Mnemosyne, deren in der Reihe der alten Gott- heiten schon gedacht ist, war eine Tochter des Himmels und der Erde, und eine Schwester des Saturnus. -- Durch die himmlischen Ein- flüsse, welche bei ihrer Bildung mit den irdischen sich vermählten, ward zuerst die Erinnrungs- kraft, die Mutter alles Wissens und Denkens, in ihr gebohren. -- Neun Nächte lang umarmte Jupiter die Mnemosyne, als er die Musen mit ihr erzeugte.
Einer der ältesten Dichter singt das Lob der Musen: sie gießen auf die Lippen des Menschen, welchem sie günstig sind, den Thau der sanften Ueberredung aus; sie geben ihm Weisheit, Recht zu sprechen, Zwiste zu schlichten, und machen ihn unter seinem Volke berühmt. -- Den Dichter aber lehren sie selbst auf Bergeshöhen, und im einsamen Thale, die göttlichen Gesänge, welche jedem, der sie vernimmt, die Sorgen und den Kummer aus der Brust verscheuchen.
Die Nahmen der neun Schwestern bezeichnen Tonkunst, Freude, Tanz, Gesang, und Liebe; sie heißen:
Klio;
Melpomene;
Thalia;
Kalliope;
Mnemoſyne, deren in der Reihe der alten Gott- heiten ſchon gedacht iſt, war eine Tochter des Himmels und der Erde, und eine Schweſter des Saturnus. — Durch die himmliſchen Ein- fluͤſſe, welche bei ihrer Bildung mit den irdiſchen ſich vermaͤhlten, ward zuerſt die Erinnrungs- kraft, die Mutter alles Wiſſens und Denkens, in ihr gebohren. — Neun Naͤchte lang umarmte Jupiter die Mnemoſyne, als er die Muſen mit ihr erzeugte.
Einer der aͤlteſten Dichter ſingt das Lob der Muſen: ſie gießen auf die Lippen des Menſchen, welchem ſie guͤnſtig ſind, den Thau der ſanften Ueberredung aus; ſie geben ihm Weisheit, Recht zu ſprechen, Zwiſte zu ſchlichten, und machen ihn unter ſeinem Volke beruͤhmt. — Den Dichter aber lehren ſie ſelbſt auf Bergeshoͤhen, und im einſamen Thale, die goͤttlichen Geſaͤnge, welche jedem, der ſie vernimmt, die Sorgen und den Kummer aus der Bruſt verſcheuchen.
Die Nahmen der neun Schweſtern bezeichnen Tonkunſt, Freude, Tanz, Geſang, und Liebe; ſie heißen:
Klio;
Melpomene;
Thalia;
Kalliope;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0361"n="303"/>
Mnemoſyne, deren in der Reihe der <hirendition="#fr">alten Gott-<lb/>
heiten</hi>ſchon gedacht iſt, war eine Tochter des<lb/><hirendition="#fr">Himmels</hi> und der <hirendition="#fr">Erde,</hi> und eine Schweſter<lb/>
des Saturnus. — Durch die himmliſchen Ein-<lb/>
fluͤſſe, welche bei ihrer Bildung mit den irdiſchen<lb/>ſich vermaͤhlten, ward zuerſt die <hirendition="#fr">Erinnrungs-<lb/>
kraft,</hi> die Mutter alles Wiſſens und Denkens,<lb/>
in ihr gebohren. — Neun Naͤchte lang umarmte<lb/>
Jupiter die Mnemoſyne, als er die Muſen mit<lb/>
ihr erzeugte.</p><lb/><p>Einer der aͤlteſten Dichter ſingt das Lob der<lb/>
Muſen: ſie gießen auf die Lippen des Menſchen,<lb/>
welchem ſie guͤnſtig ſind, den Thau der ſanften<lb/>
Ueberredung aus; ſie geben ihm Weisheit, Recht<lb/>
zu ſprechen, Zwiſte zu ſchlichten, und machen ihn<lb/>
unter ſeinem Volke beruͤhmt. — Den Dichter<lb/>
aber lehren ſie ſelbſt auf Bergeshoͤhen, und im<lb/>
einſamen Thale, die goͤttlichen Geſaͤnge, welche<lb/>
jedem, der ſie vernimmt, die Sorgen und den<lb/>
Kummer aus der Bruſt verſcheuchen.</p><lb/><p>Die Nahmen der neun Schweſtern bezeichnen<lb/>
Tonkunſt, Freude, Tanz, Geſang, und Liebe;<lb/>ſie heißen:</p><lb/><list><item><hirendition="#fr">Klio;</hi></item><lb/><item><hirendition="#fr">Melpomene;</hi></item><lb/><item><hirendition="#fr">Thalia;</hi></item><lb/><item><hirendition="#fr">Kalliope;</hi></item></list><lb/></div></div></body></text></TEI>
[303/0361]
Mnemoſyne, deren in der Reihe der alten Gott-
heiten ſchon gedacht iſt, war eine Tochter des
Himmels und der Erde, und eine Schweſter
des Saturnus. — Durch die himmliſchen Ein-
fluͤſſe, welche bei ihrer Bildung mit den irdiſchen
ſich vermaͤhlten, ward zuerſt die Erinnrungs-
kraft, die Mutter alles Wiſſens und Denkens,
in ihr gebohren. — Neun Naͤchte lang umarmte
Jupiter die Mnemoſyne, als er die Muſen mit
ihr erzeugte.
Einer der aͤlteſten Dichter ſingt das Lob der
Muſen: ſie gießen auf die Lippen des Menſchen,
welchem ſie guͤnſtig ſind, den Thau der ſanften
Ueberredung aus; ſie geben ihm Weisheit, Recht
zu ſprechen, Zwiſte zu ſchlichten, und machen ihn
unter ſeinem Volke beruͤhmt. — Den Dichter
aber lehren ſie ſelbſt auf Bergeshoͤhen, und im
einſamen Thale, die goͤttlichen Geſaͤnge, welche
jedem, der ſie vernimmt, die Sorgen und den
Kummer aus der Bruſt verſcheuchen.
Die Nahmen der neun Schweſtern bezeichnen
Tonkunſt, Freude, Tanz, Geſang, und Liebe;
ſie heißen:
Klio;
Melpomene;
Thalia;
Kalliope;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/361>, abgerufen am 01.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.