Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 1. Berlin, 1786.
Der Musquetier, Friedrich Wilhelm Meyer, welcher im höchsten Lebensüberdruße, da er sich durch die Ermordung eines andern selbst den Tod zuziehen wollte, doch noch reflektirt zu haben gestand, ob er an der Krankenwärterin, die ihn geschimpft hatte, den Mord verüben solle, um sich zugleich zu rächen, oder an seinem noch schlafenden unschuldigen Kammeraden, den er also, da er gerade keine Sünde that, umbringen wollte. -- Die Verzweiflung muß erstaunlich weit gehen, wenn sie solche kaltblütige Reflexionen zuläßt. --
Der Musquetier, Friedrich Wilhelm Meyer, welcher im hoͤchsten Lebensuͤberdruße, da er sich durch die Ermordung eines andern selbst den Tod zuziehen wollte, doch noch reflektirt zu haben gestand, ob er an der Krankenwaͤrterin, die ihn geschimpft hatte, den Mord veruͤben solle, um sich zugleich zu raͤchen, oder an seinem noch schlafenden unschuldigen Kammeraden, den er also, da er gerade keine Suͤnde that, umbringen wollte. — Die Verzweiflung muß erstaunlich weit gehen, wenn sie solche kaltbluͤtige Reflexionen zulaͤßt. — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0012" n="10"/><lb/> Morgen seine Traͤume aufschrieb.</hi> — Wenn die Jdeen, die man in Traͤumen gehabt hat, nicht gehoͤrig wieder verdunkelt werden, sondern mit denen, die wir im Wachen haben, gleiche Kraft erhalten, so muß nothwendig eine Unordnung in der vorstellenden Kraft, eine Art von Wahnwitz daraus entstehen — und wer weiß, ob nicht jeder Wahnwitz zum Theil mit daher seinen Ursprung haben mag. Die Aufmerksamkeit des Herrn Klug, womit er seine Traͤume des Morgens aufschrieb, war gewiß eine Ursach mehr seinen Wahnwitz fortdauernd zu erhalten, so wie es ihm vielleicht zuerst getraͤumt haben mag, daß er das Buch, was er sich gegen den Koͤnig von Preußen geschrieben zu haben einbildete, wirklich gedruckt sahe, und nun alle die fuͤrchterlichen Folgen davon befuͤrchtete, die ihn bewogen, sich lebenslang auf seine Stube einzusperren. </p> <p>Der Musquetier, <hi rendition="#b">Friedrich Wilhelm Meyer,</hi> welcher im hoͤchsten Lebensuͤberdruße, da er sich durch die Ermordung eines andern selbst den Tod zuziehen wollte, doch noch <hi rendition="#b">reflektirt</hi> zu haben gestand, ob er an der Krankenwaͤrterin, die ihn geschimpft hatte, den Mord veruͤben solle, um sich <hi rendition="#b">zugleich zu raͤchen,</hi> oder an seinem noch schlafenden <hi rendition="#b">unschuldigen</hi> Kammeraden, den er also, da er gerade keine Suͤnde that, umbringen wollte. — Die Verzweiflung muß erstaunlich weit gehen, wenn sie solche kaltbluͤtige Reflexionen zulaͤßt. — </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0012]
Morgen seine Traͤume aufschrieb. — Wenn die Jdeen, die man in Traͤumen gehabt hat, nicht gehoͤrig wieder verdunkelt werden, sondern mit denen, die wir im Wachen haben, gleiche Kraft erhalten, so muß nothwendig eine Unordnung in der vorstellenden Kraft, eine Art von Wahnwitz daraus entstehen — und wer weiß, ob nicht jeder Wahnwitz zum Theil mit daher seinen Ursprung haben mag. Die Aufmerksamkeit des Herrn Klug, womit er seine Traͤume des Morgens aufschrieb, war gewiß eine Ursach mehr seinen Wahnwitz fortdauernd zu erhalten, so wie es ihm vielleicht zuerst getraͤumt haben mag, daß er das Buch, was er sich gegen den Koͤnig von Preußen geschrieben zu haben einbildete, wirklich gedruckt sahe, und nun alle die fuͤrchterlichen Folgen davon befuͤrchtete, die ihn bewogen, sich lebenslang auf seine Stube einzusperren.
Der Musquetier, Friedrich Wilhelm Meyer, welcher im hoͤchsten Lebensuͤberdruße, da er sich durch die Ermordung eines andern selbst den Tod zuziehen wollte, doch noch reflektirt zu haben gestand, ob er an der Krankenwaͤrterin, die ihn geschimpft hatte, den Mord veruͤben solle, um sich zugleich zu raͤchen, oder an seinem noch schlafenden unschuldigen Kammeraden, den er also, da er gerade keine Suͤnde that, umbringen wollte. — Die Verzweiflung muß erstaunlich weit gehen, wenn sie solche kaltbluͤtige Reflexionen zulaͤßt. —
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