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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

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recht auszeichnende und glänzende Art ausüben und zeigen wollte; doch lag mir an dem Fecisse beinahe mehr. Der Umgang mit kleinen Kindern war mir mehrentheils zu fad, und ein Erwachsner, der mich in eine ernsthafte Unterredung zog, erwarb sich dadurch meine ganze Zuneigung. Jede eigentlich kindische Behandlung, die manchmal captatio benevolentiae seyn sollte, würkte grade das Gegentheil; ich fühlte mich gedemüthigt. Es war mir fast immer ärgerlich, wenn ich aus der Gesellschaft der Erwachsnen unter die Kinder verwiesen wurde.


Wie kommt's, daß mich in Wissenschaften, die ich eigentlich studire, nicht bloß im Vorbeigehn ansehe, beinahe nichts, was ich gearbeitet vorfinde, nur zur Hälfte befriedigt, daß mir's, wenn's Andre noch so gut finden, doch das Rechte nicht ist, und ich immer eine -- oft nur dunkle, aber äusserst lebhafte -- Ahndung von etwas Besserm fühle, die mir den Genuß dessen, was da ist, zur Hälfte verdirbt, und macht, daß ich's auch nicht so fortpflanze und brauche, wie es wohl gut wäre. Wo es dann geschehen muß, weil ich nichts Beßres weiß und habe, da geschieht's doch mit Widerwillen und Unlust, deren unzeitigen Ausbruch ich oft gewaltsam hemmen muß. Jst das Seelenkrankheit, oder was sonst?




recht auszeichnende und glaͤnzende Art ausuͤben und zeigen wollte; doch lag mir an dem Fecisse beinahe mehr. Der Umgang mit kleinen Kindern war mir mehrentheils zu fad, und ein Erwachsner, der mich in eine ernsthafte Unterredung zog, erwarb sich dadurch meine ganze Zuneigung. Jede eigentlich kindische Behandlung, die manchmal captatio benevolentiae seyn sollte, wuͤrkte grade das Gegentheil; ich fuͤhlte mich gedemuͤthigt. Es war mir fast immer aͤrgerlich, wenn ich aus der Gesellschaft der Erwachsnen unter die Kinder verwiesen wurde.


Wie kommt's, daß mich in Wissenschaften, die ich eigentlich studire, nicht bloß im Vorbeigehn ansehe, beinahe nichts, was ich gearbeitet vorfinde, nur zur Haͤlfte befriedigt, daß mir's, wenn's Andre noch so gut finden, doch das Rechte nicht ist, und ich immer eine — oft nur dunkle, aber aͤusserst lebhafte — Ahndung von etwas Besserm fuͤhle, die mir den Genuß dessen, was da ist, zur Haͤlfte verdirbt, und macht, daß ich's auch nicht so fortpflanze und brauche, wie es wohl gut waͤre. Wo es dann geschehen muß, weil ich nichts Beßres weiß und habe, da geschieht's doch mit Widerwillen und Unlust, deren unzeitigen Ausbruch ich oft gewaltsam hemmen muß. Jst das Seelenkrankheit, oder was sonst?



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[59/0059] recht auszeichnende und glaͤnzende Art ausuͤben und zeigen wollte; doch lag mir an dem Fecisse beinahe mehr. Der Umgang mit kleinen Kindern war mir mehrentheils zu fad, und ein Erwachsner, der mich in eine ernsthafte Unterredung zog, erwarb sich dadurch meine ganze Zuneigung. Jede eigentlich kindische Behandlung, die manchmal captatio benevolentiae seyn sollte, wuͤrkte grade das Gegentheil; ich fuͤhlte mich gedemuͤthigt. Es war mir fast immer aͤrgerlich, wenn ich aus der Gesellschaft der Erwachsnen unter die Kinder verwiesen wurde. Wie kommt's, daß mich in Wissenschaften, die ich eigentlich studire, nicht bloß im Vorbeigehn ansehe, beinahe nichts, was ich gearbeitet vorfinde, nur zur Haͤlfte befriedigt, daß mir's, wenn's Andre noch so gut finden, doch das Rechte nicht ist, und ich immer eine — oft nur dunkle, aber aͤusserst lebhafte — Ahndung von etwas Besserm fuͤhle, die mir den Genuß dessen, was da ist, zur Haͤlfte verdirbt, und macht, daß ich's auch nicht so fortpflanze und brauche, wie es wohl gut waͤre. Wo es dann geschehen muß, weil ich nichts Beßres weiß und habe, da geschieht's doch mit Widerwillen und Unlust, deren unzeitigen Ausbruch ich oft gewaltsam hemmen muß. Jst das Seelenkrankheit, oder was sonst?

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/59>, abgerufen am 23.11.2024.