Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0063" n="63"/><lb/> daß eine Frau alle die Schrecken des Erdbebens im Schlaf voraussah, und sie anzeigte, ihre Phantasie nicht erhitzt war, wie sie dies that, man auch gar nicht weiß, wie durch Jdeenassociation die Vorstellungen grade jetzt in ihr erregt werden konnten, und sie doch alles vorher sah, und vorher verkuͤndigte, das bleibt mir ein unerklaͤrliches Phaͤnomen. Sonderbar aber ist's, daß der groͤßte Theil aͤhnlicher Entdeckungen fast immer an Weibern gemacht wird, aber es fast immer alte abgelebte Menschen, oder von zerruͤttetem Nervensystem sind, bei denen wir diese Kraͤfte bemerken. Komme diese Kraft woher <choice><corr>sie</corr><sic>sir</sic></choice> wolle, folgende Geschichte ist unlaͤugbar wahr. (Jch habe verschiedene Zeugen davon gesprochen, und die Erzaͤhlung steht selbst ungefaͤhr eben so in der Beschreibung des Erdbebens von der <choice><corr>Akademie</corr><sic>Akadamie</sic></choice>). <hi rendition="#b">Donna Lukrezia Ruffo,</hi> eine siebenzigjaͤhrige Frau, sah im Schlaf eine Nacht zuvor alle Schrecken des Erdbebens (1783), und ward dadurch so erschuͤttert, daß sie mit einem heftigen Klaggeschrei erwachte. Jhre Familie, aus dem Schlaf gestoͤrt, eilte furchtvoll zu ihr hin, und wie sie ihr die Ursache erzaͤhlte, und besonders eine genaue Beschreibung von der Seerevolution gab, ward sie verlacht. Jhr Schwiegersohn war hernach einer von denen, der sehr vom Meere gemißhandelt, verschlungen und wieder ausgeworfen ward, dann sich in eine Menge Netze verwickelte, und beinah so auf die traurigste Art erstickte.« So weit der Reisebeschreiber.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [63/0063]
daß eine Frau alle die Schrecken des Erdbebens im Schlaf voraussah, und sie anzeigte, ihre Phantasie nicht erhitzt war, wie sie dies that, man auch gar nicht weiß, wie durch Jdeenassociation die Vorstellungen grade jetzt in ihr erregt werden konnten, und sie doch alles vorher sah, und vorher verkuͤndigte, das bleibt mir ein unerklaͤrliches Phaͤnomen. Sonderbar aber ist's, daß der groͤßte Theil aͤhnlicher Entdeckungen fast immer an Weibern gemacht wird, aber es fast immer alte abgelebte Menschen, oder von zerruͤttetem Nervensystem sind, bei denen wir diese Kraͤfte bemerken. Komme diese Kraft woher sie wolle, folgende Geschichte ist unlaͤugbar wahr. (Jch habe verschiedene Zeugen davon gesprochen, und die Erzaͤhlung steht selbst ungefaͤhr eben so in der Beschreibung des Erdbebens von der Akademie). Donna Lukrezia Ruffo, eine siebenzigjaͤhrige Frau, sah im Schlaf eine Nacht zuvor alle Schrecken des Erdbebens (1783), und ward dadurch so erschuͤttert, daß sie mit einem heftigen Klaggeschrei erwachte. Jhre Familie, aus dem Schlaf gestoͤrt, eilte furchtvoll zu ihr hin, und wie sie ihr die Ursache erzaͤhlte, und besonders eine genaue Beschreibung von der Seerevolution gab, ward sie verlacht. Jhr Schwiegersohn war hernach einer von denen, der sehr vom Meere gemißhandelt, verschlungen und wieder ausgeworfen ward, dann sich in eine Menge Netze verwickelte, und beinah so auf die traurigste Art erstickte.« So weit der Reisebeschreiber.
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