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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.

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Gebrauch der Sprache; drittens ihren innern Geist, so nenne ich die innre Verbindung der Gedanken mit den Worten. Diese gründet sich darauf, daß der Mensch fähig ist einerlei Empfindung durch einerlei Schall auszudrücken, und ihn als den ersten Anzeiger der nehmlichen Empfindung zu betrachten. Daraus entsteht endlich eine Gleichförmigkeit, nach welcher der Gebrauch der Schalle, und folglich das, was uns Sprache ist, beständig und gewiß gemacht wird. Dies ist der Verstand der Sprache. Sobald man ein Wort, als einen Theil der Rede, hört oder liest, stellt man eben die Empfindung sich vor, hat man eben den Gedanken, den der hatte, dessen Mund oder Feder das Wort entsprang.

Der Bau des Mundes ist ein Meisterstück des Schöpfers. Die Hölung zur Formirung des Schalles: die mannigfaltige Eröffnung und Schließung erzeugt die Verschiedenheiten des Schalles, und die Zunge mit den Zähnen ist Regierer und Begleiter vieler aus der Gurgel durch die Kehle hervorgehender Töne. Sie bestimmt solche auf eine und eben dieselbe Art. Nicht mehr und nicht minder veränderte Schalle sind möglich, die eigentlich einzeln, durch den Verstand aber in ihrer vielfachen Versetzung und Zusammenfügung geordnet worden. Daraus entsteht also eine so vielartige Anwendung, die eine Sprache formirt, und sie unzählig verändert. Alle Menschen haben zwar einen gleichförmigen Bau des Mundes, und einen ihnen allen gleichen Ver-


Gebrauch der Sprache; drittens ihren innern Geist, so nenne ich die innre Verbindung der Gedanken mit den Worten. Diese gruͤndet sich darauf, daß der Mensch faͤhig ist einerlei Empfindung durch einerlei Schall auszudruͤcken, und ihn als den ersten Anzeiger der nehmlichen Empfindung zu betrachten. Daraus entsteht endlich eine Gleichfoͤrmigkeit, nach welcher der Gebrauch der Schalle, und folglich das, was uns Sprache ist, bestaͤndig und gewiß gemacht wird. Dies ist der Verstand der Sprache. Sobald man ein Wort, als einen Theil der Rede, hoͤrt oder liest, stellt man eben die Empfindung sich vor, hat man eben den Gedanken, den der hatte, dessen Mund oder Feder das Wort entsprang.

Der Bau des Mundes ist ein Meisterstuͤck des Schoͤpfers. Die Hoͤlung zur Formirung des Schalles: die mannigfaltige Eroͤffnung und Schließung erzeugt die Verschiedenheiten des Schalles, und die Zunge mit den Zaͤhnen ist Regierer und Begleiter vieler aus der Gurgel durch die Kehle hervorgehender Toͤne. Sie bestimmt solche auf eine und eben dieselbe Art. Nicht mehr und nicht minder veraͤnderte Schalle sind moͤglich, die eigentlich einzeln, durch den Verstand aber in ihrer vielfachen Versetzung und Zusammenfuͤgung geordnet worden. Daraus entsteht also eine so vielartige Anwendung, die eine Sprache formirt, und sie unzaͤhlig veraͤndert. Alle Menschen haben zwar einen gleichfoͤrmigen Bau des Mundes, und einen ihnen allen gleichen Ver-

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[53/0053] Gebrauch der Sprache; drittens ihren innern Geist, so nenne ich die innre Verbindung der Gedanken mit den Worten. Diese gruͤndet sich darauf, daß der Mensch faͤhig ist einerlei Empfindung durch einerlei Schall auszudruͤcken, und ihn als den ersten Anzeiger der nehmlichen Empfindung zu betrachten. Daraus entsteht endlich eine Gleichfoͤrmigkeit, nach welcher der Gebrauch der Schalle, und folglich das, was uns Sprache ist, bestaͤndig und gewiß gemacht wird. Dies ist der Verstand der Sprache. Sobald man ein Wort, als einen Theil der Rede, hoͤrt oder liest, stellt man eben die Empfindung sich vor, hat man eben den Gedanken, den der hatte, dessen Mund oder Feder das Wort entsprang. Der Bau des Mundes ist ein Meisterstuͤck des Schoͤpfers. Die Hoͤlung zur Formirung des Schalles: die mannigfaltige Eroͤffnung und Schließung erzeugt die Verschiedenheiten des Schalles, und die Zunge mit den Zaͤhnen ist Regierer und Begleiter vieler aus der Gurgel durch die Kehle hervorgehender Toͤne. Sie bestimmt solche auf eine und eben dieselbe Art. Nicht mehr und nicht minder veraͤnderte Schalle sind moͤglich, die eigentlich einzeln, durch den Verstand aber in ihrer vielfachen Versetzung und Zusammenfuͤgung geordnet worden. Daraus entsteht also eine so vielartige Anwendung, die eine Sprache formirt, und sie unzaͤhlig veraͤndert. Alle Menschen haben zwar einen gleichfoͤrmigen Bau des Mundes, und einen ihnen allen gleichen Ver-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0802_1791/53>, abgerufen am 24.11.2024.