Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen, dem verderblichen Kriege selber, gab die Einbil- dungskraft der Alten Persönlichkeit und Bildung, und milderte selbst dadurch den Begriff des Wil- den und Ungestümen, das durch die Heere wie ein Wetter hinfährt; Wagen zertrümmert; Hel- me zerschellt; den Tapfern wie den Feigen, im wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und über der grauenvollen Verwüstung triumphiert.
Die menschenähnliche Bildung, worin die Dichtung diese furchtbare Erscheinung hüllte, und sie dem Chor der seeligen Götter zugesellte; gab nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das über ihm in Majestät gehüllt war, und das er durch Kühnheit und Tapferkeit nachahmend in sich über- trug.
Demohngeachtet verliert sich zuweilen in den Dichtungen die menschenähnliche Bildung des Mars wieder in den Begriff des streitenden Heers. -- Als er selbst im Treffen vor Troja, mit Hülfe der Minerva, von dem tapfern Dio- medes verwundet wurde, so brüllte er wie zehn- tausend Mann im Schlachtgetümmel, -- und Furcht und Entsetzen kam die Trojaner und Griechen an, als sie den ehernen Kriegsgott brüllen hörten. -- Dieser aber erschien dem
Mars.
Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen, dem verderblichen Kriege ſelber, gab die Einbil- dungskraft der Alten Perſoͤnlichkeit und Bildung, und milderte ſelbſt dadurch den Begriff des Wil- den und Ungeſtuͤmen, das durch die Heere wie ein Wetter hinfaͤhrt; Wagen zertruͤmmert; Hel- me zerſchellt; den Tapfern wie den Feigen, im wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und uͤber der grauenvollen Verwuͤſtung triumphiert.
Die menſchenaͤhnliche Bildung, worin die Dichtung dieſe furchtbare Erſcheinung huͤllte, und ſie dem Chor der ſeeligen Goͤtter zugeſellte; gab nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das uͤber ihm in Majeſtaͤt gehuͤllt war, und das er durch Kuͤhnheit und Tapferkeit nachahmend in ſich uͤber- trug.
Demohngeachtet verliert ſich zuweilen in den Dichtungen die menſchenaͤhnliche Bildung des Mars wieder in den Begriff des ſtreitenden Heers. — Als er ſelbſt im Treffen vor Troja, mit Huͤlfe der Minerva, von dem tapfern Dio- medes verwundet wurde, ſo bruͤllte er wie zehn- tauſend Mann im Schlachtgetuͤmmel, — und Furcht und Entſetzen kam die Trojaner und Griechen an, als ſie den ehernen Kriegsgott bruͤllen hoͤrten. — Dieſer aber erſchien dem
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0163"n="127"/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Mars</hi>.</hi></head><lb/><p>Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen,<lb/>
dem verderblichen Kriege ſelber, gab die Einbil-<lb/>
dungskraft der Alten Perſoͤnlichkeit und Bildung,<lb/>
und milderte ſelbſt dadurch den Begriff des Wil-<lb/>
den und Ungeſtuͤmen, das durch die Heere wie<lb/>
ein Wetter hinfaͤhrt; Wagen zertruͤmmert; Hel-<lb/>
me zerſchellt; den Tapfern wie den Feigen, im<lb/>
wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und uͤber der<lb/>
grauenvollen Verwuͤſtung triumphiert.</p><lb/><p>Die menſchenaͤhnliche Bildung, worin die<lb/>
Dichtung dieſe furchtbare Erſcheinung huͤllte, und<lb/>ſie dem Chor der ſeeligen Goͤtter zugeſellte; gab<lb/>
nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das uͤber<lb/>
ihm in Majeſtaͤt gehuͤllt war, und das er durch<lb/>
Kuͤhnheit und Tapferkeit nachahmend in ſich uͤber-<lb/>
trug.</p><lb/><p>Demohngeachtet verliert ſich zuweilen in den<lb/>
Dichtungen die menſchenaͤhnliche Bildung des<lb/>
Mars wieder in den Begriff des ſtreitenden<lb/>
Heers. — Als er ſelbſt im Treffen vor Troja,<lb/>
mit Huͤlfe der Minerva, von dem tapfern Dio-<lb/>
medes verwundet wurde, ſo <hirendition="#fr">bruͤllte er wie zehn-<lb/>
tauſend Mann</hi> im Schlachtgetuͤmmel, — und<lb/>
Furcht und Entſetzen kam die Trojaner und<lb/>
Griechen an, als ſie den ehernen Kriegsgott<lb/>
bruͤllen hoͤrten. — Dieſer aber erſchien dem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[127/0163]
Mars.
Auch dem Furchtbaren und Schrecklichen,
dem verderblichen Kriege ſelber, gab die Einbil-
dungskraft der Alten Perſoͤnlichkeit und Bildung,
und milderte ſelbſt dadurch den Begriff des Wil-
den und Ungeſtuͤmen, das durch die Heere wie
ein Wetter hinfaͤhrt; Wagen zertruͤmmert; Hel-
me zerſchellt; den Tapfern wie den Feigen, im
wirbelnden Sturme zu Boden wirft; und uͤber der
grauenvollen Verwuͤſtung triumphiert.
Die menſchenaͤhnliche Bildung, worin die
Dichtung dieſe furchtbare Erſcheinung huͤllte, und
ſie dem Chor der ſeeligen Goͤtter zugeſellte; gab
nun dem Krieger auch ein hohes Urbild, das uͤber
ihm in Majeſtaͤt gehuͤllt war, und das er durch
Kuͤhnheit und Tapferkeit nachahmend in ſich uͤber-
trug.
Demohngeachtet verliert ſich zuweilen in den
Dichtungen die menſchenaͤhnliche Bildung des
Mars wieder in den Begriff des ſtreitenden
Heers. — Als er ſelbſt im Treffen vor Troja,
mit Huͤlfe der Minerva, von dem tapfern Dio-
medes verwundet wurde, ſo bruͤllte er wie zehn-
tauſend Mann im Schlachtgetuͤmmel, — und
Furcht und Entſetzen kam die Trojaner und
Griechen an, als ſie den ehernen Kriegsgott
bruͤllen hoͤrten. — Dieſer aber erſchien dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/163>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.