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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792.

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die Würkungen der niedern Seelenkräfte) mehr mechanisch als willkürlich. Die Seele ist sich nicht dabei des Grunds von jedem Schritt, den sie thut, bewußt, sie würkt zweckmäßig, ohne Vorstellung des Zwecks, so wie die Würkung des Genies überhaupt ist. Sie wird zufälligerweise (in Ansehung unsrer) auf eine Associationsart geleitet, darin unterhalten oder unterbrochen, ohne zu wissen wie? Nur durch die Selbstmacht der Seele über ihre Jdeen also können wir uns von dem Zustand des Wachens versichern.

Das Prinzip der Moral ist also zugleich das Kriterium des vollständigen Daseyns des Menschen, d.h. der Mensch kann nur insofern aufs vollständige Daseyn Anspruch machen, in wie fern er sich der höchsten Moralität nähert. Darauf zielten auch unsre Talmudisten, indem sie sagen: die Untugendhaften sind schon bei ihrem Leben todt.

Jch gehe nun zu einer Materie über, die weit seltner als Träume und Nachtwandeln ist; die aber dennoch zu eben der Klasse gehört, nehmlich zu den Visionen, oder Erscheinungen im wachenden Zustande. Der Grund warum man diese Materie aus der Psychologie gänzlich weggelassen hatte, läßt sich leicht angeben; nehmlich da alle geoffenbarte Religion sich auf dergleichen Visionen stützt, so wollten die Orthodoxen einer jeden Religion nicht zugeben, daß man dergleichen Visionen


die Wuͤrkungen der niedern Seelenkraͤfte) mehr mechanisch als willkuͤrlich. Die Seele ist sich nicht dabei des Grunds von jedem Schritt, den sie thut, bewußt, sie wuͤrkt zweckmaͤßig, ohne Vorstellung des Zwecks, so wie die Wuͤrkung des Genies uͤberhaupt ist. Sie wird zufaͤlligerweise (in Ansehung unsrer) auf eine Associationsart geleitet, darin unterhalten oder unterbrochen, ohne zu wissen wie? Nur durch die Selbstmacht der Seele uͤber ihre Jdeen also koͤnnen wir uns von dem Zustand des Wachens versichern.

Das Prinzip der Moral ist also zugleich das Kriterium des vollstaͤndigen Daseyns des Menschen, d.h. der Mensch kann nur insofern aufs vollstaͤndige Daseyn Anspruch machen, in wie fern er sich der hoͤchsten Moralitaͤt naͤhert. Darauf zielten auch unsre Talmudisten, indem sie sagen: die Untugendhaften sind schon bei ihrem Leben todt.

Jch gehe nun zu einer Materie uͤber, die weit seltner als Traͤume und Nachtwandeln ist; die aber dennoch zu eben der Klasse gehoͤrt, nehmlich zu den Visionen, oder Erscheinungen im wachenden Zustande. Der Grund warum man diese Materie aus der Psychologie gaͤnzlich weggelassen hatte, laͤßt sich leicht angeben; nehmlich da alle geoffenbarte Religion sich auf dergleichen Visionen stuͤtzt, so wollten die Orthodoxen einer jeden Religion nicht zugeben, daß man dergleichen Visionen

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[80/0082] die Wuͤrkungen der niedern Seelenkraͤfte) mehr mechanisch als willkuͤrlich. Die Seele ist sich nicht dabei des Grunds von jedem Schritt, den sie thut, bewußt, sie wuͤrkt zweckmaͤßig, ohne Vorstellung des Zwecks, so wie die Wuͤrkung des Genies uͤberhaupt ist. Sie wird zufaͤlligerweise (in Ansehung unsrer) auf eine Associationsart geleitet, darin unterhalten oder unterbrochen, ohne zu wissen wie? Nur durch die Selbstmacht der Seele uͤber ihre Jdeen also koͤnnen wir uns von dem Zustand des Wachens versichern. Das Prinzip der Moral ist also zugleich das Kriterium des vollstaͤndigen Daseyns des Menschen, d.h. der Mensch kann nur insofern aufs vollstaͤndige Daseyn Anspruch machen, in wie fern er sich der hoͤchsten Moralitaͤt naͤhert. Darauf zielten auch unsre Talmudisten, indem sie sagen: die Untugendhaften sind schon bei ihrem Leben todt. Jch gehe nun zu einer Materie uͤber, die weit seltner als Traͤume und Nachtwandeln ist; die aber dennoch zu eben der Klasse gehoͤrt, nehmlich zu den Visionen, oder Erscheinungen im wachenden Zustande. Der Grund warum man diese Materie aus der Psychologie gaͤnzlich weggelassen hatte, laͤßt sich leicht angeben; nehmlich da alle geoffenbarte Religion sich auf dergleichen Visionen stuͤtzt, so wollten die Orthodoxen einer jeden Religion nicht zugeben, daß man dergleichen Visionen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 1. Berlin, 1792, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0901_1792/82>, abgerufen am 27.11.2024.