Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 6, St. 3. Berlin, 1788.Sowol diese Zeugenaussagen, als das nachherige Verhör der Unglücklichen nach Jnquisitionalartikeln beweisen, daß sie nach jener kleinen Uebelthat, aus Furcht wegen des Nachtheils ihres guten Namens, und wegen übler Behandlung ihres Mannes, falls die Geschichte, die kaum verborgen bleiben würde, diesem zu Ohren käme, nachdenkend, ängstlich und tiefsinnig wurde. Aus den Akten erhellet, daß sie gebeichtet, und zwar auf diese Sünde, welches bei Katholiken viel ist, ohne nachherige Beruhigung gebeichtet habe. Sie hat oft gebetet, ohne zu wissen, was sie bete, und trauete sich nicht, es ihrem Manne zu sagen. Ein heftiger Kopfschmerz plagte sie manchmal vierzehn Tage lang, während dessen wuste sie oft nicht, was sie that, sie gab aber vor, immer dabei ihrer bewust gewesen zu seyn. Am 1ten December 1786 erfuhr die Frau mit Gewißheit, daß ihr harter Mann ihren Milchdiebstahl wisse. Oft vorher hatte er ihr gedroht, den Hals umzudrehen, falls sich die Sage davon bestätigen sollte: nun sezte er sie darüber und zwar mit Heftigkeit zur Rede, und behandelte sie mit Schlägen, deren sie sich doch beim Verhör nicht mehr zu erinnern wußte. Auf Befragen: ob und wie oft sie geprügelt sey? antwortete sie: das wisse sie nicht, ihr Sowol diese Zeugenaussagen, als das nachherige Verhoͤr der Ungluͤcklichen nach Jnquisitionalartikeln beweisen, daß sie nach jener kleinen Uebelthat, aus Furcht wegen des Nachtheils ihres guten Namens, und wegen uͤbler Behandlung ihres Mannes, falls die Geschichte, die kaum verborgen bleiben wuͤrde, diesem zu Ohren kaͤme, nachdenkend, aͤngstlich und tiefsinnig wurde. Aus den Akten erhellet, daß sie gebeichtet, und zwar auf diese Suͤnde, welches bei Katholiken viel ist, ohne nachherige Beruhigung gebeichtet habe. Sie hat oft gebetet, ohne zu wissen, was sie bete, und trauete sich nicht, es ihrem Manne zu sagen. Ein heftiger Kopfschmerz plagte sie manchmal vierzehn Tage lang, waͤhrend dessen wuste sie oft nicht, was sie that, sie gab aber vor, immer dabei ihrer bewust gewesen zu seyn. Am 1ten December 1786 erfuhr die Frau mit Gewißheit, daß ihr harter Mann ihren Milchdiebstahl wisse. Oft vorher hatte er ihr gedroht, den Hals umzudrehen, falls sich die Sage davon bestaͤtigen sollte: nun sezte er sie daruͤber und zwar mit Heftigkeit zur Rede, und behandelte sie mit Schlaͤgen, deren sie sich doch beim Verhoͤr nicht mehr zu erinnern wußte. Auf Befragen: ob und wie oft sie gepruͤgelt sey? antwortete sie: das wisse sie nicht, ihr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0048" n="48"/><lb/> <p>Sowol diese Zeugenaussagen, als das nachherige Verhoͤr der Ungluͤcklichen nach Jnquisitionalartikeln beweisen, daß sie nach jener kleinen Uebelthat, aus Furcht wegen des Nachtheils ihres guten Namens, und wegen uͤbler Behandlung ihres Mannes, falls die Geschichte, die kaum verborgen bleiben wuͤrde, diesem zu Ohren kaͤme, nachdenkend, aͤngstlich und tiefsinnig wurde. Aus den Akten erhellet, daß sie gebeichtet, und zwar auf diese Suͤnde, welches bei Katholiken viel ist, ohne nachherige Beruhigung gebeichtet habe. Sie hat oft gebetet, ohne zu wissen, was sie bete, und trauete sich nicht, es ihrem Manne zu sagen. Ein heftiger Kopfschmerz plagte sie manchmal vierzehn Tage lang, waͤhrend dessen wuste sie oft nicht, was sie that, sie gab aber vor, immer dabei ihrer bewust gewesen zu seyn.</p> <p>Am 1ten December 1786 erfuhr die Frau mit Gewißheit, daß ihr harter Mann ihren Milchdiebstahl wisse. Oft vorher hatte er ihr gedroht, den Hals umzudrehen, falls sich die Sage davon bestaͤtigen sollte: nun sezte er sie daruͤber und zwar mit Heftigkeit zur Rede, und behandelte sie mit Schlaͤgen, deren sie sich doch beim Verhoͤr nicht mehr zu erinnern wußte. Auf Befragen: ob und wie oft sie gepruͤgelt sey? antwortete sie: das wisse sie nicht, ihr<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0048]
Sowol diese Zeugenaussagen, als das nachherige Verhoͤr der Ungluͤcklichen nach Jnquisitionalartikeln beweisen, daß sie nach jener kleinen Uebelthat, aus Furcht wegen des Nachtheils ihres guten Namens, und wegen uͤbler Behandlung ihres Mannes, falls die Geschichte, die kaum verborgen bleiben wuͤrde, diesem zu Ohren kaͤme, nachdenkend, aͤngstlich und tiefsinnig wurde. Aus den Akten erhellet, daß sie gebeichtet, und zwar auf diese Suͤnde, welches bei Katholiken viel ist, ohne nachherige Beruhigung gebeichtet habe. Sie hat oft gebetet, ohne zu wissen, was sie bete, und trauete sich nicht, es ihrem Manne zu sagen. Ein heftiger Kopfschmerz plagte sie manchmal vierzehn Tage lang, waͤhrend dessen wuste sie oft nicht, was sie that, sie gab aber vor, immer dabei ihrer bewust gewesen zu seyn.
Am 1ten December 1786 erfuhr die Frau mit Gewißheit, daß ihr harter Mann ihren Milchdiebstahl wisse. Oft vorher hatte er ihr gedroht, den Hals umzudrehen, falls sich die Sage davon bestaͤtigen sollte: nun sezte er sie daruͤber und zwar mit Heftigkeit zur Rede, und behandelte sie mit Schlaͤgen, deren sie sich doch beim Verhoͤr nicht mehr zu erinnern wußte. Auf Befragen: ob und wie oft sie gepruͤgelt sey? antwortete sie: das wisse sie nicht, ihr
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