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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787.

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geben, die Seele denke für sich besonders, davon der Mensch sich nicht bewußt wäre. -- -- -- -- --

Vielleicht, fährt Locke fort, wird man vorgeben, die Seele denke auch im tiefsten Schlafe; aber das Gedächtniß behalte das Gedachte nicht. Allein es läßt sich schwer begreifen, daß die Seele eines Schlafenden diesen Augenblick mit Denken beschäftigt seyn, und sich doch nicht in dem nächsten Augenblicke, wenn er aufwacht, auf das geringste von allen solchen Gedanken besinnen kann. (Und ich behaupte, es läßt sich sehr leicht begreifen, weil mit dem würklichen Aufwachen zugleich eine Menge schwächerer Vorstellungen, die wir während des Schlafs gehabt haben, ausgelöscht werden können, und weil wir an den Nachtwandlern tausend Handlungen, die sie während des Schlafs vorgenommen haben, bemerken, davon sie beim Erwachen kein Wort wissen. Will Locke auch läugnen, daß die Seele dieses Menschen im Schlafe nicht würklich gedacht habe, oder kann sie vielleicht würklich zweckmäßige Handlungen bei dem Nachtwandler hervorbringen, ohne daß sie daran denkt? Nimmermehr! Es giebt Leute, die im Schlafe, ohne daß sie zu träumen scheinen, oder ohne daß sie sich des Traums hinterher bewußt sind, sehr vernehmlich reden, und wenn sie aufwachen, von Allem nichts wissen.) Dies bedarf eines bessern Beweises, als eine bloße Beziehung, wenn man es glau-


geben, die Seele denke fuͤr sich besonders, davon der Mensch sich nicht bewußt waͤre. — — — — —

Vielleicht, faͤhrt Locke fort, wird man vorgeben, die Seele denke auch im tiefsten Schlafe; aber das Gedaͤchtniß behalte das Gedachte nicht. Allein es laͤßt sich schwer begreifen, daß die Seele eines Schlafenden diesen Augenblick mit Denken beschaͤftigt seyn, und sich doch nicht in dem naͤchsten Augenblicke, wenn er aufwacht, auf das geringste von allen solchen Gedanken besinnen kann. (Und ich behaupte, es laͤßt sich sehr leicht begreifen, weil mit dem wuͤrklichen Aufwachen zugleich eine Menge schwaͤcherer Vorstellungen, die wir waͤhrend des Schlafs gehabt haben, ausgeloͤscht werden koͤnnen, und weil wir an den Nachtwandlern tausend Handlungen, die sie waͤhrend des Schlafs vorgenommen haben, bemerken, davon sie beim Erwachen kein Wort wissen. Will Locke auch laͤugnen, daß die Seele dieses Menschen im Schlafe nicht wuͤrklich gedacht habe, oder kann sie vielleicht wuͤrklich zweckmaͤßige Handlungen bei dem Nachtwandler hervorbringen, ohne daß sie daran denkt? Nimmermehr! Es giebt Leute, die im Schlafe, ohne daß sie zu traͤumen scheinen, oder ohne daß sie sich des Traums hinterher bewußt sind, sehr vernehmlich reden, und wenn sie aufwachen, von Allem nichts wissen.) Dies bedarf eines bessern Beweises, als eine bloße Beziehung, wenn man es glau-

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[74/0074] geben, die Seele denke fuͤr sich besonders, davon der Mensch sich nicht bewußt waͤre. — — — — — Vielleicht, faͤhrt Locke fort, wird man vorgeben, die Seele denke auch im tiefsten Schlafe; aber das Gedaͤchtniß behalte das Gedachte nicht. Allein es laͤßt sich schwer begreifen, daß die Seele eines Schlafenden diesen Augenblick mit Denken beschaͤftigt seyn, und sich doch nicht in dem naͤchsten Augenblicke, wenn er aufwacht, auf das geringste von allen solchen Gedanken besinnen kann. (Und ich behaupte, es laͤßt sich sehr leicht begreifen, weil mit dem wuͤrklichen Aufwachen zugleich eine Menge schwaͤcherer Vorstellungen, die wir waͤhrend des Schlafs gehabt haben, ausgeloͤscht werden koͤnnen, und weil wir an den Nachtwandlern tausend Handlungen, die sie waͤhrend des Schlafs vorgenommen haben, bemerken, davon sie beim Erwachen kein Wort wissen. Will Locke auch laͤugnen, daß die Seele dieses Menschen im Schlafe nicht wuͤrklich gedacht habe, oder kann sie vielleicht wuͤrklich zweckmaͤßige Handlungen bei dem Nachtwandler hervorbringen, ohne daß sie daran denkt? Nimmermehr! Es giebt Leute, die im Schlafe, ohne daß sie zu traͤumen scheinen, oder ohne daß sie sich des Traums hinterher bewußt sind, sehr vernehmlich reden, und wenn sie aufwachen, von Allem nichts wissen.) Dies bedarf eines bessern Beweises, als eine bloße Beziehung, wenn man es glau-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 2. Berlin, 1787, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0502_1787/74>, abgerufen am 09.11.2024.