Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
Das, was nach der Erzählung Wunderbares in dem Traume ist, ist folgendes: die Dame träumt noch an eben dem Abend vom Tode ihres Gemahls, da sie doch einen Brief von seinem Wohlseyn empfangen hat; sie sieht im Traume den Ort, wo er ermordet ist; sie wird auch den Officier gewahr, der ihm beigestanden hat, und erkennt ihn hernach, ohne ihn vorher gesehen zu haben; sie erblikt endlich ganz genau die Art, wie er verwundet wurde, und daß der Officier ihn aus seinem Hute tränkte. Dies Wunderbare verschwindet, so bald man annimmt: daß die Dame die Gegenden alle genau kannte; daß sie Gefahr zu besorgen Ursache hatte; daß endlich auch der Zufall seine Rolle dabei zu spielen nicht unterließ. Dies anzunehmen berechtigt mich die Erzählung selbst. Der Mann schrieb: es hätte nicht das Ansehen, daß er Gefahr laufen würde: also war er in einer gefährlichen Gegend, also kannte die Dame die Art von Gefahr, die zu besorgen war, und auch die Gegend, wo sie zu besorgen war. Der Mann hatte den Abend vorher geschrieben, wo er zulezt gewesen war: hieraus also konnte die Dame leicht berechnen, wo er von da hingekommen, durch welche Wege er dahin gekommen war. Ohne Zweifel
Das, was nach der Erzaͤhlung Wunderbares in dem Traume ist, ist folgendes: die Dame traͤumt noch an eben dem Abend vom Tode ihres Gemahls, da sie doch einen Brief von seinem Wohlseyn empfangen hat; sie sieht im Traume den Ort, wo er ermordet ist; sie wird auch den Officier gewahr, der ihm beigestanden hat, und erkennt ihn hernach, ohne ihn vorher gesehen zu haben; sie erblikt endlich ganz genau die Art, wie er verwundet wurde, und daß der Officier ihn aus seinem Hute traͤnkte. Dies Wunderbare verschwindet, so bald man annimmt: daß die Dame die Gegenden alle genau kannte; daß sie Gefahr zu besorgen Ursache hatte; daß endlich auch der Zufall seine Rolle dabei zu spielen nicht unterließ. Dies anzunehmen berechtigt mich die Erzaͤhlung selbst. Der Mann schrieb: es haͤtte nicht das Ansehen, daß er Gefahr laufen wuͤrde: also war er in einer gefaͤhrlichen Gegend, also kannte die Dame die Art von Gefahr, die zu besorgen war, und auch die Gegend, wo sie zu besorgen war. Der Mann hatte den Abend vorher geschrieben, wo er zulezt gewesen war: hieraus also konnte die Dame leicht berechnen, wo er von da hingekommen, durch welche Wege er dahin gekommen war. Ohne Zweifel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="14"/><lb/> Herrn Professor <hi rendition="#b">Tiedemanns</hi> beifuͤgen, die er von diesem Traume in seinen Untersuchungen uͤber den Menschen Theil <hi rendition="#aq">III</hi>. S. 240 dem Publico mitgetheilt hat:</p> <p>Das, was nach der Erzaͤhlung Wunderbares in dem Traume ist, ist folgendes: die Dame traͤumt noch an eben dem Abend vom Tode ihres Gemahls, da sie doch einen Brief von seinem Wohlseyn empfangen hat; sie sieht im Traume den Ort, wo er ermordet ist; sie wird auch den Officier gewahr, der ihm beigestanden hat, und erkennt ihn hernach, ohne ihn vorher gesehen zu haben; sie erblikt endlich ganz genau die Art, wie er verwundet wurde, und daß der Officier ihn aus seinem Hute traͤnkte. Dies Wunderbare verschwindet, so bald man annimmt: <hi rendition="#b">daß die Dame die Gegenden alle genau kannte; daß sie Gefahr zu besorgen Ursache hatte; daß endlich auch der Zufall seine Rolle dabei zu spielen nicht unterließ.</hi> </p> <p>Dies anzunehmen berechtigt mich die Erzaͤhlung selbst. Der Mann schrieb: es haͤtte nicht das Ansehen, daß er Gefahr laufen wuͤrde: also war er in einer gefaͤhrlichen Gegend, also kannte die Dame die Art von Gefahr, die zu besorgen war, und auch die Gegend, wo sie zu besorgen war. Der Mann hatte den Abend vorher geschrieben, wo er zulezt gewesen war: hieraus also konnte die Dame leicht berechnen, wo er von da hingekommen, durch welche Wege er dahin gekommen war. Ohne Zweifel<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0014]
Herrn Professor Tiedemanns beifuͤgen, die er von diesem Traume in seinen Untersuchungen uͤber den Menschen Theil III. S. 240 dem Publico mitgetheilt hat:
Das, was nach der Erzaͤhlung Wunderbares in dem Traume ist, ist folgendes: die Dame traͤumt noch an eben dem Abend vom Tode ihres Gemahls, da sie doch einen Brief von seinem Wohlseyn empfangen hat; sie sieht im Traume den Ort, wo er ermordet ist; sie wird auch den Officier gewahr, der ihm beigestanden hat, und erkennt ihn hernach, ohne ihn vorher gesehen zu haben; sie erblikt endlich ganz genau die Art, wie er verwundet wurde, und daß der Officier ihn aus seinem Hute traͤnkte. Dies Wunderbare verschwindet, so bald man annimmt: daß die Dame die Gegenden alle genau kannte; daß sie Gefahr zu besorgen Ursache hatte; daß endlich auch der Zufall seine Rolle dabei zu spielen nicht unterließ.
Dies anzunehmen berechtigt mich die Erzaͤhlung selbst. Der Mann schrieb: es haͤtte nicht das Ansehen, daß er Gefahr laufen wuͤrde: also war er in einer gefaͤhrlichen Gegend, also kannte die Dame die Art von Gefahr, die zu besorgen war, und auch die Gegend, wo sie zu besorgen war. Der Mann hatte den Abend vorher geschrieben, wo er zulezt gewesen war: hieraus also konnte die Dame leicht berechnen, wo er von da hingekommen, durch welche Wege er dahin gekommen war. Ohne Zweifel
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien
(2015-06-09T11:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat
(2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-06-09T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |