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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792.

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Bedürfnisse u. dergl. Durch ihr Extemporiren (dem Prinzip der Selbstvernichtung zu Folge) brachten sie in ihren Predigten allerhand närrisches, unverständliches und verworrenes Zeug hervor. Einige wurden dadurch wahnwitzig, so daß sie glaubten in der That nicht mehr zu existiren. Endlich kam noch ihr Stolz und Verachtung gegen andre, die nicht von ihrer Sekte waren, besonders gegen die Rabbiner, dazu, die, obschon sie ihre Mängel hatten, dennoch weit thätiger und brauchbarer waren, als diese unwissenden Müßiggänger.

Man fieng an ihre Schwächen aufzudecken, ihre Zusammenkünfte zu stören, und sie überall zu verfolgen. Dieses wurde vorzüglich durch die Autorität eines berühmten, bei der Judenschaft in großen Ansehn stehenden Rabbiners, Elias aus Wilna, bewerkstelligt; so daß man jetzt kaum einige hin und wieder zerstreute Spuren von dieser Gesellschaft findet.

Nachricht

Jn diesem Fragmente aus B. J. Lebensgeschichte ist (9. B. 1. St. S. 33.) bei der Erzählung, wie B. J. die lateinische und deutsche Schrift gelernt hat, ein Umstand, der zur Erläuterung dieser Stelle unentbehrlich ist, weggelassen worden, nehmlich dieser, daß B. J. die Nahmen und Ordnung der Buchstaben schon vorher zufälliger Weise erlernt hatte.




Beduͤrfnisse u. dergl. Durch ihr Extemporiren (dem Prinzip der Selbstvernichtung zu Folge) brachten sie in ihren Predigten allerhand naͤrrisches, unverstaͤndliches und verworrenes Zeug hervor. Einige wurden dadurch wahnwitzig, so daß sie glaubten in der That nicht mehr zu existiren. Endlich kam noch ihr Stolz und Verachtung gegen andre, die nicht von ihrer Sekte waren, besonders gegen die Rabbiner, dazu, die, obschon sie ihre Maͤngel hatten, dennoch weit thaͤtiger und brauchbarer waren, als diese unwissenden Muͤßiggaͤnger.

Man fieng an ihre Schwaͤchen aufzudecken, ihre Zusammenkuͤnfte zu stoͤren, und sie uͤberall zu verfolgen. Dieses wurde vorzuͤglich durch die Autoritaͤt eines beruͤhmten, bei der Judenschaft in großen Ansehn stehenden Rabbiners, Elias aus Wilna, bewerkstelligt; so daß man jetzt kaum einige hin und wieder zerstreute Spuren von dieser Gesellschaft findet.

Nachricht

Jn diesem Fragmente aus B. J. Lebensgeschichte ist (9. B. 1. St. S. 33.) bei der Erzaͤhlung, wie B. J. die lateinische und deutsche Schrift gelernt hat, ein Umstand, der zur Erlaͤuterung dieser Stelle unentbehrlich ist, weggelassen worden, nehmlich dieser, daß B. J. die Nahmen und Ordnung der Buchstaben schon vorher zufaͤlliger Weise erlernt hatte.



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[88/0088] Beduͤrfnisse u. dergl. Durch ihr Extemporiren (dem Prinzip der Selbstvernichtung zu Folge) brachten sie in ihren Predigten allerhand naͤrrisches, unverstaͤndliches und verworrenes Zeug hervor. Einige wurden dadurch wahnwitzig, so daß sie glaubten in der That nicht mehr zu existiren. Endlich kam noch ihr Stolz und Verachtung gegen andre, die nicht von ihrer Sekte waren, besonders gegen die Rabbiner, dazu, die, obschon sie ihre Maͤngel hatten, dennoch weit thaͤtiger und brauchbarer waren, als diese unwissenden Muͤßiggaͤnger. Man fieng an ihre Schwaͤchen aufzudecken, ihre Zusammenkuͤnfte zu stoͤren, und sie uͤberall zu verfolgen. Dieses wurde vorzuͤglich durch die Autoritaͤt eines beruͤhmten, bei der Judenschaft in großen Ansehn stehenden Rabbiners, Elias aus Wilna, bewerkstelligt; so daß man jetzt kaum einige hin und wieder zerstreute Spuren von dieser Gesellschaft findet. Nachricht Jn diesem Fragmente aus B. J. Lebensgeschichte ist (9. B. 1. St. S. 33.) bei der Erzaͤhlung, wie B. J. die lateinische und deutsche Schrift gelernt hat, ein Umstand, der zur Erlaͤuterung dieser Stelle unentbehrlich ist, weggelassen worden, nehmlich dieser, daß B. J. die Nahmen und Ordnung der Buchstaben schon vorher zufaͤlliger Weise erlernt hatte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 2. Berlin, 1792, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0902_1792/88>, abgerufen am 23.11.2024.