Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite


ihn zu retten. Jch verließ ihn, sobald er gestorben war, ohne zu wissen, wer er seyn mögte; aber Jhr Name, den er bis auf den letzten Seufzer aussprach, prägte sich meinem Gedächtnisse tief ein, und ich habe mich dessen sogleich wieder erinnert, sobald Sie mir ihn sagten". Eine solche Erzählung konnte nicht geschehen, ohne daß sie vielmal durch Thränen des unglücklichen Weibes unterbrochen wurde, und der Fremde gerieth ins größte Erstaunen, da sie ihm die geträumten Umstände von dem Ende ihres Mannes mit vollkommener Deutlichkeit beschrieb. Er erkannte den Bach, die Bäume, seine Stellung und die Lage des Sterbenden, sogar seine Züge selbst waren so ähnlich, daß er sie nicht verkennen konnte*) .


*) S. Allgem. Magaz. der Natur, Kunst und Wissenschaften 8ter Theil.


ihn zu retten. Jch verließ ihn, sobald er gestorben war, ohne zu wissen, wer er seyn moͤgte; aber Jhr Name, den er bis auf den letzten Seufzer aussprach, praͤgte sich meinem Gedaͤchtnisse tief ein, und ich habe mich dessen sogleich wieder erinnert, sobald Sie mir ihn sagten«. Eine solche Erzaͤhlung konnte nicht geschehen, ohne daß sie vielmal durch Thraͤnen des ungluͤcklichen Weibes unterbrochen wurde, und der Fremde gerieth ins groͤßte Erstaunen, da sie ihm die getraͤumten Umstaͤnde von dem Ende ihres Mannes mit vollkommener Deutlichkeit beschrieb. Er erkannte den Bach, die Baͤume, seine Stellung und die Lage des Sterbenden, sogar seine Zuͤge selbst waren so aͤhnlich, daß er sie nicht verkennen konnte*) .


*) S. Allgem. Magaz. der Natur, Kunst und Wissenschaften 8ter Theil.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0022" n="22"/><lb/>
ihn zu retten. Jch verließ ihn, sobald er gestorben war,                   ohne zu wissen, wer er seyn mo&#x0364;gte; aber Jhr Name, den er bis auf den letzten                   Seufzer aussprach, pra&#x0364;gte sich meinem Geda&#x0364;chtnisse tief ein, und ich habe mich                   dessen sogleich wieder erinnert, sobald Sie mir ihn sagten«. Eine solche Erza&#x0364;hlung                   konnte nicht geschehen, ohne daß sie vielmal durch Thra&#x0364;nen des unglu&#x0364;cklichen                   Weibes unterbrochen wurde, und der Fremde gerieth ins gro&#x0364;ßte Erstaunen, da sie ihm                   die getra&#x0364;umten Umsta&#x0364;nde von dem Ende ihres Mannes mit vollkommener Deutlichkeit                   beschrieb. Er erkannte den Bach, die Ba&#x0364;ume, seine Stellung und die Lage des                   Sterbenden, sogar seine Zu&#x0364;ge selbst waren so a&#x0364;hnlich, daß er sie nicht verkennen                   konnte*) <note place="foot">*) S. Allgem. Magaz. der Natur, Kunst und                      Wissenschaften 8ter Theil.</note>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0022] ihn zu retten. Jch verließ ihn, sobald er gestorben war, ohne zu wissen, wer er seyn moͤgte; aber Jhr Name, den er bis auf den letzten Seufzer aussprach, praͤgte sich meinem Gedaͤchtnisse tief ein, und ich habe mich dessen sogleich wieder erinnert, sobald Sie mir ihn sagten«. Eine solche Erzaͤhlung konnte nicht geschehen, ohne daß sie vielmal durch Thraͤnen des ungluͤcklichen Weibes unterbrochen wurde, und der Fremde gerieth ins groͤßte Erstaunen, da sie ihm die getraͤumten Umstaͤnde von dem Ende ihres Mannes mit vollkommener Deutlichkeit beschrieb. Er erkannte den Bach, die Baͤume, seine Stellung und die Lage des Sterbenden, sogar seine Zuͤge selbst waren so aͤhnlich, daß er sie nicht verkennen konnte*) . *) S. Allgem. Magaz. der Natur, Kunst und Wissenschaften 8ter Theil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/22
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0503_1787/22>, abgerufen am 21.11.2024.