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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

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ten Orte in der Nachbarschaft, und mit völlig verschlossenen Augen. Wenn sie erwachte, fühlte sie sich sehr schwach; aber bald kam sie wieder zu Kräften, und befand sich nun nichts schlimmer; im Gegentheil hatte man sie im Laufen gehindert, so war sie um ein Großes kränker. War sie nun zu sich selbst gekommen, so hatte sie nicht die geringste Erinnerung von dem, was sich während ihres Schlafs zugetragen hatte".

Die Heilung von ihrem Uebel ist in der That sonderbar, und hat viel Aehnlichkeit mit den albernen prophetischen Curen der magnetisirten bremischen Frauenzimmer, ob sie gleich nicht manipulirt worden war. Einige Zeit vor dem Ende ihrer Krankheit träumte sie, wie sie erzählte, das Wasser eines benachbarten Brunnens, genannt Tropfbrunnen, werde sie heilen. Sie trinkt während des Paroxismus und außer demselben sehr viel davon, konnte es auch im Paroxismus genau von anderm Wasser unterscheiden. Vor ihrem letzten Paroxismus sagte sie: nun habe sie noch drey Sprünge zu thun, und dann wollte sie nie wieder springen oder laufen. Dies geschah auch wirklich, und jetzt ist sie vollkommen gesund." Ein auffallender Beweis von der Heilkraft der menschlichen Einbildungen.


Erfahrungen und Phänomene von der Art, wie S. 103. angeführt worden, giebt es mehrere. Jch erinnere mich sehr deutlich aus meiner Jugend,


ten Orte in der Nachbarschaft, und mit voͤllig verschlossenen Augen. Wenn sie erwachte, fuͤhlte sie sich sehr schwach; aber bald kam sie wieder zu Kraͤften, und befand sich nun nichts schlimmer; im Gegentheil hatte man sie im Laufen gehindert, so war sie um ein Großes kraͤnker. War sie nun zu sich selbst gekommen, so hatte sie nicht die geringste Erinnerung von dem, was sich waͤhrend ihres Schlafs zugetragen hatte«.

Die Heilung von ihrem Uebel ist in der That sonderbar, und hat viel Aehnlichkeit mit den albernen prophetischen Curen der magnetisirten bremischen Frauenzimmer, ob sie gleich nicht manipulirt worden war. Einige Zeit vor dem Ende ihrer Krankheit traͤumte sie, wie sie erzaͤhlte, das Wasser eines benachbarten Brunnens, genannt Tropfbrunnen, werde sie heilen. Sie trinkt waͤhrend des Paroxismus und außer demselben sehr viel davon, konnte es auch im Paroxismus genau von anderm Wasser unterscheiden. Vor ihrem letzten Paroxismus sagte sie: nun habe sie noch drey Spruͤnge zu thun, und dann wollte sie nie wieder springen oder laufen. Dies geschah auch wirklich, und jetzt ist sie vollkommen gesund.« Ein auffallender Beweis von der Heilkraft der menschlichen Einbildungen.


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[11/0011] ten Orte in der Nachbarschaft, und mit voͤllig verschlossenen Augen. Wenn sie erwachte, fuͤhlte sie sich sehr schwach; aber bald kam sie wieder zu Kraͤften, und befand sich nun nichts schlimmer; im Gegentheil hatte man sie im Laufen gehindert, so war sie um ein Großes kraͤnker. War sie nun zu sich selbst gekommen, so hatte sie nicht die geringste Erinnerung von dem, was sich waͤhrend ihres Schlafs zugetragen hatte«. Die Heilung von ihrem Uebel ist in der That sonderbar, und hat viel Aehnlichkeit mit den albernen prophetischen Curen der magnetisirten bremischen Frauenzimmer, ob sie gleich nicht manipulirt worden war. Einige Zeit vor dem Ende ihrer Krankheit traͤumte sie, wie sie erzaͤhlte, das Wasser eines benachbarten Brunnens, genannt Tropfbrunnen, werde sie heilen. Sie trinkt waͤhrend des Paroxismus und außer demselben sehr viel davon, konnte es auch im Paroxismus genau von anderm Wasser unterscheiden. Vor ihrem letzten Paroxismus sagte sie: nun habe sie noch drey Spruͤnge zu thun, und dann wollte sie nie wieder springen oder laufen. Dies geschah auch wirklich, und jetzt ist sie vollkommen gesund.« Ein auffallender Beweis von der Heilkraft der menschlichen Einbildungen. Erfahrungen und Phaͤnomene von der Art, wie S. 103. angefuͤhrt worden, giebt es mehrere. Jch erinnere mich sehr deutlich aus meiner Jugend,

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/11>, abgerufen am 27.04.2024.