflegt daher auch gewöhnlich diese in einsilbigte zu verwandeln, oder ein solches mehrsilbigtes Wort in zwei oder mehrern Zeitintervallen auszusprechen, so wie es auch nachher bei ganzen Perioden mehrere Ruhepunkte des Redens annimmt, und sich gleichsam die Begriffe nach und nach zuzählt. Ueberhaupt bemerkt man leicht, daß ihm das Reden anfangs äußerst schwer ankommt -- ein Beweis, daß Sprache eine erst zu erlangende Fertigkeit, und nichts Angebornes ist; -- daß es sich oft martert, ein Wort grade wieder so


und folglich auch von kuͤnftiger Zeit insbesondere; ein Begrif, den wir als klaren Begrif, wohl allein durch Huͤlfe der Vernunft besitzen, und der mehr als thierischer Jnstinkt ist. Denn je mehr sich der Mensch der thierischen Natur naͤhert, deren Gefuͤhle sich nicht, oder gewiß nicht weit, uͤber das Gegenwaͤrtige hinaus erstrecken; je weniger seine koͤrperlichen und geistigen Beduͤrfnisse werden; je mehr sich sein Nachdenken uͤber seine eigne Existenz und mithin auch die Wißbegierde, seine kuͤnftigen Schicksale und Entwickelungen voraus zu erforschen, verliert, desto duͤsterer und verworrener muß auch nothwendig die Vorstellung von etwas Zukuͤnftigen in ihm werden.

3) Die Kindersprache besteht anfangs nur aus einsilbigten Woͤrtern, wahrscheinlich deswegen, weil es ohne eine schon laͤngere Uebung den Organen des Kindes schwerer wird, mehrsilbigte auszusprechen. Es pflegt daher auch gewoͤhnlich diese in einsilbigte zu verwandeln, oder ein solches mehrsilbigtes Wort in zwei oder mehrern Zeitintervallen auszusprechen, so wie es auch nachher bei ganzen Perioden mehrere Ruhepunkte des Redens annimmt, und sich gleichsam die Begriffe nach und nach zuzaͤhlt. Ueberhaupt bemerkt man leicht, daß ihm das Reden anfangs aͤußerst schwer ankommt — ein Beweis, daß Sprache eine erst zu erlangende Fertigkeit, und nichts Angebornes ist; — daß es sich oft martert, ein Wort grade wieder so

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[83/0085] und folglich auch von kuͤnftiger Zeit insbesondere; ein Begrif, den wir als klaren Begrif, wohl allein durch Huͤlfe der Vernunft besitzen, und der mehr als thierischer Jnstinkt ist. Denn je mehr sich der Mensch der thierischen Natur naͤhert, deren Gefuͤhle sich nicht, oder gewiß nicht weit, uͤber das Gegenwaͤrtige hinaus erstrecken; je weniger seine koͤrperlichen und geistigen Beduͤrfnisse werden; je mehr sich sein Nachdenken uͤber seine eigne Existenz und mithin auch die Wißbegierde, seine kuͤnftigen Schicksale und Entwickelungen voraus zu erforschen, verliert, desto duͤsterer und verworrener muß auch nothwendig die Vorstellung von etwas Zukuͤnftigen in ihm werden. 3) Die Kindersprache besteht anfangs nur aus einsilbigten Woͤrtern, wahrscheinlich deswegen, weil es ohne eine schon laͤngere Uebung den Organen des Kindes schwerer wird, mehrsilbigte auszusprechen. Es pflegt daher auch gewoͤhnlich diese in einsilbigte zu verwandeln, oder ein solches mehrsilbigtes Wort in zwei oder mehrern Zeitintervallen auszusprechen, so wie es auch nachher bei ganzen Perioden mehrere Ruhepunkte des Redens annimmt, und sich gleichsam die Begriffe nach und nach zuzaͤhlt. Ueberhaupt bemerkt man leicht, daß ihm das Reden anfangs aͤußerst schwer ankommt — ein Beweis, daß Sprache eine erst zu erlangende Fertigkeit, und nichts Angebornes ist; — daß es sich oft martert, ein Wort grade wieder so

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/85>, abgerufen am 23.11.2024.