Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 1. Berlin, 1788.
Jm siebenten Kapitel redet er von seinen Leibesübungen folgendergestalt. "Vom Anfang an habe
Jm siebenten Kapitel redet er von seinen Leibesuͤbungen folgendergestalt. »Vom Anfang an habe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p> <hi rendition="#b"><pb facs="#f0110" n="108"/><lb/> gen, indem ich glaubte, daß das Vergnuͤgen in dem vorhergestillten Schmerz bestehe, und daß, wenn derselbe willkuͤrlich sey, er auch leicht gestillt werden koͤnne, und da ich an mir wahrnehme, daß ich niemals vom Schmerz ganz frey seyn kann: so entsteht, wenn dies einmal geschieht, ein so beschwerlicher Gemuͤthsdrang in mir, der nicht heftiger seyn kann, so daß der Schmerz, oder eine Ursach des Schmerzes, vorausgesetzt, daß sie nicht schaͤndlich und gefahrvoll ist, lange nicht so schlimm ist, als jener Drang, den ich im schmerzenlosen Zustande empfinde. Daher habe ich nun Mittel, mich selbst zu quaͤlen, erfunden. Jch beisse mich naͤmlich in die Lippe, ich zerstosse die Finger, kneife mich in die Haut und in den linken Armmuskel, bis ich zu weinen anfange, vermoͤge welcher Mittel ich noch ohne Schaden fortlebe. Jch habe eine natuͤrliche Furcht vor hohen Oertern, wenn sie auch noch so breit sind, und vor solchen, wo ich wegen der tollen Hundskrankheit Verdacht habe. Bisweilen habe ich auch an der heroischen Liebe krank gelegen, so daß ich mich selbst umzubringen gedachte; aber ich vermuthe, daß dies auch andern begegnet sey, ob sie es gleich nicht in Buͤchern aufzeichnen.«</hi> </p> <p>Jm siebenten Kapitel redet er von seinen Leibesuͤbungen folgendergestalt. »Vom Anfang an habe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0110]
gen, indem ich glaubte, daß das Vergnuͤgen in dem vorhergestillten Schmerz bestehe, und daß, wenn derselbe willkuͤrlich sey, er auch leicht gestillt werden koͤnne, und da ich an mir wahrnehme, daß ich niemals vom Schmerz ganz frey seyn kann: so entsteht, wenn dies einmal geschieht, ein so beschwerlicher Gemuͤthsdrang in mir, der nicht heftiger seyn kann, so daß der Schmerz, oder eine Ursach des Schmerzes, vorausgesetzt, daß sie nicht schaͤndlich und gefahrvoll ist, lange nicht so schlimm ist, als jener Drang, den ich im schmerzenlosen Zustande empfinde. Daher habe ich nun Mittel, mich selbst zu quaͤlen, erfunden. Jch beisse mich naͤmlich in die Lippe, ich zerstosse die Finger, kneife mich in die Haut und in den linken Armmuskel, bis ich zu weinen anfange, vermoͤge welcher Mittel ich noch ohne Schaden fortlebe. Jch habe eine natuͤrliche Furcht vor hohen Oertern, wenn sie auch noch so breit sind, und vor solchen, wo ich wegen der tollen Hundskrankheit Verdacht habe. Bisweilen habe ich auch an der heroischen Liebe krank gelegen, so daß ich mich selbst umzubringen gedachte; aber ich vermuthe, daß dies auch andern begegnet sey, ob sie es gleich nicht in Buͤchern aufzeichnen.«
Jm siebenten Kapitel redet er von seinen Leibesuͤbungen folgendergestalt. »Vom Anfang an habe
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