Kraft nun wurden, wozu kein Gott sie bilden konnte; indem sie jedes Gut, mit unverdrossenem Fleiß, sich selbst verschaften, dessen Besitz sie nun der Wohlthat keines Gottes mehr verdankten.
Als Hasser des Prometheus und der Titanen- feind, suchte Jupiter durch die Beraubung des Feuers, die Menschen zu verderben. -- Aber als die über ihren eigenen Zorn erhabene, ruhige, mit dem Schicksal einverstandene Macht, sahe er aus der Unterdrückung, die sein eigenes Werk war, ein neues Geschlecht hervorgehen, das durch Aus- harren, Kraft, und Duldung, den Göttern ähn- lich ward. -- So stellt ein Dichter aus dem Al- terthum in folgenden Zeilen, den Jupiter nicht als den Hasser, sondern als den Wohlthäter und Vater der Menschen dar.
Selbst der Vater beschied dem Feldbau Müh, und bestellt' ihn Erst durch Kunst, mit Sorgen den Geist der Sterb- lichen schärfend; Daß nicht starrte sein Reich in des Schlummers dumpfer Betäubung.
Nie vor Jupiter bauten das Fruchtfeld ackern- de Pflüger; Weder Mal noch Theilung durchschnitt die gemein- samen Fluren:
Kraft nun wurden, wozu kein Gott ſie bilden konnte; indem ſie jedes Gut, mit unverdroſſenem Fleiß, ſich ſelbſt verſchaften, deſſen Beſitz ſie nun der Wohlthat keines Gottes mehr verdankten.
Als Haſſer des Prometheus und der Titanen- feind, ſuchte Jupiter durch die Beraubung des Feuers, die Menſchen zu verderben. — Aber als die uͤber ihren eigenen Zorn erhabene, ruhige, mit dem Schickſal einverſtandene Macht, ſahe er aus der Unterdruͤckung, die ſein eigenes Werk war, ein neues Geſchlecht hervorgehen, das durch Aus- harren, Kraft, und Duldung, den Goͤttern aͤhn- lich ward. — So ſtellt ein Dichter aus dem Al- terthum in folgenden Zeilen, den Jupiter nicht als den Haſſer, ſondern als den Wohlthaͤter und Vater der Menſchen dar.
Selbſt der Vater beſchied dem Feldbau Muͤh, und beſtellt’ ihn Erſt durch Kunſt, mit Sorgen den Geiſt der Sterb- lichen ſchaͤrfend; Daß nicht ſtarrte ſein Reich in des Schlummers dumpfer Betaͤubung.
Nie vor Jupiter bauten das Fruchtfeld ackern- de Pfluͤger; Weder Mal noch Theilung durchſchnitt die gemein- ſamen Fluren:
<TEI><text><body><divn="1"><p><hirendition="#fr"><pbfacs="#f0116"n="90"/>
Kraft</hi> nun wurden, wozu kein Gott ſie bilden<lb/>
konnte; indem ſie jedes Gut, mit unverdroſſenem<lb/>
Fleiß, ſich ſelbſt verſchaften, deſſen Beſitz ſie nun<lb/>
der Wohlthat keines Gottes mehr verdankten.</p><lb/><p>Als Haſſer des Prometheus und der Titanen-<lb/>
feind, ſuchte Jupiter durch die Beraubung des<lb/>
Feuers, die Menſchen zu verderben. — Aber als<lb/>
die uͤber ihren eigenen Zorn erhabene, ruhige,<lb/>
mit dem Schickſal einverſtandene Macht, ſahe er<lb/>
aus der Unterdruͤckung, die ſein eigenes Werk war,<lb/>
ein neues Geſchlecht hervorgehen, das durch Aus-<lb/>
harren, Kraft, und Duldung, den Goͤttern aͤhn-<lb/>
lich ward. — So ſtellt ein Dichter aus dem Al-<lb/>
terthum in folgenden Zeilen, den Jupiter nicht<lb/>
als den Haſſer, ſondern als den Wohlthaͤter und<lb/><hirendition="#fr">Vater der Menſchen</hi> dar.</p><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Selbſt der Vater beſchied dem Feldbau Muͤh,</l><lb/><l>und beſtellt’ ihn</l><lb/><l>Erſt durch Kunſt, mit Sorgen den Geiſt der Sterb-</l><lb/><l>lichen ſchaͤrfend;</l><lb/><l>Daß nicht ſtarrte ſein Reich in des Schlummers</l><lb/><l>dumpfer Betaͤubung.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Nie vor Jupiter bauten das Fruchtfeld ackern-</l><lb/><l>de Pfluͤger;</l><lb/><l>Weder Mal noch Theilung durchſchnitt die gemein-</l><lb/><l>ſamen Fluren:</l><lb/></lg></lg></div></body></text></TEI>
[90/0116]
Kraft nun wurden, wozu kein Gott ſie bilden
konnte; indem ſie jedes Gut, mit unverdroſſenem
Fleiß, ſich ſelbſt verſchaften, deſſen Beſitz ſie nun
der Wohlthat keines Gottes mehr verdankten.
Als Haſſer des Prometheus und der Titanen-
feind, ſuchte Jupiter durch die Beraubung des
Feuers, die Menſchen zu verderben. — Aber als
die uͤber ihren eigenen Zorn erhabene, ruhige,
mit dem Schickſal einverſtandene Macht, ſahe er
aus der Unterdruͤckung, die ſein eigenes Werk war,
ein neues Geſchlecht hervorgehen, das durch Aus-
harren, Kraft, und Duldung, den Goͤttern aͤhn-
lich ward. — So ſtellt ein Dichter aus dem Al-
terthum in folgenden Zeilen, den Jupiter nicht
als den Haſſer, ſondern als den Wohlthaͤter und
Vater der Menſchen dar.
Selbſt der Vater beſchied dem Feldbau Muͤh,
und beſtellt’ ihn
Erſt durch Kunſt, mit Sorgen den Geiſt der Sterb-
lichen ſchaͤrfend;
Daß nicht ſtarrte ſein Reich in des Schlummers
dumpfer Betaͤubung.
Nie vor Jupiter bauten das Fruchtfeld ackern-
de Pfluͤger;
Weder Mal noch Theilung durchſchnitt die gemein-
ſamen Fluren:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/116>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.