Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Jch ermunterte ihn zum Spiel, allein es lief unruhiger und schlechter wie den vorigen Abend ab, beim Essen war er mürrisch und legte sich auch so nieder. Um zwölf Uhr saß er wieder am Schreibtisch, arbeitete die halbe Nacht, verbarg aber am Morgen seine Arbeit vor mir, da er die Verse von den zwei vorhergehenden Nächten von selbst weggelegt hatte. Jch erfuhr zeitig früh, nach seiner Erhohlung im Schlafzimmer von den Leuten, wie er bei dem gestrigen Abendbesuch Verdruß und Händel gehabt hätte; und daß er versiegelte Schriften an seinen Vetter, einen Juristen, geschickt; doch alles dieses verheimlichte er vor mir. Diese enthielten anzusagende Klagen vor Gericht gegen die Abendgesellschaften, und einer davon enthielt sogar den Handschuh. Eigentlich aber war er der beleidigende Theil gewesen, und da er es zu arg gemacht hatte, wieß man ihm, indem man ihn für betrunken hielt, die Thüre. Hierauf zog er sich aufs beste an, und wollte ohne Wiederrede in einem Hause, worin er von jeher gut aufgenommen war, Besuch abstatten, wobei ich Mühe hatte, ihn so lange zurückzuhal-
Jch ermunterte ihn zum Spiel, allein es lief unruhiger und schlechter wie den vorigen Abend ab, beim Essen war er muͤrrisch und legte sich auch so nieder. Um zwoͤlf Uhr saß er wieder am Schreibtisch, arbeitete die halbe Nacht, verbarg aber am Morgen seine Arbeit vor mir, da er die Verse von den zwei vorhergehenden Naͤchten von selbst weggelegt hatte. Jch erfuhr zeitig fruͤh, nach seiner Erhohlung im Schlafzimmer von den Leuten, wie er bei dem gestrigen Abendbesuch Verdruß und Haͤndel gehabt haͤtte; und daß er versiegelte Schriften an seinen Vetter, einen Juristen, geschickt; doch alles dieses verheimlichte er vor mir. Diese enthielten anzusagende Klagen vor Gericht gegen die Abendgesellschaften, und einer davon enthielt sogar den Handschuh. Eigentlich aber war er der beleidigende Theil gewesen, und da er es zu arg gemacht hatte, wieß man ihm, indem man ihn fuͤr betrunken hielt, die Thuͤre. Hierauf zog er sich aufs beste an, und wollte ohne Wiederrede in einem Hause, worin er von jeher gut aufgenommen war, Besuch abstatten, wobei ich Muͤhe hatte, ihn so lange zuruͤckzuhal- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0026" n="26"/><lb/> ganz laut aufgebracht ins muͤtterliche Zimmer eintreten moͤchte. Zur bestimmten Zeit kam er zuruͤck, legte sich wenig redend aufs Sopha, und sah blaß aus, so viel Roͤthe auch sonst seine Wangen durchschien.</p> <p>Jch ermunterte ihn zum Spiel, allein es lief unruhiger und schlechter wie den vorigen Abend ab, beim Essen war er muͤrrisch und legte sich auch so nieder. Um zwoͤlf Uhr saß er wieder am Schreibtisch, arbeitete die halbe Nacht, verbarg aber am Morgen seine Arbeit vor mir, da er die Verse von den zwei vorhergehenden Naͤchten von selbst weggelegt hatte. Jch erfuhr zeitig fruͤh, nach seiner Erhohlung im Schlafzimmer von den Leuten, wie er bei dem gestrigen Abendbesuch Verdruß und Haͤndel gehabt haͤtte; und daß er versiegelte Schriften an seinen Vetter, einen Juristen, geschickt; doch alles dieses verheimlichte er vor mir. Diese enthielten anzusagende Klagen vor Gericht gegen die Abendgesellschaften, und einer davon enthielt sogar den Handschuh. Eigentlich aber war er der beleidigende Theil gewesen, und da er es zu arg gemacht hatte, wieß man ihm, indem man ihn fuͤr betrunken hielt, die Thuͤre.</p> <p>Hierauf zog er sich aufs beste an, und wollte ohne Wiederrede in einem Hause, worin er von jeher gut aufgenommen war, Besuch abstatten, wobei ich Muͤhe hatte, ihn so lange zuruͤckzuhal-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0026]
ganz laut aufgebracht ins muͤtterliche Zimmer eintreten moͤchte. Zur bestimmten Zeit kam er zuruͤck, legte sich wenig redend aufs Sopha, und sah blaß aus, so viel Roͤthe auch sonst seine Wangen durchschien.
Jch ermunterte ihn zum Spiel, allein es lief unruhiger und schlechter wie den vorigen Abend ab, beim Essen war er muͤrrisch und legte sich auch so nieder. Um zwoͤlf Uhr saß er wieder am Schreibtisch, arbeitete die halbe Nacht, verbarg aber am Morgen seine Arbeit vor mir, da er die Verse von den zwei vorhergehenden Naͤchten von selbst weggelegt hatte. Jch erfuhr zeitig fruͤh, nach seiner Erhohlung im Schlafzimmer von den Leuten, wie er bei dem gestrigen Abendbesuch Verdruß und Haͤndel gehabt haͤtte; und daß er versiegelte Schriften an seinen Vetter, einen Juristen, geschickt; doch alles dieses verheimlichte er vor mir. Diese enthielten anzusagende Klagen vor Gericht gegen die Abendgesellschaften, und einer davon enthielt sogar den Handschuh. Eigentlich aber war er der beleidigende Theil gewesen, und da er es zu arg gemacht hatte, wieß man ihm, indem man ihn fuͤr betrunken hielt, die Thuͤre.
Hierauf zog er sich aufs beste an, und wollte ohne Wiederrede in einem Hause, worin er von jeher gut aufgenommen war, Besuch abstatten, wobei ich Muͤhe hatte, ihn so lange zuruͤckzuhal-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |