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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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als keiner meiner Freunde glauben, keiner meiner Feinde argwohnen kann, wie ich oft nahe an die tiefsten furchtbarsten Abgründe hingerissen werde, oder von selbst hinstürze; -- wüßtet, wie ich augenblicklich nur von der sichtbarsten augenscheinlichsten Gnade leben muß, wie oft ich mir und Gott unerträglich vorkommen muß -- in der erbärmlichsten Selbstsüchtigkeit, die mich so oft in den reinsten Gesinnungen und besten Thaten wie ein Räuber überfällt; -- wenn ihr wüßtet, was alles auf mir liegt, Läste, die ich mir selbst aufgeladen habe, und Läste, die mir so manche andere aufladen, die auch schwer zu tragen haben. Auch wenn ihr wüßtet, wie Leichtsinn und tiefe Melancholie so oft in mir mit einander kämpfen, und mit einander abwechseln, wie selten ich bey dem Gedränge, in dem ich lebe, in der edeln heitern Ruhe, in der sanften reinen Würksamkeit, die keine Absicht, kein Ziel hat, als Jesus Christus, wie selten ich in der schönen Einfalt Christi stehe, die die höchste Gottesruh und Gotteswürksamkeit war -- -- wenn ihr das, und noch so manches andere wüßtet, das ich diesem, ach leider! schon zu öffentlichen Blatte nicht anvertrauen darf, wie würdet ihr meiner brüderlichen Bitte so gern willfahren, meiner täglich einmal ausdrücklich vor Gott unserm Heilande zu gedenken!

O Brüder und Schwestern, schon so manchem unter Euch hab ichs gesagt, oder geschrieben: Was


als keiner meiner Freunde glauben, keiner meiner Feinde argwohnen kann, wie ich oft nahe an die tiefsten furchtbarsten Abgruͤnde hingerissen werde, oder von selbst hinstuͤrze; — wuͤßtet, wie ich augenblicklich nur von der sichtbarsten augenscheinlichsten Gnade leben muß, wie oft ich mir und Gott unertraͤglich vorkommen muß — in der erbaͤrmlichsten Selbstsuͤchtigkeit, die mich so oft in den reinsten Gesinnungen und besten Thaten wie ein Raͤuber uͤberfaͤllt; — wenn ihr wuͤßtet, was alles auf mir liegt, Laͤste, die ich mir selbst aufgeladen habe, und Laͤste, die mir so manche andere aufladen, die auch schwer zu tragen haben. Auch wenn ihr wuͤßtet, wie Leichtsinn und tiefe Melancholie so oft in mir mit einander kaͤmpfen, und mit einander abwechseln, wie selten ich bey dem Gedraͤnge, in dem ich lebe, in der edeln heitern Ruhe, in der sanften reinen Wuͤrksamkeit, die keine Absicht, kein Ziel hat, als Jesus Christus, wie selten ich in der schoͤnen Einfalt Christi stehe, die die hoͤchste Gottesruh und Gotteswuͤrksamkeit war — — wenn ihr das, und noch so manches andere wuͤßtet, das ich diesem, ach leider! schon zu oͤffentlichen Blatte nicht anvertrauen darf, wie wuͤrdet ihr meiner bruͤderlichen Bitte so gern willfahren, meiner taͤglich einmal ausdruͤcklich vor Gott unserm Heilande zu gedenken!

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[107/0107] als keiner meiner Freunde glauben, keiner meiner Feinde argwohnen kann, wie ich oft nahe an die tiefsten furchtbarsten Abgruͤnde hingerissen werde, oder von selbst hinstuͤrze; — wuͤßtet, wie ich augenblicklich nur von der sichtbarsten augenscheinlichsten Gnade leben muß, wie oft ich mir und Gott unertraͤglich vorkommen muß — in der erbaͤrmlichsten Selbstsuͤchtigkeit, die mich so oft in den reinsten Gesinnungen und besten Thaten wie ein Raͤuber uͤberfaͤllt; — wenn ihr wuͤßtet, was alles auf mir liegt, Laͤste, die ich mir selbst aufgeladen habe, und Laͤste, die mir so manche andere aufladen, die auch schwer zu tragen haben. Auch wenn ihr wuͤßtet, wie Leichtsinn und tiefe Melancholie so oft in mir mit einander kaͤmpfen, und mit einander abwechseln, wie selten ich bey dem Gedraͤnge, in dem ich lebe, in der edeln heitern Ruhe, in der sanften reinen Wuͤrksamkeit, die keine Absicht, kein Ziel hat, als Jesus Christus, wie selten ich in der schoͤnen Einfalt Christi stehe, die die hoͤchste Gottesruh und Gotteswuͤrksamkeit war — — wenn ihr das, und noch so manches andere wuͤßtet, das ich diesem, ach leider! schon zu oͤffentlichen Blatte nicht anvertrauen darf, wie wuͤrdet ihr meiner bruͤderlichen Bitte so gern willfahren, meiner taͤglich einmal ausdruͤcklich vor Gott unserm Heilande zu gedenken! O Bruͤder und Schwestern, schon so manchem unter Euch hab ichs gesagt, oder geschrieben: Was

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Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/107>, abgerufen am 25.11.2024.