Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 4, St. 3. Berlin, 1786.
Sie hat nicht diese Faden bei Seite gelegt. -- Dieser schlafende Mensch wirft sich umher, -- er bewegt einen Arm -- er bewegt ihn mit Heftig-
Sie hat nicht diese Faden bei Seite gelegt. — Dieser schlafende Mensch wirft sich umher, — er bewegt einen Arm — er bewegt ihn mit Heftig- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0081" n="81"/><lb/> Merkwuͤrdige zum Alltaͤglichen herabsinken. Gewiß wuͤrde, insbesondere auf die Rechnung des letztern, viel kommen, denn diese Schwaͤche, mit einer lebhaften Einbildungskraft verbunden, bringt viele und mannichfaltige Wirkungen hervor. Jeder Traum, auch der, der seines Jnhalts wegen nicht vorzuͤgliche Aufmerksamkeit erregt, ist fuͤr mich aͤußerst merkwuͤrdig. Selbst der Schlaf an sich schon ist es. Der Mensch wandelte einher in Thaͤtigkeit und Kraft — und nun ist Erschlafung, Unempfindlichkeit und Unthaͤtigkeit uͤber ihn hergefallen. Es ist natuͤrlich, sagt man, der Mensch ist ermuͤdet. Aber bin ich nun kluͤger? — Woher koͤmmt diese Ermuͤdung? — Von angestraͤngter, anhaltender Thaͤtigkeit? — Warum ermuͤdet das immer thaͤtige Herz und der uͤbrige unablaͤssige Mechanismus des Koͤrpers nicht? — Eben weil es Mechanismus ist. — Was erklaͤrt mir das? — Der Mechanismus der Uhr hoͤrt unmittelbar auf, wenn die Federkraft nachlaͤßt. Die Federkraft der Seele erschlaft auch nie. — Und doch vergeht Wirksamkeit der Sinne im Schlafe, doch scheinen die Verbindungswerkzeuge zwischen den aͤußern Gliedmaßen und der Seele geloͤset, scheint sie die Faden, woran sie jene bewegt, losgelassen und wenigstens auf eine Zeitlang bei Seite gelegt zu haben. </p> <p>Sie hat nicht diese Faden bei Seite gelegt. — Dieser schlafende Mensch wirft sich umher, — er bewegt einen Arm — er bewegt ihn mit Heftig-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [81/0081]
Merkwuͤrdige zum Alltaͤglichen herabsinken. Gewiß wuͤrde, insbesondere auf die Rechnung des letztern, viel kommen, denn diese Schwaͤche, mit einer lebhaften Einbildungskraft verbunden, bringt viele und mannichfaltige Wirkungen hervor. Jeder Traum, auch der, der seines Jnhalts wegen nicht vorzuͤgliche Aufmerksamkeit erregt, ist fuͤr mich aͤußerst merkwuͤrdig. Selbst der Schlaf an sich schon ist es. Der Mensch wandelte einher in Thaͤtigkeit und Kraft — und nun ist Erschlafung, Unempfindlichkeit und Unthaͤtigkeit uͤber ihn hergefallen. Es ist natuͤrlich, sagt man, der Mensch ist ermuͤdet. Aber bin ich nun kluͤger? — Woher koͤmmt diese Ermuͤdung? — Von angestraͤngter, anhaltender Thaͤtigkeit? — Warum ermuͤdet das immer thaͤtige Herz und der uͤbrige unablaͤssige Mechanismus des Koͤrpers nicht? — Eben weil es Mechanismus ist. — Was erklaͤrt mir das? — Der Mechanismus der Uhr hoͤrt unmittelbar auf, wenn die Federkraft nachlaͤßt. Die Federkraft der Seele erschlaft auch nie. — Und doch vergeht Wirksamkeit der Sinne im Schlafe, doch scheinen die Verbindungswerkzeuge zwischen den aͤußern Gliedmaßen und der Seele geloͤset, scheint sie die Faden, woran sie jene bewegt, losgelassen und wenigstens auf eine Zeitlang bei Seite gelegt zu haben.
Sie hat nicht diese Faden bei Seite gelegt. — Dieser schlafende Mensch wirft sich umher, — er bewegt einen Arm — er bewegt ihn mit Heftig-
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
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