Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

der alten Göttergestalten schon gedacht ist; so tritt
er doch auch vorzüglich unter den Wesen mit auf,
welche das Band zwischen Göttern und Menschen
knüpfen. -- Denn seiner Führung und seinem
göttlichen Unterricht dankten die Helden, welche
selbst nachher die Zahl der Götter vermehrten, in
ihrer frühesten Jugend ihre Bildung.

Nichts ist rührender, als die Worte, womit
er, nach einem Dichter des Alterthums, den jun-
gen Achill entließ:

O Sohn der Thetis, dich erwartet das Land
des Assarakus, das der kalte Skamander, und
der schlammigte Simois durchschneidet. -- Von
da haben dir die Parzen die Rückkehr abgeschnit-
ten, und auf dem blauen Rücken des Meeres führt
deine Mutter dich nicht zurück! -- darum vergiß
der Sorgen beim Wein und Saitenspiel, und ver-
scheuche den Kummer durch süße Gespräche!

Aeskulap.

Auch der erste Anfang der Heilkunde wurde
von den Alten als etwas Göttliches betrachtet. --
Man dachte sich denjenigen, welcher zuerst diese
Kunst im Leben übte, und selbst ihr Opfer wurde,
auch noch nach seinem Tode als ein wohlthätiges,
menschenfreundliches Wesen, zu dem die Kranken
nicht unerhört um Hülfe flehen durften.

der alten Goͤttergeſtalten ſchon gedacht iſt; ſo tritt
er doch auch vorzuͤglich unter den Weſen mit auf,
welche das Band zwiſchen Goͤttern und Menſchen
knuͤpfen. — Denn ſeiner Fuͤhrung und ſeinem
goͤttlichen Unterricht dankten die Helden, welche
ſelbſt nachher die Zahl der Goͤtter vermehrten, in
ihrer fruͤheſten Jugend ihre Bildung.

Nichts iſt ruͤhrender, als die Worte, womit
er, nach einem Dichter des Alterthums, den jun-
gen Achill entließ:

O Sohn der Thetis, dich erwartet das Land
des Aſſarakus, das der kalte Skamander, und
der ſchlammigte Simois durchſchneidet. — Von
da haben dir die Parzen die Ruͤckkehr abgeſchnit-
ten, und auf dem blauen Ruͤcken des Meeres fuͤhrt
deine Mutter dich nicht zuruͤck! — darum vergiß
der Sorgen beim Wein und Saitenſpiel, und ver-
ſcheuche den Kummer durch ſuͤße Geſpraͤche!

Aeſkulap.

Auch der erſte Anfang der Heilkunde wurde
von den Alten als etwas Goͤttliches betrachtet. —
Man dachte ſich denjenigen, welcher zuerſt dieſe
Kunſt im Leben uͤbte, und ſelbſt ihr Opfer wurde,
auch noch nach ſeinem Tode als ein wohlthaͤtiges,
menſchenfreundliches Weſen, zu dem die Kranken
nicht unerhoͤrt um Huͤlfe flehen durften.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0392" n="326"/>
der <hi rendition="#fr">alten</hi> Go&#x0364;tterge&#x017F;talten &#x017F;chon gedacht i&#x017F;t; &#x017F;o tritt<lb/>
er doch auch vorzu&#x0364;glich unter den We&#x017F;en mit auf,<lb/>
welche das Band zwi&#x017F;chen Go&#x0364;ttern und Men&#x017F;chen<lb/>
knu&#x0364;pfen. &#x2014; Denn &#x017F;einer Fu&#x0364;hrung und &#x017F;einem<lb/>
go&#x0364;ttlichen Unterricht dankten die Helden, welche<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nachher die Zahl der Go&#x0364;tter vermehrten, in<lb/>
ihrer fru&#x0364;he&#x017F;ten Jugend ihre Bildung.</p><lb/>
          <p>Nichts i&#x017F;t ru&#x0364;hrender, als die Worte, womit<lb/>
er, nach einem Dichter des Alterthums, den jun-<lb/>
gen Achill entließ:</p><lb/>
          <p>O Sohn der Thetis, dich erwartet das Land<lb/>
des <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;arakus,</hi> das der kalte <hi rendition="#fr">Skamander,</hi> und<lb/>
der &#x017F;chlammigte <hi rendition="#fr">Simois</hi> durch&#x017F;chneidet. &#x2014; Von<lb/>
da haben dir die Parzen die Ru&#x0364;ckkehr abge&#x017F;chnit-<lb/>
ten, und auf dem blauen Ru&#x0364;cken des Meeres fu&#x0364;hrt<lb/>
deine Mutter dich nicht zuru&#x0364;ck! &#x2014; darum vergiß<lb/>
der Sorgen beim Wein und Saiten&#x017F;piel, und ver-<lb/>
&#x017F;cheuche den Kummer durch &#x017F;u&#x0364;ße Ge&#x017F;pra&#x0364;che!</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ae&#x017F;kulap</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Auch der er&#x017F;te Anfang der Heilkunde wurde<lb/>
von den Alten als etwas Go&#x0364;ttliches betrachtet. &#x2014;<lb/>
Man dachte &#x017F;ich denjenigen, welcher zuer&#x017F;t die&#x017F;e<lb/>
Kun&#x017F;t im Leben u&#x0364;bte, und &#x017F;elb&#x017F;t ihr Opfer wurde,<lb/>
auch noch nach &#x017F;einem Tode als ein wohltha&#x0364;tiges,<lb/>
men&#x017F;chenfreundliches We&#x017F;en, zu dem die Kranken<lb/>
nicht unerho&#x0364;rt um Hu&#x0364;lfe flehen durften.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0392] der alten Goͤttergeſtalten ſchon gedacht iſt; ſo tritt er doch auch vorzuͤglich unter den Weſen mit auf, welche das Band zwiſchen Goͤttern und Menſchen knuͤpfen. — Denn ſeiner Fuͤhrung und ſeinem goͤttlichen Unterricht dankten die Helden, welche ſelbſt nachher die Zahl der Goͤtter vermehrten, in ihrer fruͤheſten Jugend ihre Bildung. Nichts iſt ruͤhrender, als die Worte, womit er, nach einem Dichter des Alterthums, den jun- gen Achill entließ: O Sohn der Thetis, dich erwartet das Land des Aſſarakus, das der kalte Skamander, und der ſchlammigte Simois durchſchneidet. — Von da haben dir die Parzen die Ruͤckkehr abgeſchnit- ten, und auf dem blauen Ruͤcken des Meeres fuͤhrt deine Mutter dich nicht zuruͤck! — darum vergiß der Sorgen beim Wein und Saitenſpiel, und ver- ſcheuche den Kummer durch ſuͤße Geſpraͤche! Aeſkulap. Auch der erſte Anfang der Heilkunde wurde von den Alten als etwas Goͤttliches betrachtet. — Man dachte ſich denjenigen, welcher zuerſt dieſe Kunſt im Leben uͤbte, und ſelbſt ihr Opfer wurde, auch noch nach ſeinem Tode als ein wohlthaͤtiges, menſchenfreundliches Weſen, zu dem die Kranken nicht unerhoͤrt um Huͤlfe flehen durften.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/392
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Götterlehre oder mythologische Dichtungen der Alten. Berlin, 1791, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_goetterlehre_1791/392>, abgerufen am 31.10.2024.