Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 5, St. 3. Berlin, 1787.Eine Aehnlichkeit, wenigstens in Absicht des unwillkührlichen Entstehens, haben hiemit diejenigen Wörter, welche auf einmal -- wodurch? können wir nicht immer wissen -- vermittelst einer schreckhaften und furchtbaren Empfindung auf uns würken, wovon von Seite 85 an im 1ten Stück des 1ten Bandes ein bemerkenswerthes Beyspiel erzählt wird. "Jch hatte mir", sagt Herr Jördens, "niemals eine deutliche Vorstellung davon zu machen gesucht, was das heiße: vom Schlage gerührt zu werden. Ein plözliches Ende des Lebens war alles, was ich mir dachte; der Schall des Worts schien das so mit sich zu bringen. Wie plözlich dies Ende sey, ob etwa mit Schmerz verknüpft, oder nicht, und solcherley mehr, darnach zu fragen, war mir nie eingefallen. Jn den folgenden (spätern) Jahren befand ich mich einstens in einer Gesellschaft, wo hinter einander von mehrern Personen erzählt ward, die vom Schlage getroffen worden. Jch hörte diesen Erzählungen jetzt zum erstenmal mit mehrerer Aufmerksamkeit zu, als bisher geschehen war, und das Bild des Todes brachte Schrecken in mein Herz! Jch ward plözlich unruhig; ich empfand eine gewisse Bangigkeit, die ich sehnlich von mir wünschte. Es ward ein neues Beyspiel erzählt, und ich fühlte eine zitternde Bewegung an meinem Körper. Jede Wiederholung des Wortes Schlag vermehrte meine Unruh und Angst" u.s.w. Diese schreckhaften Empfindun- Eine Aehnlichkeit, wenigstens in Absicht des unwillkuͤhrlichen Entstehens, haben hiemit diejenigen Woͤrter, welche auf einmal — wodurch? koͤnnen wir nicht immer wissen — vermittelst einer schreckhaften und furchtbaren Empfindung auf uns wuͤrken, wovon von Seite 85 an im 1ten Stuͤck des 1ten Bandes ein bemerkenswerthes Beyspiel erzaͤhlt wird. »Jch hatte mir«, sagt Herr Joͤrdens, »niemals eine deutliche Vorstellung davon zu machen gesucht, was das heiße: vom Schlage geruͤhrt zu werden. Ein ploͤzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir dachte; der Schall des Worts schien das so mit sich zu bringen. Wie ploͤzlich dies Ende sey, ob etwa mit Schmerz verknuͤpft, oder nicht, und solcherley mehr, darnach zu fragen, war mir nie eingefallen. Jn den folgenden (spaͤtern) Jahren befand ich mich einstens in einer Gesellschaft, wo hinter einander von mehrern Personen erzaͤhlt ward, die vom Schlage getroffen worden. Jch hoͤrte diesen Erzaͤhlungen jetzt zum erstenmal mit mehrerer Aufmerksamkeit zu, als bisher geschehen war, und das Bild des Todes brachte Schrecken in mein Herz! Jch ward ploͤzlich unruhig; ich empfand eine gewisse Bangigkeit, die ich sehnlich von mir wuͤnschte. Es ward ein neues Beyspiel erzaͤhlt, und ich fuͤhlte eine zitternde Bewegung an meinem Koͤrper. Jede Wiederholung des Wortes Schlag vermehrte meine Unruh und Angst« u.s.w. Diese schreckhaften Empfindun- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0004" n="4"/><lb/> <p>Eine Aehnlichkeit, wenigstens in Absicht des unwillkuͤhrlichen Entstehens, haben hiemit diejenigen Woͤrter, welche auf einmal — wodurch? koͤnnen wir nicht immer wissen — vermittelst einer <hi rendition="#b">schreckhaften</hi> und <hi rendition="#b">furchtbaren</hi> Empfindung auf uns wuͤrken, wovon von Seite 85 an im 1ten Stuͤck des 1ten Bandes ein bemerkenswerthes Beyspiel erzaͤhlt wird. »Jch hatte mir«, sagt Herr <hi rendition="#b">Joͤrdens,</hi> »niemals eine deutliche Vorstellung davon zu machen gesucht, was das heiße: <hi rendition="#b">vom Schlage geruͤhrt zu werden.</hi> Ein ploͤzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir dachte; der Schall des Worts schien das so mit sich zu bringen. Wie ploͤzlich dies Ende sey, ob etwa mit Schmerz verknuͤpft, oder nicht, und solcherley mehr, darnach zu fragen, war mir nie eingefallen. Jn den folgenden (spaͤtern) Jahren befand ich mich einstens in einer Gesellschaft, wo hinter einander von mehrern Personen erzaͤhlt ward, die vom Schlage getroffen worden. Jch hoͤrte diesen Erzaͤhlungen jetzt zum erstenmal mit mehrerer Aufmerksamkeit zu, als bisher geschehen war, und das Bild des Todes brachte Schrecken in mein Herz! Jch ward ploͤzlich unruhig; ich empfand eine gewisse Bangigkeit, die ich sehnlich von mir wuͤnschte. Es ward ein neues Beyspiel erzaͤhlt, und ich fuͤhlte eine zitternde Bewegung an meinem Koͤrper. Jede Wiederholung des Wortes <hi rendition="#b">Schlag</hi> vermehrte meine Unruh und Angst« u.s.w. Diese schreckhaften Empfindun-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Eine Aehnlichkeit, wenigstens in Absicht des unwillkuͤhrlichen Entstehens, haben hiemit diejenigen Woͤrter, welche auf einmal — wodurch? koͤnnen wir nicht immer wissen — vermittelst einer schreckhaften und furchtbaren Empfindung auf uns wuͤrken, wovon von Seite 85 an im 1ten Stuͤck des 1ten Bandes ein bemerkenswerthes Beyspiel erzaͤhlt wird. »Jch hatte mir«, sagt Herr Joͤrdens, »niemals eine deutliche Vorstellung davon zu machen gesucht, was das heiße: vom Schlage geruͤhrt zu werden. Ein ploͤzliches Ende des Lebens war alles, was ich mir dachte; der Schall des Worts schien das so mit sich zu bringen. Wie ploͤzlich dies Ende sey, ob etwa mit Schmerz verknuͤpft, oder nicht, und solcherley mehr, darnach zu fragen, war mir nie eingefallen. Jn den folgenden (spaͤtern) Jahren befand ich mich einstens in einer Gesellschaft, wo hinter einander von mehrern Personen erzaͤhlt ward, die vom Schlage getroffen worden. Jch hoͤrte diesen Erzaͤhlungen jetzt zum erstenmal mit mehrerer Aufmerksamkeit zu, als bisher geschehen war, und das Bild des Todes brachte Schrecken in mein Herz! Jch ward ploͤzlich unruhig; ich empfand eine gewisse Bangigkeit, die ich sehnlich von mir wuͤnschte. Es ward ein neues Beyspiel erzaͤhlt, und ich fuͤhlte eine zitternde Bewegung an meinem Koͤrper. Jede Wiederholung des Wortes Schlag vermehrte meine Unruh und Angst« u.s.w. Diese schreckhaften Empfindun-
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