Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


den, will ich nur folgendes daraus bemerklich machen: Es sei nemlich keinesweges aus der heiligen Schrift zu ersehen, daß eine solche grausame That aus göttlichem Antriebe herrühren könne, allenfalls müste durch einen besondern höhern Befehl, Genehmigung oder Wunder dem allgemeinen göttlichem Gesetze: Du sollst nicht tödten, derogiret werden. Der Beweis hievon mangele nun in gegenwärtigem Falle, es folge also, daß der Jmpulsus von einem andern Autore hergekommen, nemlich dem bösen Geiste, der ein Mörder vom Anfange, und welcher an Jnquisiten, so das Zeugniß eines frommen und christlichen Verhaltens hätte, dabei aber stets zur Melancholei -- ein balneum diaboli -- geneigt gewesen, mit göttlicher Zulassung ein bequemes Subjekt zur Ausführung dieser That gefunden und ihn dazu getrieben hätte.

Der unglückliche Varmeier starb ein paar Tage darauf an der grausamen Folter, womit ihn zuletzt das militärische Gericht quälte.

Evers, Geheimer Archivarius und Hofrath zu Schwerin.


den, will ich nur folgendes daraus bemerklich machen: Es sei nemlich keinesweges aus der heiligen Schrift zu ersehen, daß eine solche grausame That aus goͤttlichem Antriebe herruͤhren koͤnne, allenfalls muͤste durch einen besondern hoͤhern Befehl, Genehmigung oder Wunder dem allgemeinen goͤttlichem Gesetze: Du sollst nicht toͤdten, derogiret werden. Der Beweis hievon mangele nun in gegenwaͤrtigem Falle, es folge also, daß der Jmpulsus von einem andern Autore hergekommen, nemlich dem boͤsen Geiste, der ein Moͤrder vom Anfange, und welcher an Jnquisiten, so das Zeugniß eines frommen und christlichen Verhaltens haͤtte, dabei aber stets zur Melancholei — ein balneum diaboli — geneigt gewesen, mit goͤttlicher Zulassung ein bequemes Subjekt zur Ausfuͤhrung dieser That gefunden und ihn dazu getrieben haͤtte.

Der ungluͤckliche Varmeier starb ein paar Tage darauf an der grausamen Folter, womit ihn zuletzt das militaͤrische Gericht quaͤlte.

Evers, Geheimer Archivarius und Hofrath zu Schwerin.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0014" n="14"/><lb/>
den, will ich nur folgendes daraus bemerklich                   machen: Es sei nemlich keinesweges aus der heiligen Schrift zu ersehen, daß eine                   solche grausame That aus go&#x0364;ttlichem Antriebe herru&#x0364;hren ko&#x0364;nne, allenfalls mu&#x0364;ste                   durch einen besondern ho&#x0364;hern Befehl, Genehmigung oder Wunder dem allgemeinen                   go&#x0364;ttlichem Gesetze: Du sollst nicht to&#x0364;dten, derogiret werden. Der Beweis hievon                   mangele nun in gegenwa&#x0364;rtigem Falle, es folge also, daß der Jmpulsus von einem                   andern Autore hergekommen, nemlich dem bo&#x0364;sen Geiste, der ein Mo&#x0364;rder vom Anfange,                   und welcher an Jnquisiten, so das Zeugniß eines frommen und christlichen                   Verhaltens ha&#x0364;tte, dabei aber stets zur Melancholei &#x2014; ein <hi rendition="#aq">balneum diaboli</hi> &#x2014; geneigt gewesen, mit go&#x0364;ttlicher Zulassung ein                   bequemes Subjekt zur Ausfu&#x0364;hrung dieser That gefunden und ihn dazu getrieben ha&#x0364;tte. </p>
            <p>Der unglu&#x0364;ckliche <hi rendition="#b">Varmeier</hi> starb ein paar Tage darauf an                   der grausamen Folter, womit ihn zuletzt das milita&#x0364;rische Gericht qua&#x0364;lte. </p>
            <closer>
              <signed> <hi rendition="#right"><persName ref="#ref0132"><note type="editorial">Evers, Karl Friedrich</note>Evers,</persName>                   Geheimer Archivarius und Hofrath zu Schwerin.</hi> </signed>
            </closer><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0014] den, will ich nur folgendes daraus bemerklich machen: Es sei nemlich keinesweges aus der heiligen Schrift zu ersehen, daß eine solche grausame That aus goͤttlichem Antriebe herruͤhren koͤnne, allenfalls muͤste durch einen besondern hoͤhern Befehl, Genehmigung oder Wunder dem allgemeinen goͤttlichem Gesetze: Du sollst nicht toͤdten, derogiret werden. Der Beweis hievon mangele nun in gegenwaͤrtigem Falle, es folge also, daß der Jmpulsus von einem andern Autore hergekommen, nemlich dem boͤsen Geiste, der ein Moͤrder vom Anfange, und welcher an Jnquisiten, so das Zeugniß eines frommen und christlichen Verhaltens haͤtte, dabei aber stets zur Melancholei — ein balneum diaboli — geneigt gewesen, mit goͤttlicher Zulassung ein bequemes Subjekt zur Ausfuͤhrung dieser That gefunden und ihn dazu getrieben haͤtte. Der ungluͤckliche Varmeier starb ein paar Tage darauf an der grausamen Folter, womit ihn zuletzt das militaͤrische Gericht quaͤlte. Evers, Geheimer Archivarius und Hofrath zu Schwerin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/14
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/14>, abgerufen am 03.12.2024.