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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

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war gereizt.*) -- Von Gegenständen des gemeinen Lebens, Bekannten, Freunde u.s.w. kamen keine Bilder vor.**)

Der darauffolgende Tag (den 12ten Jun.) war wieder etwas ruhiger. Die Nacht darauf kamen von neuem zwei Blutstürze, die mich aber weniger unruhig machten. Jch wollte doch etwas, soviel ich konnte, meine Seele zu dem grossem Schritte bereiten, aber ich fand das, was ich immer geglaubt und mit Nachdruck eingeschärft habe, sehr wahr, daß es auf dem Krankenbette, so lange die Krankheit Ernst, schwerlich angeht, sich zum Tode vorzubereiten. Das einzige, was, wie ich mich erinnere, etwas wirkte, war der Gedanke: Gott betrübt die Menschen nicht von Herzen. Die grosse, lange Reihe von Folgerungen aus demselben in meiner gegenwärtigen Lage schwebte meinem Blick vor, und gab Stärkung.


*) Weil hier überhaupt die Thätigkeit des Nervengeistes äußerst unruhig war, so war es natürlich, daß die Vorstellungen in unordentlicher Reihe aufeinander folgten. Eben dieser Unruhe wegen waren die Jdeen auch in ihrer Lebhaftigkeit sehr verschieden.
**) Auch dieß ist sehr erklärbar. Die heftige Spannung der Aufmerksamkeit auf den einen Gegenstand machte, daß er seine Ort- und Zeitverhältnisse vergaß; wie dieß bei tiefem Nachdenken oft zutrift, und besonders hier, da überdem noch die äußern Sinne in einer großen Betäubung lagen, um desto eher zutreffen konnte.


war gereizt.*) — Von Gegenstaͤnden des gemeinen Lebens, Bekannten, Freunde u.s.w. kamen keine Bilder vor.**)

Der darauffolgende Tag (den 12ten Jun.) war wieder etwas ruhiger. Die Nacht darauf kamen von neuem zwei Blutstuͤrze, die mich aber weniger unruhig machten. Jch wollte doch etwas, soviel ich konnte, meine Seele zu dem grossem Schritte bereiten, aber ich fand das, was ich immer geglaubt und mit Nachdruck eingeschaͤrft habe, sehr wahr, daß es auf dem Krankenbette, so lange die Krankheit Ernst, schwerlich angeht, sich zum Tode vorzubereiten. Das einzige, was, wie ich mich erinnere, etwas wirkte, war der Gedanke: Gott betruͤbt die Menschen nicht von Herzen. Die grosse, lange Reihe von Folgerungen aus demselben in meiner gegenwaͤrtigen Lage schwebte meinem Blick vor, und gab Staͤrkung.


*) Weil hier uͤberhaupt die Thaͤtigkeit des Nervengeistes aͤußerst unruhig war, so war es natuͤrlich, daß die Vorstellungen in unordentlicher Reihe aufeinander folgten. Eben dieser Unruhe wegen waren die Jdeen auch in ihrer Lebhaftigkeit sehr verschieden.
**) Auch dieß ist sehr erklaͤrbar. Die heftige Spannung der Aufmerksamkeit auf den einen Gegenstand machte, daß er seine Ort- und Zeitverhaͤltnisse vergaß; wie dieß bei tiefem Nachdenken oft zutrift, und besonders hier, da uͤberdem noch die aͤußern Sinne in einer großen Betaͤubung lagen, um desto eher zutreffen konnte.
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[79/0079] war gereizt.*) — Von Gegenstaͤnden des gemeinen Lebens, Bekannten, Freunde u.s.w. kamen keine Bilder vor.**) Der darauffolgende Tag (den 12ten Jun.) war wieder etwas ruhiger. Die Nacht darauf kamen von neuem zwei Blutstuͤrze, die mich aber weniger unruhig machten. Jch wollte doch etwas, soviel ich konnte, meine Seele zu dem grossem Schritte bereiten, aber ich fand das, was ich immer geglaubt und mit Nachdruck eingeschaͤrft habe, sehr wahr, daß es auf dem Krankenbette, so lange die Krankheit Ernst, schwerlich angeht, sich zum Tode vorzubereiten. Das einzige, was, wie ich mich erinnere, etwas wirkte, war der Gedanke: Gott betruͤbt die Menschen nicht von Herzen. Die grosse, lange Reihe von Folgerungen aus demselben in meiner gegenwaͤrtigen Lage schwebte meinem Blick vor, und gab Staͤrkung. *) Weil hier uͤberhaupt die Thaͤtigkeit des Nervengeistes aͤußerst unruhig war, so war es natuͤrlich, daß die Vorstellungen in unordentlicher Reihe aufeinander folgten. Eben dieser Unruhe wegen waren die Jdeen auch in ihrer Lebhaftigkeit sehr verschieden. **) Auch dieß ist sehr erklaͤrbar. Die heftige Spannung der Aufmerksamkeit auf den einen Gegenstand machte, daß er seine Ort- und Zeitverhaͤltnisse vergaß; wie dieß bei tiefem Nachdenken oft zutrift, und besonders hier, da uͤberdem noch die aͤußern Sinne in einer großen Betaͤubung lagen, um desto eher zutreffen konnte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/79>, abgerufen am 25.11.2024.