Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite


sollen, müssen,
u.s.w. auf eine unerträgliche Weise nachschleppen lassen -- und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen, wenn es sich schon in der frühern Jugend oder Kindheit äußert.

Zum Denken gehört vorzüglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschlüpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann.

Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Rücksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. --

Welche unendlich feine Nüancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nützlichen Bemerkungen ist dieß nicht für den Jugendbeobachter!

Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf -- man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn -- dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschlüsse geben.

Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte für die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklären lassen; nur muß man die Resultate nicht zu früh ziehen, und über den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermüden.

Z.



sollen, muͤssen,
u.s.w. auf eine unertraͤgliche Weise nachschleppen lassen — und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen, wenn es sich schon in der fruͤhern Jugend oder Kindheit aͤußert.

Zum Denken gehoͤrt vorzuͤglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschluͤpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann.

Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ruͤcksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. —

Welche unendlich feine Nuͤancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nuͤtzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fuͤr den Jugendbeobachter!

Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf — man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn — dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschluͤsse geben.

Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fuͤr die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklaͤren lassen; nur muß man die Resultate nicht zu fruͤh ziehen, und uͤber den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermuͤden.

Z.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0113" n="111"/><lb/>
sollen, mu&#x0364;ssen,</hi> u.s.w. auf eine unertra&#x0364;gliche Weise                         nachschleppen lassen &#x2014; und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen,                         wenn es sich schon in der fru&#x0364;hern Jugend oder Kindheit a&#x0364;ußert. </p>
            <p>Zum Denken geho&#x0364;rt vorzu&#x0364;glich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein                         einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschlu&#x0364;pft,                         wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann. </p>
            <p>Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ru&#x0364;cksicht gewiß in der genauesten                         Verbindung miteinander. &#x2014; </p>
            <p>Welche unendlich feine Nu&#x0364;ancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken                         durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und                         nu&#x0364;tzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fu&#x0364;r den Jugendbeobachter! </p>
            <p>Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf &#x2014; man muß einen Haufen junger                         Leute beisammen und oft beisammen sehn &#x2014; dann zeigen sich nach und nach eine                         Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschlu&#x0364;sse geben. </p>
            <p>Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fu&#x0364;r die einzelnen Charaktere, woraus sich                         die Modifikationen derselben erkla&#x0364;ren lassen; nur muß man die Resultate                         nicht zu fru&#x0364;h ziehen, und u&#x0364;ber den Sammlungen von Beobachtungen nicht                         ermu&#x0364;den. </p>
            <p rendition="#right"> <hi rendition="#b"> Z.</hi> </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0113] sollen, muͤssen, u.s.w. auf eine unertraͤgliche Weise nachschleppen lassen — und am allerbedeutendsten ist gewiß dieß Merkzeichen, wenn es sich schon in der fruͤhern Jugend oder Kindheit aͤußert. Zum Denken gehoͤrt vorzuͤglich, in kurzer Zeit viel zu denken, weil dieß allein einen Ueberblick eines Ganzen giebt, das sonst sogleich wieder entschluͤpft, wenn man zu lange zaudern muß, ehe man es fassen kann. Sprach- und Denkorgan stehen in dieser Ruͤcksicht gewiß in der genauesten Verbindung miteinander. — Welche unendlich feine Nuͤancen finden nun nicht im Ausdruck der Gedanken durch die Sprache statt, und welch eine reine Quelle zu wichtigen und nuͤtzlichen Bemerkungen ist dieß nicht fuͤr den Jugendbeobachter! Einzeln fallen die Besonderheiten nicht auf — man muß einen Haufen junger Leute beisammen und oft beisammen sehn — dann zeigen sich nach und nach eine Menge bedeutender Verschiedenheiten, die oft unerwartete Aufschluͤsse geben. Denn es giebt gewiß Gesichtspunkte fuͤr die einzelnen Charaktere, woraus sich die Modifikationen derselben erklaͤren lassen; nur muß man die Resultate nicht zu fruͤh ziehen, und uͤber den Sammlungen von Beobachtungen nicht ermuͤden. Z.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/113
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0801_1791/113>, abgerufen am 23.11.2024.