Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite


Verwirrung der Gedanken einen besondern Fehler der Sprache an ihm. Er sprach zwar leicht und fließend; brauchte aber ganz ungewöhnliche selbgemachte Worte, die kein Mensch verstand. Die Anzahl dieser Worte ist nicht groß, aber sie werden oft nach einander wiederhohlt. Bisweilen gehen einige verlohren, und werden mit neuen ersezt. Auch spricht er Zahlen aus, wenn er schnell reden will. Gewöhnliche Worte braucht er mehrentheils in der rechten Bedeutung. Er weiß, daß er unverständlich spricht. Schreiben und Reden ist gleich unrichtig. Er kann seinen Namen nicht richtig schreiben. Schreibt er; so kommen eben solche neugemachte sinnlose Worte aufs Papier, als er ausspricht. Auch kann er nicht lesen, ob gleich mehr sinnliche Gegenstände die gehörigen Begriffe in ihm erwecken.

Noch ein anderes Beispiel dieser Art.

Ein Schulmann erkannte nach einer starken Apoplexie zwar Buchstaben und Worte, aber wenn er sie aussprechen wollte; so kamen ihm immer andere in den Mund, so groß auch sein Bestreben war, seinen Vorstellungen gemäß zu sprechen.


Die Seite 26 (3tes Stük 4ten Bandes) erzählte Genesungsgeschichte betraf doch wohl nichts anders als eine körperliche Krankheit.




Verwirrung der Gedanken einen besondern Fehler der Sprache an ihm. Er sprach zwar leicht und fließend; brauchte aber ganz ungewoͤhnliche selbgemachte Worte, die kein Mensch verstand. Die Anzahl dieser Worte ist nicht groß, aber sie werden oft nach einander wiederhohlt. Bisweilen gehen einige verlohren, und werden mit neuen ersezt. Auch spricht er Zahlen aus, wenn er schnell reden will. Gewoͤhnliche Worte braucht er mehrentheils in der rechten Bedeutung. Er weiß, daß er unverstaͤndlich spricht. Schreiben und Reden ist gleich unrichtig. Er kann seinen Namen nicht richtig schreiben. Schreibt er; so kommen eben solche neugemachte sinnlose Worte aufs Papier, als er ausspricht. Auch kann er nicht lesen, ob gleich mehr sinnliche Gegenstaͤnde die gehoͤrigen Begriffe in ihm erwecken.

Noch ein anderes Beispiel dieser Art.

Ein Schulmann erkannte nach einer starken Apoplexie zwar Buchstaben und Worte, aber wenn er sie aussprechen wollte; so kamen ihm immer andere in den Mund, so groß auch sein Bestreben war, seinen Vorstellungen gemaͤß zu sprechen.


Die Seite 26 (3tes Stuͤk 4ten Bandes) erzaͤhlte Genesungsgeschichte betraf doch wohl nichts anders als eine koͤrperliche Krankheit.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0018" n="18"/><lb/>
Verwirrung der Gedanken einen besondern Fehler der Sprache an                         ihm. Er sprach zwar leicht und fließend; brauchte aber ganz ungewo&#x0364;hnliche                         selbgemachte Worte, die kein Mensch verstand. Die Anzahl dieser Worte ist                         nicht groß, aber sie werden oft nach einander wiederhohlt. Bisweilen gehen                         einige verlohren, und werden mit neuen ersezt. Auch spricht er Zahlen aus,                         wenn er schnell reden will. Gewo&#x0364;hnliche Worte braucht er mehrentheils in der                         rechten Bedeutung. Er weiß, daß er unversta&#x0364;ndlich spricht. Schreiben und                         Reden ist gleich unrichtig. Er kann seinen Namen nicht richtig schreiben.                         Schreibt er; so kommen eben solche neugemachte sinnlose Worte aufs Papier,                         als er ausspricht. Auch kann er nicht lesen, ob gleich mehr sinnliche                         Gegensta&#x0364;nde die geho&#x0364;rigen Begriffe in ihm erwecken.</p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Noch ein anderes Beispiel dieser Art.</head><lb/>
            <p>Ein Schulmann erkannte nach einer starken Apoplexie zwar                         Buchstaben und Worte, aber wenn er sie aussprechen wollte; so kamen ihm                         immer andere in den Mund, so groß auch sein Bestreben war, seinen                         Vorstellungen gema&#x0364;ß zu sprechen.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Die Seite 26 (3tes Stu&#x0364;k 4ten Bandes) erza&#x0364;hlte                         Genesungsgeschichte betraf doch wohl nichts anders als eine ko&#x0364;rperliche                         Krankheit.</p>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0018] Verwirrung der Gedanken einen besondern Fehler der Sprache an ihm. Er sprach zwar leicht und fließend; brauchte aber ganz ungewoͤhnliche selbgemachte Worte, die kein Mensch verstand. Die Anzahl dieser Worte ist nicht groß, aber sie werden oft nach einander wiederhohlt. Bisweilen gehen einige verlohren, und werden mit neuen ersezt. Auch spricht er Zahlen aus, wenn er schnell reden will. Gewoͤhnliche Worte braucht er mehrentheils in der rechten Bedeutung. Er weiß, daß er unverstaͤndlich spricht. Schreiben und Reden ist gleich unrichtig. Er kann seinen Namen nicht richtig schreiben. Schreibt er; so kommen eben solche neugemachte sinnlose Worte aufs Papier, als er ausspricht. Auch kann er nicht lesen, ob gleich mehr sinnliche Gegenstaͤnde die gehoͤrigen Begriffe in ihm erwecken. Noch ein anderes Beispiel dieser Art. Ein Schulmann erkannte nach einer starken Apoplexie zwar Buchstaben und Worte, aber wenn er sie aussprechen wollte; so kamen ihm immer andere in den Mund, so groß auch sein Bestreben war, seinen Vorstellungen gemaͤß zu sprechen. Die Seite 26 (3tes Stuͤk 4ten Bandes) erzaͤhlte Genesungsgeschichte betraf doch wohl nichts anders als eine koͤrperliche Krankheit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/18
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/18>, abgerufen am 21.11.2024.