Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Doch zur Sache. -- Die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, und, ich kann hinzusetzen, zum Fabelhaften, hängt lediglich von dem so mächtigen Triebe der menschlichen Seele ab, neue Vorstellungen, und zwar solche zu empfangen, wodurch ungewöhnlich lebhafte angenehme Empfindungen in uns hervorgebracht, und erhalten werden. Jene neuen Vorstellungen, wonach wir vermöge eines uns natürlichen Erweiterungstriebes unserer Geistesthätigkeit streben, sind uns allemal um so viel willkommener, je mehr sie den Reiz der Neuheit an sich haben; je weniger sie also an eine uns schon geläufige Menge bekannter Vorstellungen gränzen, und je lebhafter die Eindrücke sind, welche sie in dem Gebiete unserer Empfindungen zurücklassen. Das Wunderbare ist aber vornehmlich geschickt, lebhafte Eindrücke auf uns zu machen und unsere Leidenschaften zu erschüttern. Wir fühlen es sehr deutlich, daß unsere Seele in eine heftige Bewegung geräth,
Doch zur Sache. — Die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, und, ich kann hinzusetzen, zum Fabelhaften, haͤngt lediglich von dem so maͤchtigen Triebe der menschlichen Seele ab, neue Vorstellungen, und zwar solche zu empfangen, wodurch ungewoͤhnlich lebhafte angenehme Empfindungen in uns hervorgebracht, und erhalten werden. Jene neuen Vorstellungen, wonach wir vermoͤge eines uns natuͤrlichen Erweiterungstriebes unserer Geistesthaͤtigkeit streben, sind uns allemal um so viel willkommener, je mehr sie den Reiz der Neuheit an sich haben; je weniger sie also an eine uns schon gelaͤufige Menge bekannter Vorstellungen graͤnzen, und je lebhafter die Eindruͤcke sind, welche sie in dem Gebiete unserer Empfindungen zuruͤcklassen. Das Wunderbare ist aber vornehmlich geschickt, lebhafte Eindruͤcke auf uns zu machen und unsere Leidenschaften zu erschuͤttern. Wir fuͤhlen es sehr deutlich, daß unsere Seele in eine heftige Bewegung geraͤth, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0084" n="84"/><lb/> griffe von Geistern und Goͤttern guter und boͤser Art gekommen sind. Die alte Philosophie und Dichtkunst haben sich gleich eifrig bemuͤht, diese Begriffe, welche vornehmlich die Großen zur Lenkung ihrer Untergebenen so noͤthig hatten, zu befestigen, und zu verschoͤnern; aber aller ihnen gegebene dichterische Schmuck, und alle Philosophie hat nicht zureichen wollen, ihren Ursprung aus einem rohen Zeitalter der menschlichen Vernunft vor den Augen aufgeklaͤrter Richter zu verhuͤllen. </p> <p>Doch zur Sache. — Die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, und, ich kann hinzusetzen, zum Fabelhaften, haͤngt lediglich von dem so maͤchtigen Triebe der menschlichen Seele ab, neue Vorstellungen, und zwar solche zu empfangen, wodurch ungewoͤhnlich lebhafte angenehme Empfindungen in uns hervorgebracht, und erhalten werden. Jene neuen Vorstellungen, wonach wir vermoͤge eines uns natuͤrlichen Erweiterungstriebes unserer Geistesthaͤtigkeit streben, sind uns allemal um so viel willkommener, je mehr sie den Reiz der Neuheit an sich haben; je weniger sie also an eine uns schon gelaͤufige Menge bekannter Vorstellungen graͤnzen, und je lebhafter die Eindruͤcke sind, welche sie in dem Gebiete unserer Empfindungen zuruͤcklassen. Das Wunderbare ist aber vornehmlich geschickt, lebhafte Eindruͤcke auf uns zu machen und unsere Leidenschaften zu erschuͤttern. Wir fuͤhlen es sehr deutlich, daß unsere Seele in eine heftige Bewegung geraͤth,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0084]
griffe von Geistern und Goͤttern guter und boͤser Art gekommen sind. Die alte Philosophie und Dichtkunst haben sich gleich eifrig bemuͤht, diese Begriffe, welche vornehmlich die Großen zur Lenkung ihrer Untergebenen so noͤthig hatten, zu befestigen, und zu verschoͤnern; aber aller ihnen gegebene dichterische Schmuck, und alle Philosophie hat nicht zureichen wollen, ihren Ursprung aus einem rohen Zeitalter der menschlichen Vernunft vor den Augen aufgeklaͤrter Richter zu verhuͤllen.
Doch zur Sache. — Die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, und, ich kann hinzusetzen, zum Fabelhaften, haͤngt lediglich von dem so maͤchtigen Triebe der menschlichen Seele ab, neue Vorstellungen, und zwar solche zu empfangen, wodurch ungewoͤhnlich lebhafte angenehme Empfindungen in uns hervorgebracht, und erhalten werden. Jene neuen Vorstellungen, wonach wir vermoͤge eines uns natuͤrlichen Erweiterungstriebes unserer Geistesthaͤtigkeit streben, sind uns allemal um so viel willkommener, je mehr sie den Reiz der Neuheit an sich haben; je weniger sie also an eine uns schon gelaͤufige Menge bekannter Vorstellungen graͤnzen, und je lebhafter die Eindruͤcke sind, welche sie in dem Gebiete unserer Empfindungen zuruͤcklassen. Das Wunderbare ist aber vornehmlich geschickt, lebhafte Eindruͤcke auf uns zu machen und unsere Leidenschaften zu erschuͤttern. Wir fuͤhlen es sehr deutlich, daß unsere Seele in eine heftige Bewegung geraͤth,
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