Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0021" n="21"/><lb/> seiner Zuruͤckkunft aus dem Bade sprach er den portugisischen Minister, — der Koͤnig befahl ihm mit einem heftigen Tone, sich sogleich wegzubegeben! Der erschrockene Envoye eilte nach Hause, und sagte seinem Secretaͤr: wir muͤssen sogleich einpacken, denn wir werden Krieg bekommen! — Der Doctor <hi rendition="#b">Willis,</hi> dessen Sorgfalt der Koͤnig ganz allein anvertraut ist, verdient eine besondere Aufmerksamkeit. Es giebt wenige außerordentlichere und gescheidtere Leute. Schon seit langer Zeit unterhielt er in der Grafschaft Lincoln eine Pensionsanstalt fuͤr vornehme Wahnwitzige. Er besizt ein außerordentliches Ansehn uͤber sie, welches er seiner Festigkeit, seinem kalten Blute und seiner ebenso gebietherischen <choice><corr>Physiognomie</corr><sic>Physionomie</sic></choice>, als sein ganzer Character ist, zu verdanken hat. Da er seine Kranken wie Kinder betrachtet, die ihrer Vernunft nicht maͤchtig sind; so beherrscht er sie durch <hi rendition="#b">Furcht.</hi> Sie wuͤrden boshaft werden, wenn sie wuͤßten, daß sie Furcht erregen koͤnnten; man macht sie aber nachgebend und gehorsam, wenn man immer kaltbluͤtig mit ihnen verfaͤhrt. Doctor <hi rendition="#b">Willis</hi> laͤßt sie zusammen speisen; bisweilen ladet er auch Fremde zu diesen Mahlzeiten ein. Manchmahl ist er freilich auch dem Unwillen seiner Kranken ausgesezt, wenn er ihren Narrheiten nicht nachgeben will. Eines Tages warf waͤhrend der Mahlzeit einer von diesen Tollen sein Messer auf den Doctor mit der Absicht, seine Brust zu durchboren. Der Wurf ging fehl. <hi rendition="#b">Willis,</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0021]
seiner Zuruͤckkunft aus dem Bade sprach er den portugisischen Minister, — der Koͤnig befahl ihm mit einem heftigen Tone, sich sogleich wegzubegeben! Der erschrockene Envoye eilte nach Hause, und sagte seinem Secretaͤr: wir muͤssen sogleich einpacken, denn wir werden Krieg bekommen! — Der Doctor Willis, dessen Sorgfalt der Koͤnig ganz allein anvertraut ist, verdient eine besondere Aufmerksamkeit. Es giebt wenige außerordentlichere und gescheidtere Leute. Schon seit langer Zeit unterhielt er in der Grafschaft Lincoln eine Pensionsanstalt fuͤr vornehme Wahnwitzige. Er besizt ein außerordentliches Ansehn uͤber sie, welches er seiner Festigkeit, seinem kalten Blute und seiner ebenso gebietherischen Physiognomie, als sein ganzer Character ist, zu verdanken hat. Da er seine Kranken wie Kinder betrachtet, die ihrer Vernunft nicht maͤchtig sind; so beherrscht er sie durch Furcht. Sie wuͤrden boshaft werden, wenn sie wuͤßten, daß sie Furcht erregen koͤnnten; man macht sie aber nachgebend und gehorsam, wenn man immer kaltbluͤtig mit ihnen verfaͤhrt. Doctor Willis laͤßt sie zusammen speisen; bisweilen ladet er auch Fremde zu diesen Mahlzeiten ein. Manchmahl ist er freilich auch dem Unwillen seiner Kranken ausgesezt, wenn er ihren Narrheiten nicht nachgeben will. Eines Tages warf waͤhrend der Mahlzeit einer von diesen Tollen sein Messer auf den Doctor mit der Absicht, seine Brust zu durchboren. Der Wurf ging fehl. Willis,
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