Es war gleichsam die Gegenwart des Gottes, welcher die Pythia selbst erfüllte, dessen Joch sie kämpfend und sich sträubend von sich abzuschütteln, und seiner überwältigenden Macht, so lange sie konnte, zu widerstehen suchte, bis sie endlich be- siegt die eingehauchten Götterworte aussprach -- und kraftloß niedersank. --
Wenn die Pythia auf dem Dreifuße saß, so war sie von den Priestern des Heiligthums ganz umgeben. -- Zwei Priesterinnen hielten die Un- geweihten ab, sich ihr zu nähern. -- Das Hei- ligthum selber war mit Lorberzweigen ganz ver- deckt; und selbst der angezündete Weihrauch hüllte alles in eine Wolke, wie in geheimnißvolles Dun- kel ein, das keine frevelnde Neugier zu erforschen wagte. --
Auch würde sich die Sehnsucht der Sterbli- chen, daß es wirklich einen Blick für sie in die Zukunft geben möchte, diese Täuschung ungern haben nehmen lassen, wenn einer auch den Vor- hang hätte hinwegziehen wollen; -- denn das, worüber man das Orakel fragte, waren größten- theils sehnsuchtsvolle Wünsche für die Zukunft, wozu man die Uebereinstimmung der Gottheit erflehte. -- Und die Täuschung der ganzen Scene selber, worin sich der zweideutige Ausspruch hüllte, war doch dichterisch schön. --
Es war gleichſam die Gegenwart des Gottes, welcher die Pythia ſelbſt erfuͤllte, deſſen Joch ſie kaͤmpfend und ſich ſtraͤubend von ſich abzuſchuͤtteln, und ſeiner uͤberwaͤltigenden Macht, ſo lange ſie konnte, zu widerſtehen ſuchte, bis ſie endlich be- ſiegt die eingehauchten Goͤtterworte ausſprach — und kraftloß niederſank. —
Wenn die Pythia auf dem Dreifuße ſaß, ſo war ſie von den Prieſtern des Heiligthums ganz umgeben. — Zwei Prieſterinnen hielten die Un- geweihten ab, ſich ihr zu naͤhern. — Das Hei- ligthum ſelber war mit Lorberzweigen ganz ver- deckt; und ſelbſt der angezuͤndete Weihrauch huͤllte alles in eine Wolke, wie in geheimnißvolles Dun- kel ein, das keine frevelnde Neugier zu erforſchen wagte. —
Auch wuͤrde ſich die Sehnſucht der Sterbli- chen, daß es wirklich einen Blick fuͤr ſie in die Zukunft geben moͤchte, dieſe Taͤuſchung ungern haben nehmen laſſen, wenn einer auch den Vor- hang haͤtte hinwegziehen wollen; — denn das, woruͤber man das Orakel fragte, waren groͤßten- theils ſehnſuchtsvolle Wuͤnſche fuͤr die Zukunft, wozu man die Uebereinſtimmung der Gottheit erflehte. — Und die Taͤuſchung der ganzen Scene ſelber, worin ſich der zweideutige Ausſpruch huͤllte, war doch dichteriſch ſchoͤn. —
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Es war gleichſam die Gegenwart des Gottes,
welcher die Pythia ſelbſt erfuͤllte, deſſen Joch ſie
kaͤmpfend und ſich ſtraͤubend von ſich abzuſchuͤtteln,
und ſeiner uͤberwaͤltigenden Macht, ſo lange ſie
konnte, zu widerſtehen ſuchte, bis ſie endlich be-
ſiegt die eingehauchten Goͤtterworte ausſprach —
und kraftloß niederſank. —
Wenn die Pythia auf dem Dreifuße ſaß, ſo
war ſie von den Prieſtern des Heiligthums ganz
umgeben. — Zwei Prieſterinnen hielten die Un-
geweihten ab, ſich ihr zu naͤhern. — Das Hei-
ligthum ſelber war mit Lorberzweigen ganz ver-
deckt; und ſelbſt der angezuͤndete Weihrauch huͤllte
alles in eine Wolke, wie in geheimnißvolles Dun-
kel ein, das keine frevelnde Neugier zu erforſchen
wagte. —
Auch wuͤrde ſich die Sehnſucht der Sterbli-
chen, daß es wirklich einen Blick fuͤr ſie in die
Zukunft geben moͤchte, dieſe Taͤuſchung ungern
haben nehmen laſſen, wenn einer auch den Vor-
hang haͤtte hinwegziehen wollen; — denn das,
woruͤber man das Orakel fragte, waren groͤßten-
theils ſehnſuchtsvolle Wuͤnſche fuͤr die Zukunft,
wozu man die Uebereinſtimmung der Gottheit
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ſelber, worin ſich der zweideutige Ausſpruch huͤllte,
war doch dichteriſch ſchoͤn. —
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Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/235>, abgerufen am 18.12.2024.
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