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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

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schiedenen Seelenvermögen
in jener. Diese hat aber einen beträchtlichen Vorzug vor jener, indem die Anzahl der Seelenvermögen weit geringer, als die der Theile des menschlichen Körpers ist.

Was die Seelen-Physiologie und Pathologie oder die Bestimmung der Seelengesundheit und Krankheit anbetrifft, so verfährt man hierin am sichersten, wenn man verschiedene Seelenkrankheiten untereinander vergleicht, und das Allgemeine davon abstrahirt. Jch glaube daher, folgende Erklärung festsetzen zu können. Eine Seelenkrankheit ist derjenige Zustand der Seele, worin sie ihre freiwilligen Handlungen nicht ausüben kann; so wie der diesem entgegengesetzte Zustand Seelengesundheit ist; wenn nehmlich die Seele ihre freiwilligen Handlungen ungehindert ausüben, wenn sie aus eigner Macht eine Associationsreihe anfangen, fortsetzen, unterbrechen, und mit einer andern vertauschen kann. Wovon das Gegentheil bei allen Arten der Tollheit, des Wahnwitzes und der Raserei zu bemerken ist, wo die Seele entweder an eine besondere Associationsreihe so gebunden ist, daß sie sich auf keine Weise davon loszumachen im Stande ist, oder wo sie sich an gar keiner zweckmäßigen Associationsreihe festhalten kann, sondern beständig von der einen zur andern herumgetrieben, gleichsam ein Marionettenspiel des Zufalls ist.



schiedenen Seelenvermoͤgen
in jener. Diese hat aber einen betraͤchtlichen Vorzug vor jener, indem die Anzahl der Seelenvermoͤgen weit geringer, als die der Theile des menschlichen Koͤrpers ist.

Was die Seelen-Physiologie und Pathologie oder die Bestimmung der Seelengesundheit und Krankheit anbetrifft, so verfaͤhrt man hierin am sichersten, wenn man verschiedene Seelenkrankheiten untereinander vergleicht, und das Allgemeine davon abstrahirt. Jch glaube daher, folgende Erklaͤrung festsetzen zu koͤnnen. Eine Seelenkrankheit ist derjenige Zustand der Seele, worin sie ihre freiwilligen Handlungen nicht ausuͤben kann; so wie der diesem entgegengesetzte Zustand Seelengesundheit ist; wenn nehmlich die Seele ihre freiwilligen Handlungen ungehindert ausuͤben, wenn sie aus eigner Macht eine Associationsreihe anfangen, fortsetzen, unterbrechen, und mit einer andern vertauschen kann. Wovon das Gegentheil bei allen Arten der Tollheit, des Wahnwitzes und der Raserei zu bemerken ist, wo die Seele entweder an eine besondere Associationsreihe so gebunden ist, daß sie sich auf keine Weise davon loszumachen im Stande ist, oder wo sie sich an gar keiner zweckmaͤßigen Associationsreihe festhalten kann, sondern bestaͤndig von der einen zur andern herumgetrieben, gleichsam ein Marionettenspiel des Zufalls ist.


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[16/0018] schiedenen Seelenvermoͤgen in jener. Diese hat aber einen betraͤchtlichen Vorzug vor jener, indem die Anzahl der Seelenvermoͤgen weit geringer, als die der Theile des menschlichen Koͤrpers ist. Was die Seelen-Physiologie und Pathologie oder die Bestimmung der Seelengesundheit und Krankheit anbetrifft, so verfaͤhrt man hierin am sichersten, wenn man verschiedene Seelenkrankheiten untereinander vergleicht, und das Allgemeine davon abstrahirt. Jch glaube daher, folgende Erklaͤrung festsetzen zu koͤnnen. Eine Seelenkrankheit ist derjenige Zustand der Seele, worin sie ihre freiwilligen Handlungen nicht ausuͤben kann; so wie der diesem entgegengesetzte Zustand Seelengesundheit ist; wenn nehmlich die Seele ihre freiwilligen Handlungen ungehindert ausuͤben, wenn sie aus eigner Macht eine Associationsreihe anfangen, fortsetzen, unterbrechen, und mit einer andern vertauschen kann. Wovon das Gegentheil bei allen Arten der Tollheit, des Wahnwitzes und der Raserei zu bemerken ist, wo die Seele entweder an eine besondere Associationsreihe so gebunden ist, daß sie sich auf keine Weise davon loszumachen im Stande ist, oder wo sie sich an gar keiner zweckmaͤßigen Associationsreihe festhalten kann, sondern bestaͤndig von der einen zur andern herumgetrieben, gleichsam ein Marionettenspiel des Zufalls ist.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/18>, abgerufen am 21.11.2024.