Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 2. Berlin, 1789.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0048" n="48"/><lb/> Buͤchern der heiligen Schrift sehr bewandert; applicirte bei einer Menge lehrreicher Gesaͤnge manche Stelle der Schrift und Gleichnisse gut. Jch suchte demnaͤchst den Anfang die Quelle seiner Lasterhaftigkeit auf, und erfuhr, daß er in seinem neunten Jahre zuerst Kohl aus des Nachbaren Garten gestohlen habe, wozu seine Eltern gelaͤchelt haͤtten; habe aber nicht gewust, daß seine Nascherey so unerlaubt sey, ein gewisses Schaudern habe er zwar gefuͤhlt, nur das Laͤcheln der Eltern (die sonst keine Diebe waren) habe ihn leicht wieder beruhiget. Mit dergleichen Buͤbereien habe er nachher kontinnuirt; besonders bei seinen Schulkammeraden, unter denen (gemeinen Standes) dergleichen oft vorgefallen. Wie er aber nachmals bei andern Leuten als Knabe und Knecht gedienet, habe er durch Tausch, Handel auch Entwenden manche Acquisition gemacht und dadurch zur Dieberey immer mehr Neigung bekommen, bis es ihm zur Profession geworden. Seine Liederlichkeit reizte ihn endlich Soldat zu werden, und als solcher wurde er, nachdem er Diebereien wegen mehrmalen gezuͤchtigt worden, (wie mir bekannt war) nach Pohlen geschikt; von da er desertirte, auch in fremden Gegenden mehrmalen aus gefaͤnglicher Haft dem Strange entfloh, bis nun sein Maas voll zu seyn schien. Sein Hang zum Stehlen kontinuirte er, habe sich inzwischen aller Gefahren ohngeachtet dergestalt vermehret, daß ihn selbst das Exempel seines vor einigen Jahren aufgeknuͤpften<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0048]
Buͤchern der heiligen Schrift sehr bewandert; applicirte bei einer Menge lehrreicher Gesaͤnge manche Stelle der Schrift und Gleichnisse gut. Jch suchte demnaͤchst den Anfang die Quelle seiner Lasterhaftigkeit auf, und erfuhr, daß er in seinem neunten Jahre zuerst Kohl aus des Nachbaren Garten gestohlen habe, wozu seine Eltern gelaͤchelt haͤtten; habe aber nicht gewust, daß seine Nascherey so unerlaubt sey, ein gewisses Schaudern habe er zwar gefuͤhlt, nur das Laͤcheln der Eltern (die sonst keine Diebe waren) habe ihn leicht wieder beruhiget. Mit dergleichen Buͤbereien habe er nachher kontinnuirt; besonders bei seinen Schulkammeraden, unter denen (gemeinen Standes) dergleichen oft vorgefallen. Wie er aber nachmals bei andern Leuten als Knabe und Knecht gedienet, habe er durch Tausch, Handel auch Entwenden manche Acquisition gemacht und dadurch zur Dieberey immer mehr Neigung bekommen, bis es ihm zur Profession geworden. Seine Liederlichkeit reizte ihn endlich Soldat zu werden, und als solcher wurde er, nachdem er Diebereien wegen mehrmalen gezuͤchtigt worden, (wie mir bekannt war) nach Pohlen geschikt; von da er desertirte, auch in fremden Gegenden mehrmalen aus gefaͤnglicher Haft dem Strange entfloh, bis nun sein Maas voll zu seyn schien. Sein Hang zum Stehlen kontinuirte er, habe sich inzwischen aller Gefahren ohngeachtet dergestalt vermehret, daß ihn selbst das Exempel seines vor einigen Jahren aufgeknuͤpften
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