Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 7, St. 3. Berlin, 1789.
Der Sohn gieng am Fenster auf und ab; in ihm wechselten jetzt Wehmuth, Anerkennung seiner Schuld, und Ausbrüche der Wuth; bald verklagte er sich selbst vor Gott, daß er eine so schreckliche, ihm nicht zu vergebende That gethan, bald behauptete er, er habe nicht seinen Vater, sondern einen Juden und einen alten Türken umgebracht. Beim gerichtlichen Verhör sagte Rau nach S. 17. der Akten folgendes aus: "er habe den von ihm Ermordeten nicht vor seinen Vater gehalten, und er wisse sich von der Sache weiter nichts zu erinnern, als daß sein Vater ihn früh morgens in die Stube eingelassen, wo er ihn um Brod gebeten, aber zur Antwort erhalten habe, das könne er, der Vater, nicht schaffen. Hierauf habe er den Schlüssel zum Geld seiner Mutter verlangt, um sich davon etwas zu nehmen; und als sein Vater sich dagegen gesetzt, wäre er sogleich seiner Sinne und seines Verstandes beraubt worden, und habe, da sein Vater ein Messer gehabt und auf ihn zugegangen, auch ein Messer ergriffen, was er aber nun damit an sei-
Der Sohn gieng am Fenster auf und ab; in ihm wechselten jetzt Wehmuth, Anerkennung seiner Schuld, und Ausbruͤche der Wuth; bald verklagte er sich selbst vor Gott, daß er eine so schreckliche, ihm nicht zu vergebende That gethan, bald behauptete er, er habe nicht seinen Vater, sondern einen Juden und einen alten Tuͤrken umgebracht. Beim gerichtlichen Verhoͤr sagte Rau nach S. 17. der Akten folgendes aus: »er habe den von ihm Ermordeten nicht vor seinen Vater gehalten, und er wisse sich von der Sache weiter nichts zu erinnern, als daß sein Vater ihn fruͤh morgens in die Stube eingelassen, wo er ihn um Brod gebeten, aber zur Antwort erhalten habe, das koͤnne er, der Vater, nicht schaffen. Hierauf habe er den Schluͤssel zum Geld seiner Mutter verlangt, um sich davon etwas zu nehmen; und als sein Vater sich dagegen gesetzt, waͤre er sogleich seiner Sinne und seines Verstandes beraubt worden, und habe, da sein Vater ein Messer gehabt und auf ihn zugegangen, auch ein Messer ergriffen, was er aber nun damit an sei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0021" n="21"/><lb/> Rau seinen Vater mißhandelte; und da sie an die Hausthuͤre anschlugen, so zog der Sohn, der mit seinem Vater allein im Hause wohnte, die Thuͤre auf, und ließ Nachbarn und die herbeigeholte Wache ein. Der Vater lag auf der Erde in seinem Blute, ermordet von dem Sohne mit 15 Messerstichen und Aufschneidung der Gurgel.</p> <p>Der Sohn gieng am Fenster auf und ab; in ihm wechselten jetzt Wehmuth, Anerkennung seiner Schuld, und Ausbruͤche der Wuth; bald verklagte er sich selbst vor Gott, daß er eine so schreckliche, ihm nicht zu vergebende That gethan, bald behauptete er, er habe nicht seinen Vater, sondern einen Juden und einen alten Tuͤrken umgebracht.</p> <p>Beim gerichtlichen Verhoͤr sagte Rau nach S. 17. der Akten folgendes aus: »er habe den von ihm Ermordeten nicht vor seinen Vater gehalten, und er wisse sich von der Sache weiter nichts zu erinnern, als daß sein Vater ihn fruͤh morgens in die Stube eingelassen, wo er ihn um Brod gebeten, aber zur Antwort erhalten habe, das koͤnne er, der Vater, nicht schaffen.</p> <p>Hierauf habe er den Schluͤssel zum Geld seiner Mutter verlangt, um sich davon etwas zu nehmen; und als sein Vater sich dagegen gesetzt, waͤre er sogleich seiner Sinne und seines Verstandes beraubt worden, und habe, da sein Vater ein Messer gehabt und auf ihn zugegangen, auch ein Messer ergriffen, was er aber nun damit an sei-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [21/0021]
Rau seinen Vater mißhandelte; und da sie an die Hausthuͤre anschlugen, so zog der Sohn, der mit seinem Vater allein im Hause wohnte, die Thuͤre auf, und ließ Nachbarn und die herbeigeholte Wache ein. Der Vater lag auf der Erde in seinem Blute, ermordet von dem Sohne mit 15 Messerstichen und Aufschneidung der Gurgel.
Der Sohn gieng am Fenster auf und ab; in ihm wechselten jetzt Wehmuth, Anerkennung seiner Schuld, und Ausbruͤche der Wuth; bald verklagte er sich selbst vor Gott, daß er eine so schreckliche, ihm nicht zu vergebende That gethan, bald behauptete er, er habe nicht seinen Vater, sondern einen Juden und einen alten Tuͤrken umgebracht.
Beim gerichtlichen Verhoͤr sagte Rau nach S. 17. der Akten folgendes aus: »er habe den von ihm Ermordeten nicht vor seinen Vater gehalten, und er wisse sich von der Sache weiter nichts zu erinnern, als daß sein Vater ihn fruͤh morgens in die Stube eingelassen, wo er ihn um Brod gebeten, aber zur Antwort erhalten habe, das koͤnne er, der Vater, nicht schaffen.
Hierauf habe er den Schluͤssel zum Geld seiner Mutter verlangt, um sich davon etwas zu nehmen; und als sein Vater sich dagegen gesetzt, waͤre er sogleich seiner Sinne und seines Verstandes beraubt worden, und habe, da sein Vater ein Messer gehabt und auf ihn zugegangen, auch ein Messer ergriffen, was er aber nun damit an sei-
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