sich ihr Gesicht entstellte, so warf sie die Flöte weg, die Marsyas nachher zu seinem Unglück fand.
Auch war sie, gleich der Juno, eifersüchtig, daß Venus den goldnen Apfel, als den Preis der Schönheit, aus Paris Hand erhielt. Sie ruhte gleich der Juno nicht eher, bis Troja in Flam- men stand, des Priamus Geschlecht vertilgt, und ihre Rache befriedigt war. -- Die Götterbildung wird menschenähnlich, und stellt die Rachsucht selbst, wegen der Macht, mit der sie ausgeübt wird, in hoher dichterischer Schönheit dar.
Eine einfache und schöne Darstellung der Mi- nerva im Brustbilde, nach einem antiken geschnitt- nen Steine aus der Lippertschen Daktyliothek, befin- det sich auf der hier beigefügten Kupfertafel; und darunter das Haupt der Medusa, wie es die Alten gebildet haben, so daß es groß in seinen Zügen und schrecklich, dennoch schön ist. --
Dieß Haupt, vom Körper abgesondert, macht in seinen großen Zügen gleichsam für sich ein Gan- zes aus, und stellt sich wie eine furchtbare Erschei- nung dar; -- so fürchtet Ulysses in der Unterwelt als sich die Schatten schaarenweise zu ihm drän- gen, daß Proserpina endlich das Haupt der Gorgo ihm entgegen senden möchte, und eilet, dem tödtlichen Anblick zu entfliehen.
ſich ihr Geſicht entſtellte, ſo warf ſie die Floͤte weg, die Marſyas nachher zu ſeinem Ungluͤck fand.
Auch war ſie, gleich der Juno, eiferſuͤchtig, daß Venus den goldnen Apfel, als den Preis der Schoͤnheit, aus Paris Hand erhielt. Sie ruhte gleich der Juno nicht eher, bis Troja in Flam- men ſtand, des Priamus Geſchlecht vertilgt, und ihre Rache befriedigt war. — Die Goͤtterbildung wird menſchenaͤhnlich, und ſtellt die Rachſucht ſelbſt, wegen der Macht, mit der ſie ausgeuͤbt wird, in hoher dichteriſcher Schoͤnheit dar.
Eine einfache und ſchoͤne Darſtellung der Mi- nerva im Bruſtbilde, nach einem antiken geſchnitt- nen Steine aus der Lippertſchen Daktyliothek, befin- det ſich auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel; und darunter das Haupt der Meduſa, wie es die Alten gebildet haben, ſo daß es groß in ſeinen Zuͤgen und ſchrecklich, dennoch ſchoͤn iſt. —
Dieß Haupt, vom Koͤrper abgeſondert, macht in ſeinen großen Zuͤgen gleichſam fuͤr ſich ein Gan- zes aus, und ſtellt ſich wie eine furchtbare Erſchei- nung dar; — ſo fuͤrchtet Ulyſſes in der Unterwelt als ſich die Schatten ſchaarenweiſe zu ihm draͤn- gen, daß Proſerpina endlich das Haupt der Gorgo ihm entgegen ſenden moͤchte, und eilet, dem toͤdtlichen Anblick zu entfliehen.
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ſich ihr Geſicht entſtellte, ſo warf ſie die Floͤte
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Auch war ſie, gleich der Juno, eiferſuͤchtig,
daß Venus den goldnen Apfel, als den Preis der
Schoͤnheit, aus Paris Hand erhielt. Sie ruhte
gleich der Juno nicht eher, bis Troja in Flam-
men ſtand, des Priamus Geſchlecht vertilgt, und
ihre Rache befriedigt war. — Die Goͤtterbildung
wird menſchenaͤhnlich, und ſtellt die Rachſucht
ſelbſt, wegen der Macht, mit der ſie ausgeuͤbt
wird, in hoher dichteriſcher Schoͤnheit dar.
Eine einfache und ſchoͤne Darſtellung der Mi-
nerva im Bruſtbilde, nach einem antiken geſchnitt-
nen Steine aus der Lippertſchen Daktyliothek, befin-
det ſich auf der hier beigefuͤgten Kupfertafel; und
darunter das Haupt der Meduſa, wie es die Alten
gebildet haben, ſo daß es groß in ſeinen Zuͤgen und
ſchrecklich, dennoch ſchoͤn iſt. —
Dieß Haupt, vom Koͤrper abgeſondert, macht
in ſeinen großen Zuͤgen gleichſam fuͤr ſich ein Gan-
zes aus, und ſtellt ſich wie eine furchtbare Erſchei-
nung dar; — ſo fuͤrchtet Ulyſſes in der Unterwelt
als ſich die Schatten ſchaarenweiſe zu ihm draͤn-
gen, daß Proſerpina endlich das Haupt der
Gorgo ihm entgegen ſenden moͤchte, und eilet,
dem toͤdtlichen Anblick zu entfliehen.
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/160>, abgerufen am 24.11.2024.
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