Geweihten begeisternden Genuß und süßen Tau- mel aus ihrem schäumenden Becher schenkt. -- Der Dienst des Bachus war daher, so wie der Dienst der Ceres, geheimnißvoll; -- denn beide Gottheiten sind ein Sinnbild der ganzen wohlthä- tigen Natur, die keines Sterblichen Blick um- faßt, und deren Heiligthum keiner ungestraft ent- weiht. --
Die Dichtung von der Geburt des Bachus selber enthält einen hohen Sinn. -- Die eifer- süchtige Juno verleitet Semelen zu dem thörich- ten Wunsche, in Jupiters Umarmung auch seine Gottheit zu umfassen, -- sie fordert vom Ju- piter erst den unverletzlichen Schwur, ihre Bitte zu erfüllen, und nun verlangt sie, daß er in sei- ner wahren Göttergestalt bei ihr erscheinen solle -- Jupiter nähert sich ihr mit seinem Donner, sie aber wird, vom Blitz erschlagen, ein Opfer ihres vermessenen Wunsches. --
Den jungen Bachus reißt der Donnergott aus der Mutter Schooße, und verbirgt ihn, bis zur Zeit der Geburt in seine eigene Hüfte. -- Das Sterbliche wird zerstört, ehe das Unsterbliche hervorgeht. -- Die Menschheit kann den Glanz der Gottheit nicht ertragen, und wird vor ihrer furchtbaren Majestät vernichtet. --
Merkur trug nun den jungen Bachus zu den Nymphen, die ihn erziehen sollten, und die In-
Geweihten begeiſternden Genuß und ſuͤßen Tau- mel aus ihrem ſchaͤumenden Becher ſchenkt. — Der Dienſt des Bachus war daher, ſo wie der Dienſt der Ceres, geheimnißvoll; — denn beide Gottheiten ſind ein Sinnbild der ganzen wohlthaͤ- tigen Natur, die keines Sterblichen Blick um- faßt, und deren Heiligthum keiner ungeſtraft ent- weiht. —
Die Dichtung von der Geburt des Bachus ſelber enthaͤlt einen hohen Sinn. — Die eifer- ſuͤchtige Juno verleitet Semelen zu dem thoͤrich- ten Wunſche, in Jupiters Umarmung auch ſeine Gottheit zu umfaſſen, — ſie fordert vom Ju- piter erſt den unverletzlichen Schwur, ihre Bitte zu erfuͤllen, und nun verlangt ſie, daß er in ſei- ner wahren Goͤttergeſtalt bei ihr erſcheinen ſolle — Jupiter naͤhert ſich ihr mit ſeinem Donner, ſie aber wird, vom Blitz erſchlagen, ein Opfer ihres vermeſſenen Wunſches. —
Den jungen Bachus reißt der Donnergott aus der Mutter Schooße, und verbirgt ihn, bis zur Zeit der Geburt in ſeine eigene Huͤfte. — Das Sterbliche wird zerſtoͤrt, ehe das Unſterbliche hervorgeht. — Die Menſchheit kann den Glanz der Gottheit nicht ertragen, und wird vor ihrer furchtbaren Majeſtaͤt vernichtet. —
Merkur trug nun den jungen Bachus zu den Nymphen, die ihn erziehen ſollten, und die In-
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Geweihten begeiſternden Genuß und ſuͤßen Tau-
mel aus ihrem ſchaͤumenden Becher ſchenkt. —
Der Dienſt des Bachus war daher, ſo wie der
Dienſt der Ceres, geheimnißvoll; — denn beide
Gottheiten ſind ein Sinnbild der ganzen wohlthaͤ-
tigen Natur, die keines Sterblichen Blick um-
faßt, und deren Heiligthum keiner ungeſtraft ent-
weiht. —
Die Dichtung von der Geburt des Bachus
ſelber enthaͤlt einen hohen Sinn. — Die eifer-
ſuͤchtige Juno verleitet Semelen zu dem thoͤrich-
ten Wunſche, in Jupiters Umarmung auch ſeine
Gottheit zu umfaſſen, — ſie fordert vom Ju-
piter erſt den unverletzlichen Schwur, ihre Bitte
zu erfuͤllen, und nun verlangt ſie, daß er in ſei-
ner wahren Goͤttergeſtalt bei ihr erſcheinen ſolle —
Jupiter naͤhert ſich ihr mit ſeinem Donner, ſie
aber wird, vom Blitz erſchlagen, ein Opfer
ihres vermeſſenen Wunſches. —
Den jungen Bachus reißt der Donnergott
aus der Mutter Schooße, und verbirgt ihn, bis
zur Zeit der Geburt in ſeine eigene Huͤfte. —
Das Sterbliche wird zerſtoͤrt, ehe das Unſterbliche
hervorgeht. — Die Menſchheit kann den
Glanz der Gottheit nicht ertragen, und wird
vor ihrer furchtbaren Majeſtaͤt vernichtet. —
Merkur trug nun den jungen Bachus zu den
Nymphen, die ihn erziehen ſollten, und die In-
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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