Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


derbarsten Empfindungen und Vorstellungen in der Seele veranlaßt, die man freilich in keiner Sprache ausdrücken kann, weil es nur vorübergehende verworrene Sensationen sind. Die Bänglichkeit entstand aus der Lage des Körpers, indem das Blut sich nach dem Gehirn hindrängte, und jene Bilder erzeugen half, wie aus dem Zusatze des Herrn Verfassers selbst erhellet, daß er diese feindseligen Bilder oft nachher dadurch zu verbannen wußte, wenn er sich nur schnell im Bette aufrichtete (wodurch das Blut wieder vom Kopfe herabgeleitet wurde), dann zum Besinnen kam -- u.s.w.

Zur nähern Erklärung jener Phänomene muß man auch noch die vom Herrn Verfasser selbst erzählten Umstände hinzunehmen, "daß er überhaupt etwas kränklich und engbrüstig war, daß er eine schlechte Diät beobachtete, des Abends gemeiniglich viel Kartoffeln aß u.s.w. Es ist bekannt, welche schwermüthige Träume ein überladener Magen verursachen kann. Von einer Unordnung in seinem feinen Nervensystem kamen dann auch wohl jene sonderbaren Gefühlsvorstellungen her, indem ihm oft, wenn er zu Bette war, alles, was er anfühlte, eine ganz rauhe und höckrigte Oberfläche zu haben schien. Es sey das unausstehlichste Gefühl gewesen, welches ihn oft vermogt habe, die Finger zusammen zu knebeln, um nicht die Bettdecke oder sich selbst mit den Fingerspitzen zu berühren" (wo sich bekannt-


derbarsten Empfindungen und Vorstellungen in der Seele veranlaßt, die man freilich in keiner Sprache ausdruͤcken kann, weil es nur voruͤbergehende verworrene Sensationen sind. Die Baͤnglichkeit entstand aus der Lage des Koͤrpers, indem das Blut sich nach dem Gehirn hindraͤngte, und jene Bilder erzeugen half, wie aus dem Zusatze des Herrn Verfassers selbst erhellet, daß er diese feindseligen Bilder oft nachher dadurch zu verbannen wußte, wenn er sich nur schnell im Bette aufrichtete (wodurch das Blut wieder vom Kopfe herabgeleitet wurde), dann zum Besinnen kam — u.s.w.

Zur naͤhern Erklaͤrung jener Phaͤnomene muß man auch noch die vom Herrn Verfasser selbst erzaͤhlten Umstaͤnde hinzunehmen, »daß er uͤberhaupt etwas kraͤnklich und engbruͤstig war, daß er eine schlechte Diaͤt beobachtete, des Abends gemeiniglich viel Kartoffeln aß u.s.w. Es ist bekannt, welche schwermuͤthige Traͤume ein uͤberladener Magen verursachen kann. Von einer Unordnung in seinem feinen Nervensystem kamen dann auch wohl jene sonderbaren Gefuͤhlsvorstellungen her, indem ihm oft, wenn er zu Bette war, alles, was er anfuͤhlte, eine ganz rauhe und hoͤckrigte Oberflaͤche zu haben schien. Es sey das unausstehlichste Gefuͤhl gewesen, welches ihn oft vermogt habe, die Finger zusammen zu knebeln, um nicht die Bettdecke oder sich selbst mit den Fingerspitzen zu beruͤhren« (wo sich bekannt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0009" n="9"/><lb/>
derbarsten                         Empfindungen und Vorstellungen in der Seele veranlaßt, die man freilich in                         keiner Sprache ausdru&#x0364;cken kann, weil es nur voru&#x0364;bergehende verworrene                         Sensationen sind. Die Ba&#x0364;nglichkeit entstand aus der Lage des Ko&#x0364;rpers, indem                         das Blut sich nach dem Gehirn hindra&#x0364;ngte, und jene Bilder erzeugen half, wie                         aus dem Zusatze des Herrn Verfassers selbst erhellet, daß er diese                         feindseligen Bilder oft nachher dadurch zu verbannen wußte, wenn er sich nur                         schnell im Bette <hi rendition="#b">aufrichtete</hi> (wodurch das Blut                         wieder vom Kopfe herabgeleitet wurde), dann zum Besinnen kam &#x2014; u.s.w.</p>
          <p>Zur na&#x0364;hern Erkla&#x0364;rung jener Pha&#x0364;nomene muß man auch noch die vom Herrn                         Verfasser selbst erza&#x0364;hlten Umsta&#x0364;nde hinzunehmen, »daß er u&#x0364;berhaupt etwas                         kra&#x0364;nklich und engbru&#x0364;stig war, daß er eine schlechte Dia&#x0364;t beobachtete, des                         Abends gemeiniglich viel Kartoffeln aß u.s.w. Es ist bekannt, welche                         schwermu&#x0364;thige Tra&#x0364;ume ein u&#x0364;berladener Magen verursachen kann. Von einer                         Unordnung in seinem feinen Nervensystem kamen dann auch wohl jene                         sonderbaren <hi rendition="#b">Gefu&#x0364;hlsvorstellungen</hi> her, indem ihm                         oft, wenn er zu Bette war, alles, was er anfu&#x0364;hlte, eine ganz rauhe und                         ho&#x0364;ckrigte Oberfla&#x0364;che zu haben schien. Es sey das unausstehlichste Gefu&#x0364;hl                         gewesen, welches ihn oft vermogt habe, die Finger zusammen zu knebeln, um                         nicht die Bettdecke oder sich selbst mit den Fingerspitzen zu beru&#x0364;hren« (wo                         sich bekannt-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0009] derbarsten Empfindungen und Vorstellungen in der Seele veranlaßt, die man freilich in keiner Sprache ausdruͤcken kann, weil es nur voruͤbergehende verworrene Sensationen sind. Die Baͤnglichkeit entstand aus der Lage des Koͤrpers, indem das Blut sich nach dem Gehirn hindraͤngte, und jene Bilder erzeugen half, wie aus dem Zusatze des Herrn Verfassers selbst erhellet, daß er diese feindseligen Bilder oft nachher dadurch zu verbannen wußte, wenn er sich nur schnell im Bette aufrichtete (wodurch das Blut wieder vom Kopfe herabgeleitet wurde), dann zum Besinnen kam — u.s.w. Zur naͤhern Erklaͤrung jener Phaͤnomene muß man auch noch die vom Herrn Verfasser selbst erzaͤhlten Umstaͤnde hinzunehmen, »daß er uͤberhaupt etwas kraͤnklich und engbruͤstig war, daß er eine schlechte Diaͤt beobachtete, des Abends gemeiniglich viel Kartoffeln aß u.s.w. Es ist bekannt, welche schwermuͤthige Traͤume ein uͤberladener Magen verursachen kann. Von einer Unordnung in seinem feinen Nervensystem kamen dann auch wohl jene sonderbaren Gefuͤhlsvorstellungen her, indem ihm oft, wenn er zu Bette war, alles, was er anfuͤhlte, eine ganz rauhe und hoͤckrigte Oberflaͤche zu haben schien. Es sey das unausstehlichste Gefuͤhl gewesen, welches ihn oft vermogt habe, die Finger zusammen zu knebeln, um nicht die Bettdecke oder sich selbst mit den Fingerspitzen zu beruͤhren« (wo sich bekannt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/9
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 2. Berlin, 1788, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0602_1788/9>, abgerufen am 21.11.2024.