Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 1. Berlin, 1791.
Seitdem hält er sich nun bald bei diesem bald bei jenem auf, und hilft ihm arbeiten. Bisweilen geht er auch zu seiner Mutter. Wer ihm zu essen und zu trinken giebt, dem verschmäht er solches nicht, sondern nimmt es dankbar an; es sey denn, daß man es ihm nicht auf eine höfliche Art anbiete. Seine Mutter sorgt für seine Kleidung. Jn Ansehung seines so sehr gekränkten Stolzes aber hält ihn seine Phantasie vollkommen schadloß. Denn, wenn er sich eine Zeitlang bei irgend jemand ruhig und ordentlich aufgehalten hat, und ihm dann vermuthlich das Kränkende und Demüthigende seines Zustandes in die Gedanken kommen mag, so versetzt ihn seine Phantasie, statt, daß er sonst wohl in Verzweiflung geriethe, in irgend eine auffallende Scene des Lebens. Er macht periodenweise bald den Held, indem er sich dann ordentlich bewafnet, als ein Krieger in der ganzen Gegend herumwandert, sich selbst alle Tage ein neu Quartier macht, welches ihm dann auch niemand leicht versagt, und vor demselben dann eine Fahne aufsteckt, welche er mit allerlei Farben und Bändern verziert hat, und womit er anzeigen will, daß hier das Hauptquartier sey.
Seitdem haͤlt er sich nun bald bei diesem bald bei jenem auf, und hilft ihm arbeiten. Bisweilen geht er auch zu seiner Mutter. Wer ihm zu essen und zu trinken giebt, dem verschmaͤht er solches nicht, sondern nimmt es dankbar an; es sey denn, daß man es ihm nicht auf eine hoͤfliche Art anbiete. Seine Mutter sorgt fuͤr seine Kleidung. Jn Ansehung seines so sehr gekraͤnkten Stolzes aber haͤlt ihn seine Phantasie vollkommen schadloß. Denn, wenn er sich eine Zeitlang bei irgend jemand ruhig und ordentlich aufgehalten hat, und ihm dann vermuthlich das Kraͤnkende und Demuͤthigende seines Zustandes in die Gedanken kommen mag, so versetzt ihn seine Phantasie, statt, daß er sonst wohl in Verzweiflung geriethe, in irgend eine auffallende Scene des Lebens. Er macht periodenweise bald den Held, indem er sich dann ordentlich bewafnet, als ein Krieger in der ganzen Gegend herumwandert, sich selbst alle Tage ein neu Quartier macht, welches ihm dann auch niemand leicht versagt, und vor demselben dann eine Fahne aufsteckt, welche er mit allerlei Farben und Baͤndern verziert hat, und womit er anzeigen will, daß hier das Hauptquartier sey. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0017" n="15"/><lb/> darauf an, daß ihm sein Besitzer nur Wohnung geben, und dann zu bestimmten Zeiten ein Gewisses an Gelde auszahlen moͤchte, welches ihm dann auch bewilliget wurde. </p> <p>Seitdem haͤlt er sich nun bald bei diesem bald bei jenem auf, und hilft ihm arbeiten. Bisweilen geht er auch zu seiner Mutter. Wer ihm zu essen und zu trinken giebt, dem verschmaͤht er solches nicht, sondern nimmt es dankbar an; es sey denn, daß man es ihm nicht auf eine hoͤfliche Art anbiete. Seine Mutter sorgt fuͤr seine Kleidung. </p> <p>Jn Ansehung seines so sehr gekraͤnkten Stolzes aber haͤlt ihn seine Phantasie vollkommen schadloß. Denn, wenn er sich eine Zeitlang bei irgend jemand ruhig und ordentlich aufgehalten hat, und ihm dann vermuthlich das Kraͤnkende und Demuͤthigende seines Zustandes in die Gedanken kommen mag, so versetzt ihn seine Phantasie, statt, daß er sonst wohl in Verzweiflung geriethe, in irgend eine auffallende Scene des Lebens. </p> <p>Er macht periodenweise bald den Held, indem er sich dann ordentlich bewafnet, als ein Krieger in der ganzen Gegend herumwandert, sich selbst alle Tage ein neu Quartier macht, welches ihm dann auch niemand leicht versagt, und vor demselben dann eine Fahne aufsteckt, welche er mit allerlei Farben und Baͤndern verziert hat, und womit er anzeigen will, daß hier das Hauptquartier sey. </p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [15/0017]
darauf an, daß ihm sein Besitzer nur Wohnung geben, und dann zu bestimmten Zeiten ein Gewisses an Gelde auszahlen moͤchte, welches ihm dann auch bewilliget wurde.
Seitdem haͤlt er sich nun bald bei diesem bald bei jenem auf, und hilft ihm arbeiten. Bisweilen geht er auch zu seiner Mutter. Wer ihm zu essen und zu trinken giebt, dem verschmaͤht er solches nicht, sondern nimmt es dankbar an; es sey denn, daß man es ihm nicht auf eine hoͤfliche Art anbiete. Seine Mutter sorgt fuͤr seine Kleidung.
Jn Ansehung seines so sehr gekraͤnkten Stolzes aber haͤlt ihn seine Phantasie vollkommen schadloß. Denn, wenn er sich eine Zeitlang bei irgend jemand ruhig und ordentlich aufgehalten hat, und ihm dann vermuthlich das Kraͤnkende und Demuͤthigende seines Zustandes in die Gedanken kommen mag, so versetzt ihn seine Phantasie, statt, daß er sonst wohl in Verzweiflung geriethe, in irgend eine auffallende Scene des Lebens.
Er macht periodenweise bald den Held, indem er sich dann ordentlich bewafnet, als ein Krieger in der ganzen Gegend herumwandert, sich selbst alle Tage ein neu Quartier macht, welches ihm dann auch niemand leicht versagt, und vor demselben dann eine Fahne aufsteckt, welche er mit allerlei Farben und Baͤndern verziert hat, und womit er anzeigen will, daß hier das Hauptquartier sey.
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