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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

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unter Göttern und Menschen zu einer belustigen-
den Fabel geworden, wodurch der finstre Ernst ge-
mildert, und das Gemüth zu frohem Lächeln auf-
geheitert wird.

In der Götterbildung des Vulkan aber findet
sich das ganz Entgegengesetzte zusammen, was
die Alten vorzüglich in ihren Dichtungen liebten;
in ihm vermählt sich die Häßlichkeit mit der Schön-
heit selber; -- das Komische ist in ihm mit Würde;
die Schwachheit mit der Stärke, die Lähmung
des Fußes mit der Kraft des mächtigen Arms ver-
eint. -- Es ist, wie wir schon bemerkt haben,
gleichsam das Mangelhafte, oder die fehlenden
Züge, wodurch auch diese Göttergestalt sich an die
übrigen anschließt.

Wie hoch aber die Kunst das Eisen zu schmie-
den von den Alten geschätzt wurde, erhellet auch
aus dieser Dichtung, wo sie unter allen Künsten
allein das ausschließende Geschäft eines Gottes
ist, der selber mit in dem Rathe der hohen Göt-
ter sitzt.

Ob nun gleich Vulkan erst unter den neuen
Göttern auftritt, so schimmert dennoch auch sein
Urbild unter den alten Göttergestalten dunkel her-
vor; -- die Kureten oder Korybanten, welche
den Jupiter auf der Insel Kreta bewachten, wa-
ren nach einer alten Sage, seine Abkömmlinge;

unter Goͤttern und Menſchen zu einer beluſtigen-
den Fabel geworden, wodurch der finſtre Ernſt ge-
mildert, und das Gemuͤth zu frohem Laͤcheln auf-
geheitert wird.

In der Goͤtterbildung des Vulkan aber findet
ſich das ganz Entgegengeſetzte zuſammen, was
die Alten vorzuͤglich in ihren Dichtungen liebten;
in ihm vermaͤhlt ſich die Haͤßlichkeit mit der Schoͤn-
heit ſelber; — das Komiſche iſt in ihm mit Wuͤrde;
die Schwachheit mit der Staͤrke, die Laͤhmung
des Fußes mit der Kraft des maͤchtigen Arms ver-
eint. — Es iſt, wie wir ſchon bemerkt haben,
gleichſam das Mangelhafte, oder die fehlenden
Zuͤge, wodurch auch dieſe Goͤttergeſtalt ſich an die
uͤbrigen anſchließt.

Wie hoch aber die Kunſt das Eiſen zu ſchmie-
den von den Alten geſchaͤtzt wurde, erhellet auch
aus dieſer Dichtung, wo ſie unter allen Kuͤnſten
allein das ausſchließende Geſchaͤft eines Gottes
iſt, der ſelber mit in dem Rathe der hohen Goͤt-
ter ſitzt.

Ob nun gleich Vulkan erſt unter den neuen
Goͤttern auftritt, ſo ſchimmert dennoch auch ſein
Urbild unter den alten Goͤttergeſtalten dunkel her-
vor; — die Kureten oder Korybanten, welche
den Jupiter auf der Inſel Kreta bewachten, wa-
ren nach einer alten Sage, ſeine Abkoͤmmlinge;

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[148/0188] unter Goͤttern und Menſchen zu einer beluſtigen- den Fabel geworden, wodurch der finſtre Ernſt ge- mildert, und das Gemuͤth zu frohem Laͤcheln auf- geheitert wird. In der Goͤtterbildung des Vulkan aber findet ſich das ganz Entgegengeſetzte zuſammen, was die Alten vorzuͤglich in ihren Dichtungen liebten; in ihm vermaͤhlt ſich die Haͤßlichkeit mit der Schoͤn- heit ſelber; — das Komiſche iſt in ihm mit Wuͤrde; die Schwachheit mit der Staͤrke, die Laͤhmung des Fußes mit der Kraft des maͤchtigen Arms ver- eint. — Es iſt, wie wir ſchon bemerkt haben, gleichſam das Mangelhafte, oder die fehlenden Zuͤge, wodurch auch dieſe Goͤttergeſtalt ſich an die uͤbrigen anſchließt. Wie hoch aber die Kunſt das Eiſen zu ſchmie- den von den Alten geſchaͤtzt wurde, erhellet auch aus dieſer Dichtung, wo ſie unter allen Kuͤnſten allein das ausſchließende Geſchaͤft eines Gottes iſt, der ſelber mit in dem Rathe der hohen Goͤt- ter ſitzt. Ob nun gleich Vulkan erſt unter den neuen Goͤttern auftritt, ſo ſchimmert dennoch auch ſein Urbild unter den alten Goͤttergeſtalten dunkel her- vor; — die Kureten oder Korybanten, welche den Jupiter auf der Inſel Kreta bewachten, wa- ren nach einer alten Sage, ſeine Abkoͤmmlinge;

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/188>, abgerufen am 27.11.2024.