Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 8, St. 2. Berlin, 1791.
Mittelst diesem und einer außerordentlichen Sparsamkeit und Einschränkung gelang es ihm endlich, binnen einigen Jahren aus seinen Schulden zu kommen. Seine Lektüre setzte er unter dieser Zeit ununterbrochen fort, und bekam unter andern auch die neuesten pädagogischen Schriften zu lesen. Hievon wurde er so vorzüglich eingenommen, daß er dieselben nicht allein verschiedenemale gleich hintereinander durchlas, sondern sich so zu sagen in Ansehung seiner ganzen Denkungsart darnach bildete; indem er dadurch wirklich auf das wahre Verhältniß vieler Dinge in der Welt aufmerksam wurde, und nun gewissermaßen glaubte, er habe jetzt das Wahre und Vollkommne gefunden, was er so lange vergebens gesucht hatte. Es schien gleichsam ein neues Licht in seiner Seele aufzugehen, indem ihm die Menschen und ihre Handlungen ganz anders als vorhin vorkamen. Denn er sah jetzt sowohl auf die Folgen als die Bewegungsgründe der menschlichen Handlungen, und ließ sich nicht mehr wie sonst durch den Schein betrügen. Er war nun zwar zum Theil von Vorurtheilen befreiet, und lebte in so weit glücklich, daß er,
Mittelst diesem und einer außerordentlichen Sparsamkeit und Einschraͤnkung gelang es ihm endlich, binnen einigen Jahren aus seinen Schulden zu kommen. Seine Lektuͤre setzte er unter dieser Zeit ununterbrochen fort, und bekam unter andern auch die neuesten paͤdagogischen Schriften zu lesen. Hievon wurde er so vorzuͤglich eingenommen, daß er dieselben nicht allein verschiedenemale gleich hintereinander durchlas, sondern sich so zu sagen in Ansehung seiner ganzen Denkungsart darnach bildete; indem er dadurch wirklich auf das wahre Verhaͤltniß vieler Dinge in der Welt aufmerksam wurde, und nun gewissermaßen glaubte, er habe jetzt das Wahre und Vollkommne gefunden, was er so lange vergebens gesucht hatte. Es schien gleichsam ein neues Licht in seiner Seele aufzugehen, indem ihm die Menschen und ihre Handlungen ganz anders als vorhin vorkamen. Denn er sah jetzt sowohl auf die Folgen als die Bewegungsgruͤnde der menschlichen Handlungen, und ließ sich nicht mehr wie sonst durch den Schein betruͤgen. Er war nun zwar zum Theil von Vorurtheilen befreiet, und lebte in so weit gluͤcklich, daß er, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="85"/><lb/> wegen einer schon lange beobachteten sehr diaͤten Lebensart, seines Alters ungeachtet, einer ziemlich festen Gesundheit genoß, so scheuete er nicht die Muͤhe, davon zu einigem Nebenerwerb Gebrauch zu machen. </p> <p>Mittelst diesem und einer außerordentlichen Sparsamkeit und Einschraͤnkung gelang es ihm endlich, binnen einigen Jahren aus seinen Schulden zu kommen. </p> <p>Seine Lektuͤre setzte er unter dieser Zeit ununterbrochen fort, und bekam unter andern auch die neuesten paͤdagogischen Schriften zu lesen. Hievon wurde er so vorzuͤglich eingenommen, daß er dieselben nicht allein verschiedenemale gleich hintereinander durchlas, sondern sich so zu sagen in Ansehung seiner ganzen Denkungsart darnach bildete; indem er dadurch wirklich auf das wahre Verhaͤltniß vieler Dinge in der Welt aufmerksam wurde, und nun gewissermaßen glaubte, er habe jetzt das Wahre und Vollkommne gefunden, was er so lange vergebens gesucht hatte. Es schien gleichsam ein neues Licht in seiner Seele aufzugehen, indem ihm die Menschen und ihre Handlungen ganz anders als vorhin vorkamen. Denn er sah jetzt sowohl auf die Folgen als die Bewegungsgruͤnde der menschlichen Handlungen, und ließ sich nicht mehr wie sonst durch den Schein betruͤgen. </p> <p>Er war nun zwar zum Theil von Vorurtheilen befreiet, und lebte in so weit gluͤcklich, daß er,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0085]
wegen einer schon lange beobachteten sehr diaͤten Lebensart, seines Alters ungeachtet, einer ziemlich festen Gesundheit genoß, so scheuete er nicht die Muͤhe, davon zu einigem Nebenerwerb Gebrauch zu machen.
Mittelst diesem und einer außerordentlichen Sparsamkeit und Einschraͤnkung gelang es ihm endlich, binnen einigen Jahren aus seinen Schulden zu kommen.
Seine Lektuͤre setzte er unter dieser Zeit ununterbrochen fort, und bekam unter andern auch die neuesten paͤdagogischen Schriften zu lesen. Hievon wurde er so vorzuͤglich eingenommen, daß er dieselben nicht allein verschiedenemale gleich hintereinander durchlas, sondern sich so zu sagen in Ansehung seiner ganzen Denkungsart darnach bildete; indem er dadurch wirklich auf das wahre Verhaͤltniß vieler Dinge in der Welt aufmerksam wurde, und nun gewissermaßen glaubte, er habe jetzt das Wahre und Vollkommne gefunden, was er so lange vergebens gesucht hatte. Es schien gleichsam ein neues Licht in seiner Seele aufzugehen, indem ihm die Menschen und ihre Handlungen ganz anders als vorhin vorkamen. Denn er sah jetzt sowohl auf die Folgen als die Bewegungsgruͤnde der menschlichen Handlungen, und ließ sich nicht mehr wie sonst durch den Schein betruͤgen.
Er war nun zwar zum Theil von Vorurtheilen befreiet, und lebte in so weit gluͤcklich, daß er,
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