Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 9, St. 3. Berlin, 1792.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0048" n="48"/><lb/> schen uͤber das Thier erhebt, und mit welchen der Mensch zunaͤchst die Werke seiner Unsterblichkeit aufstellt, und die Existenz seiner Empfindungen verewiget. — Das Spiel der Haͤnde ist das Spiel der thaͤtigen, wuͤrkenden Seele, und die Bewegungen derselben die Bewegungen des innren moralischen Herzens. Betet je wohl einer mit, statt hingesenkter sanft in einander geschlagener Hand, geballter in einander gedraͤngter Fingerkraft? — ist wohl einer mit eingeknippenen Haͤnden freigebig, mit ruhigem Fingerspiel zornig? — Koͤnnte ich die Jahre wieder erkaufen, wo deine zarte Hand sich an dem Halse deiner Mutter umklammerte, wo sie noch von keinem Nervenweh geschmerzt unschuldig in den Luͤften sich hinbewegte! Erkauftest du weniger als deine Unschuld, den ruhigen zufriedenen Kindheitssinn deines Herzens? — Besonders die Ruh der Empfindung zeigt sich in der Ruhe der Hand und das quaͤlende Gewissen des Moͤrders in den sich windenden Kraͤmpfen seiner Finger! Die Angst der hinscheidenden Empfindung des Sterbenden in dem zuckenden aͤngstlichen Zupfen an seinem Bette oder seinem Sterbekleide. Der Mensch, der jetzt einen Gedanken entwickelt, hin und wieder aber Schwuͤrigkeiten findet, daß er nicht seelig werden, sich nicht herausfinden kann, nimmt was ihm unter die Hand kommt, ein Stuͤck Papier, Holz, und macht es nach und nach klein, zerbricht es in tausend Stuͤckchen, wie er den Gegenstand selbst in<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0048]
schen uͤber das Thier erhebt, und mit welchen der Mensch zunaͤchst die Werke seiner Unsterblichkeit aufstellt, und die Existenz seiner Empfindungen verewiget. — Das Spiel der Haͤnde ist das Spiel der thaͤtigen, wuͤrkenden Seele, und die Bewegungen derselben die Bewegungen des innren moralischen Herzens. Betet je wohl einer mit, statt hingesenkter sanft in einander geschlagener Hand, geballter in einander gedraͤngter Fingerkraft? — ist wohl einer mit eingeknippenen Haͤnden freigebig, mit ruhigem Fingerspiel zornig? — Koͤnnte ich die Jahre wieder erkaufen, wo deine zarte Hand sich an dem Halse deiner Mutter umklammerte, wo sie noch von keinem Nervenweh geschmerzt unschuldig in den Luͤften sich hinbewegte! Erkauftest du weniger als deine Unschuld, den ruhigen zufriedenen Kindheitssinn deines Herzens? — Besonders die Ruh der Empfindung zeigt sich in der Ruhe der Hand und das quaͤlende Gewissen des Moͤrders in den sich windenden Kraͤmpfen seiner Finger! Die Angst der hinscheidenden Empfindung des Sterbenden in dem zuckenden aͤngstlichen Zupfen an seinem Bette oder seinem Sterbekleide. Der Mensch, der jetzt einen Gedanken entwickelt, hin und wieder aber Schwuͤrigkeiten findet, daß er nicht seelig werden, sich nicht herausfinden kann, nimmt was ihm unter die Hand kommt, ein Stuͤck Papier, Holz, und macht es nach und nach klein, zerbricht es in tausend Stuͤckchen, wie er den Gegenstand selbst in
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(2015-06-09T11:00:00Z)
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