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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.

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barbarischen Aufseher der Zuchthäuser oft mit ihren Züchtlingen umgehen, und wie leicht bei solchen Unmenschlichkeiten mörderische Gedanken in den armen, leidenden, gedrükten Menschen entstehen können.

Als sie in das Zuchthaus gebracht wurde, wurde sie frei hingestellt, mit aufwärts gestrekten und an Händen geschlossenen Armen, da sie denn vom Zuchtmeister, der ihr hinterwärts zur linken stand, zwanzig Streiche mit einer langen neuen Peitsche, die vom Handgrif bis oben ganz biegsam war, bekam. Während des Schlagens schwang sich das oberste Ende der Peitsche gewaltig auf ihre rechte Brust, und verursachte eine so heftige Contusion auf derselben, daß sie gleich aufschwoll, blau, schwarz, gelb und roth wurde, wie die Brüste denn zu werden pflegen, wenn ein Kind davon entwöhnt wird. Während der Geschwulst, sagte sie, habe sie um Hülfe gebeten, man habe es ihr aber abgeschlagen, und sie zur Geduld verwiesen. Wie die Geschwulst nach 8 Tagen etwas nachgelassen, kamen erst die Schmerzen von der Seite in die Brust hinein, als wenn mit Messern darinn geschnitten wurde. Nach 14tägigen erschreklichen Schmerzen habe sich die Brust oben an der linken Seite eröfnet, wo nichts als gelbes Wasser herausgelaufen, wonach Geschwulst, Härte und Flecken vollends vergangen, auch die Schmerzen, die sich etwas gelindert, blieben auch außen, so lange das Auslaufen dauert, wenn aber dieses nachlasse, und die Oefnung zuge-


barbarischen Aufseher der Zuchthaͤuser oft mit ihren Zuͤchtlingen umgehen, und wie leicht bei solchen Unmenschlichkeiten moͤrderische Gedanken in den armen, leidenden, gedruͤkten Menschen entstehen koͤnnen.

Als sie in das Zuchthaus gebracht wurde, wurde sie frei hingestellt, mit aufwaͤrts gestrekten und an Haͤnden geschlossenen Armen, da sie denn vom Zuchtmeister, der ihr hinterwaͤrts zur linken stand, zwanzig Streiche mit einer langen neuen Peitsche, die vom Handgrif bis oben ganz biegsam war, bekam. Waͤhrend des Schlagens schwang sich das oberste Ende der Peitsche gewaltig auf ihre rechte Brust, und verursachte eine so heftige Contusion auf derselben, daß sie gleich aufschwoll, blau, schwarz, gelb und roth wurde, wie die Bruͤste denn zu werden pflegen, wenn ein Kind davon entwoͤhnt wird. Waͤhrend der Geschwulst, sagte sie, habe sie um Huͤlfe gebeten, man habe es ihr aber abgeschlagen, und sie zur Geduld verwiesen. Wie die Geschwulst nach 8 Tagen etwas nachgelassen, kamen erst die Schmerzen von der Seite in die Brust hinein, als wenn mit Messern darinn geschnitten wurde. Nach 14taͤgigen erschreklichen Schmerzen habe sich die Brust oben an der linken Seite eroͤfnet, wo nichts als gelbes Wasser herausgelaufen, wonach Geschwulst, Haͤrte und Flecken vollends vergangen, auch die Schmerzen, die sich etwas gelindert, blieben auch außen, so lange das Auslaufen dauert, wenn aber dieses nachlasse, und die Oefnung zuge-

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[37/0037] barbarischen Aufseher der Zuchthaͤuser oft mit ihren Zuͤchtlingen umgehen, und wie leicht bei solchen Unmenschlichkeiten moͤrderische Gedanken in den armen, leidenden, gedruͤkten Menschen entstehen koͤnnen. Als sie in das Zuchthaus gebracht wurde, wurde sie frei hingestellt, mit aufwaͤrts gestrekten und an Haͤnden geschlossenen Armen, da sie denn vom Zuchtmeister, der ihr hinterwaͤrts zur linken stand, zwanzig Streiche mit einer langen neuen Peitsche, die vom Handgrif bis oben ganz biegsam war, bekam. Waͤhrend des Schlagens schwang sich das oberste Ende der Peitsche gewaltig auf ihre rechte Brust, und verursachte eine so heftige Contusion auf derselben, daß sie gleich aufschwoll, blau, schwarz, gelb und roth wurde, wie die Bruͤste denn zu werden pflegen, wenn ein Kind davon entwoͤhnt wird. Waͤhrend der Geschwulst, sagte sie, habe sie um Huͤlfe gebeten, man habe es ihr aber abgeschlagen, und sie zur Geduld verwiesen. Wie die Geschwulst nach 8 Tagen etwas nachgelassen, kamen erst die Schmerzen von der Seite in die Brust hinein, als wenn mit Messern darinn geschnitten wurde. Nach 14taͤgigen erschreklichen Schmerzen habe sich die Brust oben an der linken Seite eroͤfnet, wo nichts als gelbes Wasser herausgelaufen, wonach Geschwulst, Haͤrte und Flecken vollends vergangen, auch die Schmerzen, die sich etwas gelindert, blieben auch außen, so lange das Auslaufen dauert, wenn aber dieses nachlasse, und die Oefnung zuge-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0603_1788/37>, abgerufen am 30.04.2024.