Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Schon auf der Kanzel warnte mein guter Dämon mich. Jch sagte es daher öffentlich, da die beiden Männer sich weigerten, das ihnen angebo-
Schon auf der Kanzel warnte mein guter Daͤmon mich. Jch sagte es daher oͤffentlich, da die beiden Maͤnner sich weigerten, das ihnen angebo- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0119" n="119"/><lb/> 5. Maͤrz 1784. von der Kanzel in der Kirche zu Gingst eine Schrift von Wort zu Wort ablas, in welcher unter andern sonderbaren Dingen auch etliche Beleidigungen gegen den Herrn General-Superintendenten Doctor <hi rendition="#b">Quistorp</hi> befindlich waren. Damit nun Niemand etwas anders irgendwo vorbringen moͤchte, rief ich sogleich nach Vorlesung derselben den Kuͤster <hi rendition="#b">Westgard</hi> zu mir nach der Kanzel zu kommen, diese meine eigenhaͤndige Schrift von mir entgegen zu nehmen, und sie unverzuͤglich nach Stralsund an die hohe Landes-Obrigkeit zu uͤberbringen. Allein <hi rendition="#b">Westgard</hi> verließ seine Bank nicht. Hierauf forderte ich einen andern Einwohner in Gingst, den Herrn Cornet <hi rendition="#b">Sesemann,</hi> auf, die Schrift zu nehmen, und sie an die Behoͤrde einzuschicken: allein auch dieser regte sich nicht. Jch legte darauf mein Manuscript in die Bibel, schloß mit dem gewoͤhnlichen Kirchengebete — und wankte in einem so kranken, schwachen und elenden Gesundheitszustande nach dem Pfarrhause, daß ich im eigentlichen Verstande einer Leiche aͤhnlicher als einem Menschen war. Doch wer sich nur der Leitung irgend eines guten Daͤmons erfreuen darf, der ist nie ganz verlassen, wenn er auch den Giftbecher trinken muß. </p> <p>Schon auf der Kanzel warnte mein guter Daͤmon mich. Jch sagte es daher oͤffentlich, da die beiden Maͤnner sich weigerten, das ihnen angebo-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0119]
5. Maͤrz 1784. von der Kanzel in der Kirche zu Gingst eine Schrift von Wort zu Wort ablas, in welcher unter andern sonderbaren Dingen auch etliche Beleidigungen gegen den Herrn General-Superintendenten Doctor Quistorp befindlich waren. Damit nun Niemand etwas anders irgendwo vorbringen moͤchte, rief ich sogleich nach Vorlesung derselben den Kuͤster Westgard zu mir nach der Kanzel zu kommen, diese meine eigenhaͤndige Schrift von mir entgegen zu nehmen, und sie unverzuͤglich nach Stralsund an die hohe Landes-Obrigkeit zu uͤberbringen. Allein Westgard verließ seine Bank nicht. Hierauf forderte ich einen andern Einwohner in Gingst, den Herrn Cornet Sesemann, auf, die Schrift zu nehmen, und sie an die Behoͤrde einzuschicken: allein auch dieser regte sich nicht. Jch legte darauf mein Manuscript in die Bibel, schloß mit dem gewoͤhnlichen Kirchengebete — und wankte in einem so kranken, schwachen und elenden Gesundheitszustande nach dem Pfarrhause, daß ich im eigentlichen Verstande einer Leiche aͤhnlicher als einem Menschen war. Doch wer sich nur der Leitung irgend eines guten Daͤmons erfreuen darf, der ist nie ganz verlassen, wenn er auch den Giftbecher trinken muß.
Schon auf der Kanzel warnte mein guter Daͤmon mich. Jch sagte es daher oͤffentlich, da die beiden Maͤnner sich weigerten, das ihnen angebo-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |